Lorraine Twohill ist Chief Marketing Officer bei Google. In diesem Artikel beschreibt sie, wie ihr Team daran arbeitet, die Anzeigen des Unternehmens repräsentativer und inklusiver zu gestalten.
Dieser Text erschien bereits in anderer Form auf Adweek.
Der Inklusionsexperte Reggie Butler hat mir einmal gesagt: "Wenn man Gewohnheiten ändern will, reicht es nicht aus, nur den Verstand anzusprechen. Auch das Herz muss berührt werden."
Heute arbeite ich in zwei Branchen, in denen Diversität eigentlich eine große Rolle spielt: Technologie und Werbung. Doch dem Fortschritt stehen oft alte Gewohnheiten im Weg. Als CMO bei Google ist es meine Aufgabe, dies zu ändern.
Im letzten Jahr habe ich einige unserer bisherigen Erkenntnisse mit Ihnen geteilt. Seitdem gab es durchaus Fortschritte. Doch wie viele andere Unternehmen in der Branche hat Google noch einen weiten Weg vor sich.
Ein Beispiel dafür ist unsere kreative Arbeit. Im letzten Jahr zählte es zu meinen Aufgaben, die Qualität unserer Anzeigen zu kontrollieren. Dabei bekam ich den Eindruck, dass die Diversität in unserer Rollenbesetzung zunimmt.
Das stimmt auch. Schon seit einiger Zeit überprüfen wir unsere Arbeit mithilfe des maschinellen Lernens und auch manuell. Dabei stellte sich heraus, dass Frauen in unseren Werbeclips mittlerweile präsenter sind: In diesem Jahr liegt die Quote bei 48 Prozent. Außerdem entspricht das Alter der Menschen in unseren Anzeigen immer mehr dem der allgemeinen Bevölkerung. Und 23 Prozent der Personen, die in unserer US-amerikanischen Werbung vorkommen, sind Afroamerikaner.
Allerdings war mir doch einiges nicht bewusst. So stellte sich heraus, dass wir hauptsächlich Menschen mit hellerer Hautfarbe und unverhältnismäßig viele interkulturelle Paare zeigten. Und selbst wenn wir uns um Diversität bemühten, bedienten wir oft Klischees. Jede dritte Darstellung von Menschen mit dunkler Hautfarbe stand mit Tanz, Musik oder Sport in Zusammenhang.
Hinter jedem Menschen steckt eine Geschichte. Der Begriff "Identität" ist sehr vielschichtig. Und das Thema Diversität muss viel differenzierter betrachtet werden.
Mir wurde klar, dass wir viel zu weit gefasste Kategorien verwendeten: Frauen, LGBTQ, Schwarze, Latinos. Doch hinter jedem Menschen steckt eine Geschichte. Der Begriff "Identität" ist sehr vielschichtig. Und das Thema Diversität muss viel differenzierter betrachtet werden.
Um das zu erreichen, müssen wir unsere Gewohnheiten ändern. Wie aber kann das im großen Maßstab gelingen? Wie lassen sich die Gewohnheiten unserer Teams und Agenturen beeinflussen? Wir müssen noch vieles lernen. Die folgenden neun Tipps haben uns aber schon weitergeholfen.
1. Dafür sorgen, dass sich alle verantwortlich fühlen
Allzu oft haben wir uns darauf verlassen, dass uns Frauen und People of Color auf zu wenig Diversität in unserer Arbeit hinweisen. Die Aufgabe kann aber nicht von ihnen allein gestemmt werden. Unser Kernteam für den Bereich Diversität ist selbst divers aufgestellt: Herkunft, Geschlecht oder sexuelle Orientierung spielen in unserem Führungsteam keine Rolle. Und alles sind dafür verantwortlich, sich von persönlichen Vorurteilen frei zu machen.
2. Mit engagierten Agenturen zusammenarbeiten
Der Großteil unserer Werbung wird von Agenturen erledigt. Darum ist es uns wichtig, dass wir mit Partnern zusammenarbeiten, die das Thema Inklusion sehr ernst nehmen. Mittlerweile haben wir einige Agenturen, die sich in dem Bereich bestens auskennen. Vor Kurzem baten wir unsere 70 erfolgreichsten Agenturpartner darum, mit Zahlen zu belegen, wie repräsentativ ihre Arbeiten sind. Mein Team und ich setzten uns mit den jeweiligen CEOs an einen Tisch, um mehr über ihre Diversitätsziele zu erfahren und uns auszutauschen.
3. Echte Menschen zeigen
Es gibt eine sichere Methode, um Klischees zu vermeiden: auf bereits vorhandenes Videomaterial und wahre Geschichten setzen. Diese Möglichkeit nutzen wir immer häufiger. Zu meinen liebsten Beispielen zählt die Kampagne Black Girl Magic, die wir anlässlich des Weltfrauentags entwickelten. Darin ging es um Schwarze Frauen, die Geschichte geschrieben haben.
4. Auch bei den Kreativen auf Diversität achten
Wer Anzeigen kreieren möchte, mit denen sich die Zuschauer und Zuschauerinnen identifizieren können, muss jedes noch so kleine Detail berücksichtigen. So ist es beispielsweise wichtig, wer etwas sagt und wer ein Produkt in den Händen hält. Darum achten wir bei der Wahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Redaktion, der Produktion, der Regie und hinter der Kamera auf mehr Diversität.
5. Werbung und Medien ganzheitlich betrachten
Im vergangenen Jahr schalteten wir eine Chromebook-Kampagne, bei der der TV-Mediaplan und das Creative auf Latinos und Latinas zugeschnitten waren. Bei dieser Zielgruppe war die Steigerung der Kaufbereitschaft im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung 1,5-mal höher. Darum bauen wir gerade ein neues Team auf. Es soll dafür sorgen, dass es für jede Kampagne einen multikulturellen Mediaplan gibt.
6. Mit anderen zusammenarbeiten, um Fortschritte zu messen
Wir haben bereits in der Vergangenheit gemeinsam mit Geena Davis und ihrem Forschungsinstitut analysiert, wie Geschlechter in YouTube-Anzeigen repräsentiert werden. Dabei kam das maschinelle Lernen zum Einsatz. An dieses Projekt knüpfen wir nun weiter an. Außerdem beteiligen wir uns an der Initiative #SeeHer der US-amerikanischen Association of National Advertisers: Wir entwickeln unsere Technologie weiter, mit der Unternehmen messen können, wie Frauen in ihren Anzeigen dargestellt werden. Auch unbewusste Vorurteile können damit sichtbar gemacht werden.
7. Über den Tellerrand blicken
Für ein Technologieunternehmen wie unseres, das bei der Suche nach neuen Talenten auf Diversität achtet, können wir rund um San Francisco nur begrenzt etwas tun. Darum haben wir angefangen, unseren Radius zu vergrößern. In Großstädten wie New York und Los Angeles wollen wir nun intensiv Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werben.
8. Inklusion täglich zum Thema machen
Gemeinsam mit externen Experten und Expertinnen, wie denen von GLAAD und ADCOLOR, haben wir Schulungen für unser Team entwickelt. Und vor Kurzem haben wir verschiedene interne Kampagnen gestartet. Unter anderem haben wir in mehreren Google-Büros Poster zum Thema Inklusion aufgehängt. Transparenz und Verantwortung sind ebenfalls hilfreich. Darum senden wir Führungskräften zweiwöchentlich Berichte zu den Mitarbeiterzahlen in unserem Team.
9. Und nicht das Herz vergessen
Manager und Managerinnen sind Schlüsselfiguren, wenn es um das Thema Inklusion geht. Wir haben also auf Reggie Butlers Rat gehört und eine neue Schulung entwickelt, die ihnen dabei helfen soll, ihr Verhalten zu ändern. Denn wir wollen, dass ihr Streben nach Inklusion nicht nur wirtschaftlich motiviert ist. Sie heißt "Examined Human".
Google entwickelt Produkte für alle Nutzerinnen und Nutzer. Und wir möchten, dass alle sich von unserer Arbeit angesprochen fühlen. Alles beginnt mit guten Gewohnheiten. Wir können noch viel von anderen lernen und sind extrem motiviert, immer besser zu werden.