Wenn Anfang November die ersten Weihnachts-Spots starten, ist klar: Weihnachten steht vor der Tür. Dabei ist das Timing kein Zufall. Google Trends zeigt, dass die Suche nach „Geschenken“ bereits im November startet und stetig wächst.1 Und im zweiten Jahr der Pandemie wird deutlich: Das Weihnachtsgeschäft ist wichtiger denn je. 88 Prozent der Werbetreibenden glauben sogar, dass es für den Fortbestand ihres Unternehmens entscheidend sein kann.2
Vielleicht auch deshalb sind die meisten der Weihnachts-Spots echte kreative Highlights. Denn gute Kreation zahlt sich aus: Die Qualität der Creatives trägt fast zur Hälfte 47 Prozent) zum Sales-Erfolg von Werbemaßnahmen bei – und ist damit sogar entscheidender als eine perfekte Mediaplanung (38 Prozent) oder die Strahlkraft der werbenden Marke (15 Prozent).3
YouTube etabliert sich dabei immer mehr als „Heimat“ vieler Weihnachtskampagnen. Larissa Pohl, Präsidentin des GWA und CEO von Wunderman Thompson Deutschland, und Alissa Rabe, Creative Strategist bei Google im Creative Works Team Central Europe, haben analysiert, wie Marken in diesem Jahr auf YouTube auf sich aufmerksam machen, und dabei vier Trends identifiziert.
Trend 1: Der größte Weihnachtswunsch ist für viele der nach Normalität
„Es fällt auf, dass sich im Vergleich zu 2020 kaum Spots mit der Pandemie und ihren Folgen beschäftigen. In den meisten Spots spiegelt man eine Pandemie-freie Welt wider: keine Masken, kein Abstand, keine Maßnahmen“, beobachtet Alissa Rabe. Und Larissa Pohl ergänzt: „Diese Welt ohne Corona spiegelt den tiefen Wunsch von uns allen wieder – wir wollen einfach nicht glauben, dass die Pandemie bleibt.“
Die Zahlen stützen das: Schon im Juli wiesen Werbekreationen, die Hoffnung und Zusammenhalt vermitteln, hohe Zustimmungswerte auf, und nur noch 34 Prozent der Befragten gefiel Werbung, die das Thema Social Distancing thematisiert.4 Zu diesem Zeitpunkt waren die diesjährigen Weihnachts-Spots bereits in der Entwicklung oder sogar schon in der Produktion.
Ausnahme ist der Spot von PENNY. Aber auch er fokussiert eben diesen Wunsch nach Normalität für die Jugendlichen – und setzt dabei auf einen starken Insight. Tatsächlich hat das Glücksempfinden der Gen Z stark abgenommen. Während sich vor einem Jahr noch mehr als jede und jeder Zweite (56 Prozent) als glücklich bezeichnete, sind es aktuell nur 46 Prozent – ein Rückgang um zehn Prozentpunkte, der stärkste Rückgang unter allen Altersgruppen.5
Trend 2: Die Spots werden diverser und inklusiver – Nachhaltigkeit ist aber kaum Thema
Der Ruf danach, auch in der Werbung ein realistisches Abbild unserer Gesellschaft zu zeichnen, wird zu Recht immer lauter. So fordern viele beispielsweise neben gleichen Rechten für queere Menschen auch mehr Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit. Vier von zehn Deutschen (42 Prozent) sehen es positiv, wenn sich Marken aktiv für mehr Gleichberechtigung einsetzen, und mehr als ein Drittel (34 Prozent) fordern mehr LGBTQ+-Charaktere im Fernsehen, in Filmen und in der Werbung.6 Gerade auf YouTube ist Diversität hochrelevant, weil auf der Plattform viele Creators der LGBTQ+-Community angehören.
Die Weihnachts-Spots in diesem Jahr werden diesem Anspruch deutlich gerechter als die des Vorjahres. REWE und TK Maxx integrieren Menschen mit Behinderungen ganz selbstverständlich und natürlich in den Spot, ohne sie eigens herauszustellen. Zalando zeichnet ein diverses Bild, in dem auch die LGBTQ+-Community repräsentiert wird. Und auch Disney und Amazon inszenieren einen vielfältigen Blick auf unsere Gesellschaft.
Nachhaltigkeit, das andere große Thema unserer Zeit, spielt kaum eine Rolle. Nur Edeka traut sich und ruft sehr emotional zum Handeln auf. Rabe findet: „Schade, dass nicht mehr Marken diesen Mut gezeigt haben. Die Angst, Konsum und Nachhaltigkeit wären nicht vereinbar, ist unbegründet.“ Denn die Bedeutung des Themas ist weiter gestiegen: 82 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher geben an, dass das Thema Nachhaltigkeit heute für sie einen höheren Stellenwert hat als vor der Pandemie.7 Über zwei Drittel (71 Prozent) sagen auch, sie werden bei den Weihnachtsgeschenken stärker auf Nachhaltigkeit achten.8
Trend 3: Die Zeiten sind disruptiv wie nie, die Ideen eher klassisch
Auch dieses Jahr sehen wir wieder den „klassischen Weihnachts-Spot“, wohin wir auch blicken: die eine große, emotionale Familiengeschichte, episch erzählt, in einem langen Spot, mit einem guten Song, oft in Hollywood-reifen Bildern inszeniert – oder, ebenfalls in bewährter Tradition, als Animationsfilm. Pohl meint: „Nur einmal im Jahr schalten so viele Marken so liebevoll und aufwendig produzierte Filme – und alle drehen sich um denselben Themenkreis: um Gemeinschaft, Familie und Nächstenliebe!“
Die Gefahr hierbei: Je mehr Marken am Weihnachts-Wettkampf teilnehmen, desto schwieriger wird es, sich zu differenzieren. Insbesondere dann, wenn die Verbindung von der Story zur Marke schwach ist – immer noch verrät häufig erst das Ending, wer hier eigentlich wirbt. Dabei gilt es nur einige Anhaltspunkte zu berücksichtigen, um Video-Creatives effektiver zu machen.
Die diesjährige Kampagne des Schweizer Lebensmittelhändlers Migros zeigt, wie man sich auch mit einem klassischen Ansatz differenzieren kann: Der emotionale Langfilm rund um Lieferdrohne Robin zeigt schon in den ersten fünf Sekunden ganz nativ, wer Absender ist. Neben dem Langfilm werden aber auch diverse Kurzformate eingesetzt. Das erlaubt Migros, flexibel Impulse zu setzen: Sie können einfacher auf veränderte Gegebenheiten reagieren, viele kleinere Kommunikationsanlässe nutzen, unterschiedliche Zielgruppen adressieren, die Anbindung an konkrete Angebote wird einfacher – und die Erfolgsmessung wird aussagekräftiger.
Trend 4: Zum Shopping-Höhepunkt steht weiter die Marke im Vordergrund
Eines haben die Weihnachts-Spots auch dieses Jahr gemeinsam: Fast alle Marken versuchen, gesellschaftliche Themen aufzugreifen sowie ihre Marke relevant und emotional ins Spiel zu bringen. Die Weihnachts-Spots zahlen so aufs Markenkonto ein – das Ziel sind erhöhte Markenbekanntheit und verbesserte Markenwerte. Gleichzeitig schalten dieselben Marken auch verstärkt Performance-Werbung – ohne dass diese beiden Aktivitäten erkennbar miteinander verknüpft wären. Pohl meint dazu: „Es ist schon ein wenig paradox, dass Unternehmen gerade in der für ihr Geschäft entscheidenden Saison anscheinend wenig Augenmerk auf die Frage legen, wie Sales-relevant ihr Weihnachts-Spot ist.“
Der Brandformance-Ansatz zielt darauf ab, neben Markenwerten auch die Performance und den Umsatz zu steigern – in einer integrierten Bewegtbildkampagne. Mit einer durchdachten Kampagnenplanung lassen sich auf YouTube unterschiedliche Video-Assets auf die verschiedenen Ziele entlang des Customer-Funnels optimal ausspielen – neben Awareness und Consideration können Bewegtbildkampagnen mittlerweile auch Performance-Ziele hervorragend erreichen.
Online-Händler OTTO zeigt mit seiner Weihnachtskampagne bereits, wie man den Funnel ganzheitlicher bespielen kann: Während der Hauptspot eher allgemein die Vorfreude aufs Schenken thematisiert und auf Awareness für die Plattform abzielt, setzt ein sortimentsbezogener Spot konkrete Produkte mehr in den Fokus und regt zum Einkaufen an.
Weihnachtskampagnen sind als kreatives Highlight weiterhin nicht aus den Marketingstrategien vieler Unternehmen zu ihrer umsatzstärksten Zeit wegzudenken. Auf YouTube finden dabei verschiedene Kreativ-Strategien ein Zuhause: lange, emotionale Videos, die auf gesellschaftliche Themen und Zielgruppen-Insights aufbauen, genauso wie flexiblere, holistische Ansätze, die auf mehr als einen Spot setzen und ein smartes Targeting integrieren. Und zuletzt disruptives Storytelling und neue narrative Strukturen, die mit bekannten Erzählmustern spielen. Sicher ist: Weihnachtskampagnen werden definitiv nicht langweilig und für Marken lohnt es sich, auch im nächsten Jahr auf das Thema Weihnachten zu setzen.