Immer mehr Unternehmen erkennen das Potenzial gut gemachter Online-Videos. Mit originellen Formaten und kreativem Storytelling machen sie aus möglichen Kunden Fans ihrer Marke.
Ein junger Mann sitzt zusammengekauert auf seinem Bett und blickt bedröppelt drein. Ihm gegenüber seine Freundin, ebenfalls nicht ganz aufrecht, weil sie sich sonst den Kopf an der viel zu niedrigen Decke anschlägt. Genau deshalb hat sie gerade mit ihm Schluss gemacht: Sie hält es in der winzigen Bude nicht mehr aus. Kurz danach liegt der junge Mann allein im Bett und träumt in Form eines grell bebilderten Rap-Songs, wie sein Leben, respektive Wohnen, auch sein könnte: schön und hell und geräumig. Ein witziges Video mit derzeit hochrelevantem Hintergrund, das unzählige Zuschauer begeistert: Mehr als 24 Millionen Mal wurde es binnen weniger Monate angesehen.
Das Besondere an dieser Erfolgsgeschichte: Der Für immo-Song ist ein Werbevideo, entwickelt für das Immobilienportal Immowelt von der jungen Nürnberger Agentur FYFF. Die Konsumenten fühlen sich dadurch nicht belästigt, sie schauen es sich bewusst und gerne an und loben es mit Kommentaren wie "So macht Werbung Spaß". Für immo, das 2017 deutschland- und europaweit den ersten Rang unter den erfolgreichsten Werbevideos auf YouTube belegte, ist ein herausragendes Beispiel dafür, was Marken heute mit digitalem Bewegtbild erreichen können – aber längst kein Einzelfall mehr. Der Lkw-Hersteller Volvo Trucks zeigte schon 2013 das enorme Potenzial gut gemachter Online-Werbespots: The Epic Split, bei dem der Action-Star Jean-Claude Van Damme einen Spagat zwischen zwei fahrenden Lastern ausführt, wurde zur viralen Sensation, die bis heute rund 93 Millionen Mal aufgerufen wurde.
Kein Wunder also, dass Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen immer stärker auch auf Online-Videos als eigenständiges Format setzen. "Wir denken die Kampagne schon lange nicht mehr von einem TV-Spot aus, der später neue Schnitte erfährt", erklärt Dr. Peter Figge, Partner und Vorstand der Kreativagentur Jung von Matt. "Stattdessen planen wir von Anfang an in einer parallelen Kampagnenarchitektur, die es uns ermöglicht, auch eine Marke oder ein Thema facettenreicher zu inszenieren."
Bewegtbild-Werbung auf Social-Media-Plattformen bietet Marken die große Chance, neue und sehr genau definierbare Zielgruppen in verschiedensten, auch mobilen Situationen zu erreichen. Zugleich birgt die Onlinevideo-Welt aber neue Herausforderungen: Im Internet, erst recht auf einem Smartphone-Display, entscheiden Sekunden über den Erfolg eines Werbespots. Besonders deutlich wird das bei YouTubes "TrueView". Diese Möglichkeit, einen Werbespot nach wenigen Sekunden wegzuklicken, gilt in der Branche als Revolution: Der Konsument sieht Werbung nur, wenn er will, und der Werbetreibende zahlt nur für Werbung, die gesehen wurde. "Fünf Sekunden haben Kreative also Zeit, einen Zuschauer in den Bann zu ziehen", sagt dazu Oliver Rosenthal, Industry Leader Creative Agencies, Google DACH. Umso wichtiger werden daher kreative Unterhaltungsformate auf den Punkt.
Mit spannendem Storytelling und kreativen Formaten haben verschiedenste Marken in den letzten Jahren bewiesen, wie ernst sie digitales Bewegtbild nehmen – darunter auch solche, von denen es manche nicht erwartet hätten. Die Bundeswehr etwa setzt seit 2016 auf eigens für YouTube entwickelte Webserien, um sich als Arbeitgeber interessant zu machen. "Wir haben im Netz viel weniger Streuverluste als über klassische Medien und können Interessenten und Spezialisten über ein genaues Targeting ganz gezielt ansprechen", sagt Dirk Feldhaus, Beauftragter Kommunikation der Arbeitgebermarke Bundeswehr, der mit der Wirkung der ersten Serie Die Rekruten über junge Soldaten in der Grundausbildung hochzufrieden ist: Nach nur zwei Wochen hatte der YouTube-Kanal über 200 000 Abonnenten und täglich knapp eine Million Views. Vor allem aber verzeichnete die Karrierewebseite der Bundeswehr 40 Prozent mehr Zugriffe, in der Karrierehotline gingen 25 Prozent mehr Anrufe ein – und am Ende fand die Truppe nicht nur mehr, sondern auch besser passende Bewerber. Folgerichtig startete im Juli mit Die Springer eine neue Serie auf den Social-Media-Kanälen namens Bundeswehr Exclusive.
Neben ausgefeilter Erzähltechnik kann auch der geschickte Einsatz von Daten den Erfolg von Online-Videospots befördern. Bei der Auflage der Cannes Lions 2018, des wichtigsten Werbefestivals der Welt, gingen in der Kategorie "Datenkreativität" rund 500 Beiträge ins Rennen – darunter der witzige Spot eines Windelherstellers, in dem mittels Schrittzähler ermittelt wird, welches Baby zuerst eine bestimmte Distanz krabbelt. Das simpel produzierte Video ging viral und bescherte der Marke einen Verkaufsanstieg um 29 Prozent.
Auch jenseits des Inhalts bietet datengetriebene Kreativität der Werbeindustrie enormen Mehrwert, ist etwa Burkhard Müller, Executive Creative Director der Kommunikationsagentur deepblue networks überzeugt: "Daten können den gesamten Prozess vom Briefing, über die Umsetzung bis hin zur Inszenierung bereichern." Für besonders hilfreich hält er Daten in der Konzeption einer Kampagne, um etwa über Google Trends relevante Themen und Zusammenhänge aufzudecken. Immowelt scheint seine Hausaufgaben in dieser Hinsicht gemacht zu haben. Auch der Nachfolger des Für immo-Videos ist erfolgreich, diesmal beleuchtet der Rap-Song die Fallstricke der Wohnungssuche von der Steinzeit bis heute – auch dieser witzige Werbespot wurde in den ersten drei Monaten allein auf YouTube mehr als 18 Millionen Mal gesehen.
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