Aus dem heute schier unendlichen Content-Angebot pickt der Nutzer sich genau das heraus, was ihn interessiert. Wie können es Unternehmen schaffen, inmitten dieser Flut von Inhalten die Aufmerksamkeit ungeduldiger und vielbeschäftigter Nutzer zu gewinnen? Graham Bednash, Director of Consumer Marketing für EMEA bei Google, ist der Ansicht, dass trotz der vielen Änderungen in der Kommunikations- und Medienlandschaft nichts über eine packende Geschichte geht, die auf soliden Erkenntnissen basiert.
Die Grundlagen einer wirkungsvollen kreativen Arbeit bleiben immer gleich: Es geht darum, durch eine interessante Geschichte und Überraschungseffekte die Aufmerksamkeit von Leuten zu gewinnen und ihr Interesse für eine Marke aufrechtzuerhalten. Eines hat sich jedoch extrem verändert: Wir haben längst nicht mehr so viel Zeit wie früher. Die sinkende Aufmerksamkeitsspanne macht es immer schwieriger, mit einer Botschaft zu den Nutzern durchzudringen.
Die Menschen sind heute Kritiker. Wir nennen sie Besucher, Leser und Nutzer, aber letztlich sind es gnadenlose Kritiker. Sie können die Wiedergabe auf ihrem Smartphone jederzeit beenden und es in die Tasche stecken. Wie lässt sich angesichts der heutigen Vielfalt von Inhalten und Kanäle das Interesse der Nutzer gewinnen – das Interesse anspruchsvoller Kritiker?
Es muss etwas mit Bezug zur Populärkultur sein. Es muss das Leben der Menschen auf irgendeine Weise bereichern. Es muss interessant, unterhaltsam und möglichst nützlich sein. Hierzu benötigt man fundierte, in der Marke verwurzelte Erkenntnisse.
Und da Werbebotschaften durch den Technologiewandel heute völlig anders wahrgenommen werden, ist es zudem wichtig, dass Medien und kreative Ideen parallel entwickelt werden. Das ist für mich das beste Rezept für wirkungsvolle, kreative Innovation.
Ich mag Werbung, bei der die Technologie den Nutzern eine Erfahrung bietet, die auf einer Markenbotschaft basiert. Die Honda R-Kampagne von Wieden + Kennedy zum Beispiel gründet auf der Erkenntnis, dass Männer nicht nur die Rolle des biederen Familienvaters spielen möchten. Und so erlebt der Betrachter den Honda R in zwei unterschiedlichen Geschichten, die die zwei Seiten im Leben eines Mannes zeigen: Alltag und Abenteuer. Man sieht einmal den Vater, der seine Kinder zur Schule bringt, und dann den Fahrer in einem Autorennen.
Es gibt heute so viele tolle Möglichkeiten, eine Geschichte zu erzählen: umfassend als Long-Form Content, kurz und bündig als Snackable oder Short-Form Content oder auch als Tabloid-Content im BuzzFeed-Stil. Nehmen Sie YouTube als Beispiel: Das Konsumieren kurzer Inhalte auf YouTube ist heute für die meisten Nutzer zur täglichen Gewohnheit geworden. Dieser Trend ist noch nicht einmal zwei Jahre alt. Meiner Meinung nach ist die wichtigste Frage jetzt: Wie erstelle ich wirklich ansprechende Inhalte für Mobilgeräte, mit denen ich die Aufmerksamkeit der Nutzer gewinnen und aufrechterhalten kann?
Mittlerweile rate ich allen, die sich in der kreativen Branche versuchen wollen, wie ein Journalist zu denken. Weil Journalisten wissen, wie man Aufmerksamkeit gewinnt. Weil Journalisten wissen, wie man Inhalte erstellt, die einen kulturellen Bezug haben, die relevant sind, die Erkenntnisse vermitteln und die Menschen fesseln. Journalisten wissen, wie man Inhalte schnell erstellt, und – und das ist das Wichtigste – dass soziale Netzwerke stets berücksichtigt werden müssen.