Im letzten Jahr haben wir unsere Interviewreihe "Think with Innovators" gestartet. In dieser befragten wir die kreativsten Köpfe Großbritanniens ‒ unter anderem standen uns Shenda Loughnane von iProspect und James Harris von Carat Rede und Antwort. In diesem Jahr führen wir die Reihe mit vier interessanten Persönlichkeiten aus Deutschland fort. Den Anfang macht Max Lederer, seit Anfang 2016 Geschäftsführer Kreation bei Jung von Matt. Er erzählt uns unter anderem, vor welchen Herausforderungen Jung von Matt bei der Realisierung eines Virtual-Reality-Projekts für BMW stand und welche Chancen Digitalisierung für zielgerichtete Werbung bietet.
Der Werdegang von Max Lederer ließ schon früh auf eine Karriere im kreativen Bereich schließen. Nach seiner Ausbildung als Grafikdesigner arbeitete er zunächst frei, ehe er 2001 bei Kabel New Media als Screen Designer begann. Danach war er 12 Jahre bei der Hamburger Agentur Interone in verschiedenen Positionen tätig und stieg 2015 bei Jung von Matt ein.
Wenn man Max Lederer nach seiner Selbsteinschätzung fragt, fallen die Begriffe "rastlose Person" und "Kind". In der Tat versucht der 36-Jährige, immer wieder neue Rollen auszuprobieren und jedes Jahr neue Dinge zu lernen. Das zeigen auch seine Hobbys: "Ich darf Schiffe jeglicher Größe auf dem Wasser steuern, sowohl in Binnengewässern als auch auf Seegewässern. Ich habe gerade meinen Motorradführerschein gemacht, ich habe einen Jagdschein und ich kann auf 300 Metern mit einem Großkalibergewehr eine Zigarrenschachtel treffen. Und ich bin ein richtig guter Tänzer."
Doch nicht nur stetige Neugier ist ein Treiber für Innovation. Vor allem muss Innovation ein Problem lösen, so der Kreative. Zu oft scheiterten Projekte daran, dass Agenturen bei einem Auftakt-Meeting für Kampagnen frühzeitig Maßnahmen und Medien vorschlagen ehe sie das Problem konkret definiert hätten. Daher plädiert Lederer für ein fundiertes Rebriefing, in dem das tatsächliche Problem identifiziert wird. Erst anschließend folgt die Auswahl des passenden Kampagnenmittels wie Website oder TV-Spot.
Eine Innovation muss ein Problem lösen. Das ist per se die Definition von Innovation.
-Max Lederer, Geschäftsführer Kreation, Jung von Matt
Dies bringt Max Lederer auf das Projekt "Visionary" für BMW ‒ mit dem das Unternehmen als erste Automobilmarke überhaupt auf die innovative Technologie der Google Spotlight Stories setzte. Nutzer haben hier die Möglichkeit, das Visionsfahrzeug BMW VISION NEXT 100 in einem 360-Grad-Video in einer mobilen, virtuellen Realität zu entdecken. Die Herausforderung bei diesem Virtual-Reality-Projekt bestand insbesondere darin, dass die technischen Umsetzungsmöglichkeiten im Vorfeld nicht klar waren. Das habe extrem viel Mut beim Kunden benötigt ‒ für den JvM-Geschäftsführer Kreation ein Kriterium für Innovation. Denn oftmals seien Innovationsprojekte im Vorfeld nicht skalierbar. Es sei daher umso wichtiger, Projekten, vor denen man zunächst Angst habe oder die man lächerlich fände, mit einer Offenheit zu begegnen: "Dann bleibt man auch wach für Innovationen."
Für Lederer steht das Ausprobieren in seiner täglichen Arbeit an erster Stelle: "Meine Philosophie ist, Dinge zu benutzen, Dinge zu erleben." Zu viele Leute in der Medienbranche sprächen über Innovationen und Technologien, die sie selbst aber noch nie benutzt hätten. Um dem bei Jung von Matt entgegenzuwirken, hätten sie ein eigenes Team gegründet: das CATS Team (Creative Animation Technology Studio). Ziel sei es, neue Technologien zu identifizieren und zwar mit der Vorgabe, Dinge richtig auszuprobieren. In monatlichen Workshops werden die Technologien dem gesamten Team vorgestellt.
Für die Zukunft der Werbebranche sieht der Kreative eine Abkehr von der klassischen Werbung hin zu einer stärkeren Fokussierung auf Influencer Marketing. "Die Herausforderung wird sein, Produkte und Markenerlebnisse so zu inszenieren, dass Kunden sich nicht belästigt fühlen ‒ rein auf Freiwilligkeit und Relevanz zielend. Ich glaube, das ist möglich." Als Beispiel nennt er Produktvideos auf YouTube, die Menschen beim Gebrauch eines Produkts oder einer Dienstleistung zeigen. Konsumenten möchten sich informieren, wenn sie einen Kaufwunsch hätten. Dabei vertrauen sie jedoch eher einer Empfehlung statt einem perfekt inszenierten Werbefilm.
Einen Appell an die Werbebranche hat Lederer noch: "Ich wünsche mir mehr Mut, Sachen auszuprobieren, zur Unvollständigkeit, nicht immer ein perfektes Ergebnis zu antizipieren, sondern eben auch zu sagen, der Weg dahin und der Lernprozess sind für uns genauso wertvoll wie eine perfekte Inszenierung. Dann werden wir auch innovativ."