Was bedeutet Innovation in einer durch und durch digitalen Welt? Lernen Sie fünf Vordenker kennen, deren Weltbild wesentlich durch die digitale Revolution geprägt wurde. Aktiv, ehrgeizig und ganz und gar global reißen sie die alten Barrieren nieder und gestalten mit Leidenschaft und kreativer Innovation neue Welten für Business, Media, Kunst und Aktivismus.
Roman Beranek
Projektil
Roman Beranek ist zweiunddreißig Jahre alt. Er studierte Interaction Design (IAD) an der Zürcher Hochschule der Künste, bevor er Projektil gründete. Projektil ist ein dynamisches, visuelles Kunstkollektiv, in dem Design, Technologie und Kommunikation mühelos zu etwas Bewusstseinsveränderndem, Wunderschönem zusammenfließen. Ob sie die Eindhover Sint-Catharinakerk in ein psychedelisches Kaleidoskop aus Farben hüllen oder Schloss Beesenstedt in Sachsen-Anhalt in ein 3D-Live-Konzert mit mobiler Interaktion verwandeln - Projektil ist weltweit für einige der innovativsten Projection Mapping-Events verantwortlich und trug dazu bei, eine einmalige digitale Kunstform des 21. Jahrhunderts zu definieren.
Was bedeutet Innovation für Sie?Innovation bedeutet die Freiheit der Kreativität. Hier geht es darum, die tatsächlichen Möglichkeiten zu erkennen, die man verwirklichen kann. Sie sind in einer digitalen Welt aufgewachsen. Wie hat das Ihre Einstellung zur Innovation beeinflusst? Ich habe großes Interesse daran, Innovation mit Technologie zu schaffen. Wir nehmen Neuerungen an bestehenden Systemen vor, indem wir herausfinden, wie wir die Grenzen des Machbaren verschieben und damit experimentieren können. Neue Technologie gibt neue Möglichkeiten. Was zeichnet im 21. Jahrhundert einen Unternehmer aus? Sie erkennen die Möglichkeiten ihrer Zeit. Sie realisieren, dass die Zeit sehr schnell läuft und sie verstehen, was machbar ist und was nicht. Doch vor allem können sie sich schnell genug anpassen. Das müssen sie auch, denn der Zustand, in dem wir uns momentan befinden - mit der Technologie in ihren Anfängen - da werden die Veränderungen nur noch schneller und schneller werden. Wie demonstrieren Sie jeden Tag Innovationsbereitschaft? Man kann etwas Spannendes erschaffen, indem man alte und neue Sachen auf richtige Art und Weise miteinander kombiniert, doch wir versuchen, mit den neuen Technologien zu arbeiten. Wir machen Sachen, die vorher noch nie gesehen wurden. Gibt es eine Technologie, einen Trend oder eine Idee, die im Projection Mapping die aufregendsten Innovationen antreibt? Ich glaube, es ist die Fusion verschiedener Technologien, wie Sie es auch im Bereich der Smartphones sehen, wo mobile Endgeräte mit realen Orten in Verbindung treten und mit der Realität interagieren. Aus diesem Grunde integrieren sich die Designs von Projektil mehr und mehr in die reale Welt. Was hält die Zukunft für Sie bereit? Die Leute gewöhnen sich an Mapping - das ist so wie die 3D-Technologie in den Kinos - aber es wird sich weiter entwickeln. Die Interaktion wird wichtiger werden, wie auch die Erzählkunst. Und die Art und Weise, wie man Media Mapping integriert, wird von großer Bedeutung sein. Das ist momentan unsere Meinung dazu.
Dennis Crowley
Foursquare
Der New Yorker Dennis Crowley ist Mitbegründer und CEO von Foursquare, einem standortbezogenen Service, der mit Game Mechanics seine Anwender dazu ermutigt, Städte und Nachbarschaften zu erkunden und ihre Lieblingsorte und Insider-Tipps mit der Gemeinschaft zu teilen.
Was bedeutet Innovation für Sie? Ich glaube, man nimmt die Ideen, die einem im Kopf herumspuken, und findet einen Weg, sie in die Realität umzusetzen. Einen Großteil meiner Karriere musste ich mir von Leuten sagen lassen: „Die Sachen, die du dir ausdenkst, werden nie und nimmer funktionieren.” Irgendwann muss man es dann einfach mal versuchen. Ich habe das Gefühl, dass ich eine Idee habe und damit vor eine Wand laufe. Dann definiere ich diese Idee neu und laufe wieder gegen eine Wand. Dann definiere ich sie nochmals neu - das ist meiner Meinung nach Innovation. Sie sind in einer digitalen Welt aufgewachsen. Wie hat das Ihre Einstellung zur Innovation beeinflusst? Innovationszyklen sind viel schneller, und jeder lässt sich von den anderen inspirieren. Wenn unser Unternehmen vor einem Problem steht, dann zeigen wir allen unsere Lösung. Das ist für viele Leute eine ganz neue Denkweise, das ist wie „wenn du etwas weißt, was andere nicht wissen, dann musst du das den anderen beibringen und so in die Gemeinschaft investieren.” Wie demonstrieren Sie jeden Tag Innovationsbereitschaft? Intern sagen wir, das wir die Zukunft erfinden. Am schwierigsten ist hier, das Gleichgewicht zu finden, wie das Unternehmen und zur selben Zeit auch das Produkt erfunden wird. Bei uns sitzen 52 Leute um den Tisch herum und überlegen, was wir machen, und nicht nur zwei Leute hinter einer verschlossenen Tür. Mir wurde beigebracht, dass diese Idee nicht gut ist, aber dadurch begeistern sich die Leute und sie werden involviert. Es ist, als ob man auf einer Achterbahn sitzt, von ganz oben hinuntersaust und dabei die Arme hochreißt. An einem bestimmten Punkt muss man einfach loslassen. Gibt es eine Technologie, einen Trend oder eine Idee, die im Projection Mapping die aufregendsten Innovationen antreibt? Das iPhone. Ich befasse mich schon seit langer Zeit mit Mobilfunktechnik, und es war schwierig, denn es gibt so viele verschiedene Plattformen, so viele verschiedene Bildschirmgrößen; die Betreiber hatten alles unter Kontrolle. Das iPhone hat die ganze Branche auf den Kopf gestellt, einfach so. Dadurch konnten wir die Sachen machen, die wir wollten. Was hält die Zukunft für Sie bereit? Vor fünf Jahren gab es noch nichts wie das iPhone - hätte man damals versucht, die Zukunft vorauszusagen, hätte man total falschgelegen. Ich glaube, dass es von produktivem Wert ist, wenn man nicht zu weit in die Zukunft schaut. Denn wenn man zu weit nach vorne sieht, dann kann man das übersehen, was direkt vor der Nase liegt.
Sara Öhrvall
Bonnier F&E
Die in Schweden geborene Sara Öhrvall leitete Bonnier F&E, den innovativen Arm des Multi-Channel Unternehmens Bonnier. Nach Arbeitsperioden bei Toyota und Volvo, wo sie bei der Entwicklung von Umweltkonzeptautos mithalf und ein Jahrzehnt Erfahrung in der Markenberatung sammelte, wurde Sara 2008 mit dem Mandat eingestellt, das Publizieren in die digitale Zukunft zu bringen. Mag+, ein Tablet-basiertes Digi-Mag-Projekt, das der Einführung des iPads vorausging, machte genau das.
Was bedeutet Innovation für Sie? Ich denke, es bedeutet einen Neustart des Gehirns. Es ist eine Art Fähigkeit - oder vielleicht auch eine Einstellung - dass man ständig die Wahrheit dessen, was man kennt, in Frage stellt und umgestaltet. Denn bei jeder Innovation muss man per definitionem etwas zurücklassen. Was zeichnet im 21. Jahrhundert einen Unternehmer aus?Heute geht es nicht mehr nur darum, was man tut - es dreht sich alles darum, warum man es tut. Die Leute wollen nicht nur einfach mitarbeiten, weil man ein Jungunternehmen ist und vielleicht mal groß werden wird. Sie wollen von Anfang an mit dabei sein, weil sie an ihre Arbeit und an das Endergebnis glauben. Wie demonstrieren Sie jeden Tag Innovationsbereitschaft? Wir stellen sicher, dass wir aktuelle Diskussionen fördern, denn so wird Innovation entfacht - so als ob wir eine Café-Kultur innerhalb und außerhalb des Unternehmens pflegen. Wir arbeiten auch funktionsübergreifend mit Journalisten und Tech-Leuten zusammen. Niemand arbeitet allein für sich, wir arbeiten stets zusammen im Team. Gibt es eine Technologie, einen Trend oder eine Idee, die im Projection Mapping die aufregendsten Innovationen antreibt? Daten-Aggregation. Wenn man nachverfolgen kann, wie Leute sich bewegen, was sie denken, wie sie schlafen - all die Dinge, die sie tun - dann schafft das eine ganz neue Welt voller Medienideen. Man kann diese Informationen dazu verwenden, das tägliche Leben und die Welt um uns zu verbessern. Wenn man zum Beispiel weiß, welche Auswirkungen das eigene Verhalten auf die Umwelt hat, dann werden die Leute ihr Verhalten ändern. Es macht auch ein wenig Angst, daher muss man das vorsichtig angehen. Was hält die Zukunft für Sie bereit? Im Publikationswesen gibt es gewisse Grundwerte, die stets gültig sind und die wir schützen müssen. Jede ehrliche und demokratische Gesellschaft braucht Journalisten, die nicht von Werbetreibenden bezahlt werden, sondern bestrebt sind, die Wahrheit herauszufinden. Doch Medienunternehmen müssen den Nutzen neu definieren. Sie müssen den Dialog pflegen, und nicht nur Lautsprecher sein.
Bright Simons
Mpedigree
Bright Simons ist der Gründer von mPedigree, einem einzigartigen System, das in Ghana Pionierarbeit geleistet hat. Mit diesem System können Verbraucher anhand einer kostenlosen Textnachricht herausfinden, ob die Arznei, die sie kaufen wollen, sicher oder gefälscht ist. Durch seine Arbeit in der Ideenschmiede IMANI in Accra konnte Simons die entwicklungshemmenden Systeme herausfordern, indem er grundlegende institutionelle Reformen förderte.
Was bedeutet Innovation für Sie? Zum großen Teil geht es bei Innovation um Überzeugungsarbeit. Man konzentriert sich zumeist weniger auf die konkrete Erfindung oder auf die vorgeschlagene Lösung als darauf, wie diese von den Menschen empfunden und angenommen wird. Es geht um soziale Bindungen. Wie haben die Entwicklungen in der Technologie Ihre Herangehensweise an Innovation beeinflusst? Sie ermöglichen die Maximierung von Ressourcen; wie wir mit weniger mehr erreichen können. Das ist um so wichtiger, als ich aus Afrika komme. Wenn man sich umsieht, ist es klar, dass man nicht alle Ressourcen bekommt, die man braucht. Doch eine der Möglichkeiten, mit denen man Ressourcen maximieren kann, ist Mobilfunktechnik. Heutzutage hat in Ghana jeder Zweite Zugang zu Telekommunikationsdiensten. Das ist ein gewaltiger Aufschwung, den nur die Technologie erreichen kann. Wie demonstrieren Sie jeden Tag Innovationsbereitschaft? Indem ich maßgebliche Kreise von Änderungen überzeuge. Das erreichen wir, indem wir die pharmazeutische Industrie ansprechen und sie überzeugen, dass sie statt gefälschte Produkte geheimzuhalten ein Thema daraus machen soll, an dem die Öffentlichkeit teilnehmen kann. Wir setzen uns für Änderungen in Einrichtungen ein, für Änderungen, die Resultate bringen - und wir können die Wirkung schon sehen. Gibt es eine Technologie, einen Trend oder eine Idee, die im Projection Mapping die aufregendsten Innovationen antreibt? Cloud-basierte EDV ist definitiv ein transformierender Einfluss. Man kann dadurch Ressourcen maximieren und auch Institutionen ändern. Diese ganze Idee, dass ein Unternehmen eine Festung ist, in der sämtliche Informationen fern von neugierigen Blicken verwahrt werden müssen, ändert sich. Eine offene Architektur - transparente Denkweisen, wie wir unsere Probleme lösen - wird durch eine Cloud-basierte Mentalität gefördert. Was hält die Zukunft für Sie bereit? Mobilität und Cloud werden die Grundlage für Änderungen schaffen, denn fortschrittliche Institutionen werden sie benutzen, um in ihren eigenen Unternehmen Änderungen herbeizuführen, wodurch die soziale Dynamik geändert wird. Die Zugänglichkeit zu anderen Dingen wird erhöht, und das wird sich auf jede Institution und Organisation in jeder Branche weltweit auswirken.
Esra"a Al Shafei
Digitale Aktivistin
Esra"a Al Shafei ist die 24-jährige Aktivistin, die hinter MideastYouth.com steht - ein Online-Treffpunkt, der Orientierung, Motivation und Unterstützung für Andersdenkende anbietet. Doch damit ist ihre Arbeit noch nicht getan. Sie führte die Kampagne freeKareem.org an, um gegen die Inhaftierung eines jungen ägyptischen Bloggers zu protestieren. MidEastTunes.com hilft politischen Musikern dabei, das Schweigen zu brechen, und CrowdVoice.org ist ein nutzerbetriebener Service, der Proteststimmen aus der ganzen Welt beobachtet. Von ihrer Heimat Bahrain aus arbeitet sie täglich unermüdlich daran, den Schleier von Vorurteilen, Unterdrückung und Zensur zu lüften.
Was bedeutet Innovation für Sie? Für mich bedeutet Innovation, das Bestehende zu nehmen und daraus einen neuen und effektiven Nutzen zu schaffen. Sie sind in einer digitalen Welt aufgewachsen. Wie hat das Ihre Einstellung zur Innovation beeinflusst? In meiner Jugend hatte ich viele verschiedene Ideen, wie man Redefreiheit und Menschenrechte angehen könnte, aber ich hatte keine Ahnung, wie man diese Projekte in Realität umsetzen konnte, bis ich dann Zugang zum Internet hatte. Nur ein paar Anwendungen haben die Art und Weise, wie Menschen miteinander kommunizieren, total verändert. Hierdurch konnte ich viele meiner Hindernisse überwinden und erkennen, dass das, was wir im Web erreichen können, einfach grenzenlos ist. Was zeichnet im 21. Jahrhundert einen Unternehmer aus? Im Wesenlichen Mut, Kreativität und Beharrlichkeit. Es gibt so viele Ideen dort draußen, aber um sicherzustellen, dass deine Meinung auch gehört wird, gibt es nur einen einzigen Weg: Sei kreativ und einzigartig in deinem Ansatz. Wie demonstrieren Sie jeden Tag Innovationsbereitschaft? Einige meiner Freunde haben innovative Tools geschaffen, um zensierte Inhalte im Web zu umgehen. Und wir konzentrieren uns auf neue Techniken, mit denen wir junge Leute erreichen - wie Animation. Falls es die Technologie für ein bestimmtes Projekt noch nicht gibt, dann erschaffen wir sie sofort, wie wir es mit CrowdVoice gemacht haben. Diese Art von Crowdsourcing-Plattform gab es im Bereich Aktivismus vorher noch nicht, doch wir waren in der Lage, so etwas zu kreieren. Gibt es eine Technologie, einen Trend oder eine Idee, die im Projection Mapping die aufregendsten Innovationen antreibt?Definitiv das Crowdsourcing, das einen großen Teil der aktuellen Tools und Anwendungen der Aktivisten darstellt. Die aufregendsten Projekte dieser Art sind diejenigen, die sich auf all die Informationen und auf die Beträge der Massen stützen, vor allem die visuellen. Was hält die Zukunft für Sie bereit? Ich möchte gar nicht wissen, was die Zukunft für uns bringt, denn wir haben stets neue Pläne und neue Ideen, und diese Dinge können sich von Tag zu Tag ändern. Es ist mein Job, jeden Tag mit einer erfrischten Perspektive für unsere Projekte aufzuwachen und etwas anderes auszuprobieren.