Die Zahl der Screens nimmt zu, und damit auch gleichzeitig die Anzahl der Situationen, in denen Zuschauer Bewegtbild-Content ansehen. Dabei verschwindet der Unterschied zwischen digitalen und klassischen TV-Inhalten fast vollständig. Welche Anforderungen das für Marken in Bezug auf das Storytelling in Werbespots mit sich bringt, erläutert Oliver Rosenthal, Industry Leader Creative Agencies, Google DACH, im ersten Teil einer vierteiligen Serie auf Think with Google.
Es scheint, als kenne seit Monaten jeder Marketing-Kongress, jedes Briefing, jede Agentur-Präsentation nur eine Antwort darauf, wie Marken mit Konsumenten interagieren sollten ‒ nämlich mit Content. Marken müssten Geschichten erzählen, um Konsumenten zu erreichen, darin sind sich Auftraggeber, Kreativ- und Mediaagenturen einig.
Einige sagen, das sei doch nicht neu, so war es doch schon immer, siehe David Ogilvy’s berühmtes Zitat: “Was wirklich zu einer Kaufentscheidung von Konsumenten führt, ist der Inhalt von Werbung, nicht ihre Form”. Stimmt, allerdings hat die Digitalisierung zu einer Explosion von Anzahl und Form der Screens geführt, die uns umgeben. Sie eröffnet damit eine noch nie da gewesene Auswahl an Formaten und Anwendungsmöglichkeiten für Storytelling.
Wir leben im Zeitalter der Screens und schauen uns Bewegtbild-Content in unterschiedlicher Größe und in unterschiedlichen Situationen an: den Netflix-Stream auf dem großen Flatscreen, Nachrichten auf dem Smartphone beim Warten auf die S-Bahn, YouTube Content über Chromecast oder Apple TV auf internetfähigen Fernsehern oder das Kochvideo auf dem Tablet in der Küche. Die Möglichkeiten, Menschen mit Content zu erreichen, steigen durch die Präsenz von Screens; Wearables sowie Augmented Reality Tools wie Sony’s “Project Morpheus” oder Google’s Cardboard werden das Screen-Erlebnis noch vielfältiger und allgegenwärtiger machen.
Marken, die in dieser komplexen Screen-Welt Menschen erreichen wollen, brauchen eine digitale Bewegtbild-Strategie. Während Kreativ- und Media-Agenturen sowie Marketing-Verantwortliche noch mit Begriffen wie “TV Spot”, “YouTube Spot”, “viral” etc. arbeiten, werden diese Labels für die Generation YouTube zunehmend irrelevant. Wer “Game of Thrones” nie im linearen TV gesehen hat (wie die meisten Zuschauer), empfindet es nicht unbedingt als TV-Serie, wer einen Spielfilm im Flugzeug auf dem Smartphone schaut, würde nicht sagen “Ich schaue Mobile-Content”. Diese Label von Bewegtbildformaten nach dem Nutzungskanal entstammen dem Wunsch, sie dementsprechend bepreisen zu können ‒ so wird weiterhin das Missverständnis gefördert, digitaler Content sei günstiger zu produzieren als TV-Content. Mit der Lebensrealität von Menschen, die digitale Medien selbstverständlich in allen Lebenssituationen nutzen, hat dies nichts mehr zu tun.
Für Markenkommunikation gilt: Neben einer wachsenden Zahl von Screens und Anwendungsmöglichkeiten entscheiden Sekunden über den Erfolg im digitalen Ökosystem. Besonders deutlich wird dies bei YouTube’s “True View”, einer einfachen Idee, welche die Art, wie wir Werbung wahrnehmen, nachhaltig verändert hat. Die Möglichkeit, einen Werbespot nach wenigen Sekunden weg zu klicken, ist eine Revolution: Ich sehe als Konsument Werbung nur, wenn ich will und ich zahle als Werbetreibender auch nur für Werbung, die gesehen wurde.
Fünf Sekunden haben Kreative also Zeit, einen Zuschauer in den Bann zu ziehen ‒ und es gibt fantastische Beispiele hierfür, die regelmäßig auf thinkwithgoogle.de veröffentlicht werden. Werden Spots z. B. im Facebook-Stream durch Autoplay gestartet, kommt neben der zeitlichen Einschränkung noch eine akustische Herausforderung hinzu: die Voreinstellung ist lautlos, so dass in AdAge bereits die Frage gestellt wurde: “Sind Stummfilme die Zukunft der Werbung?”
Es gibt diesen wunderbaren Satz von Kevin Roberts, der, angesprochen auf die Wirkungsforschung von TV-Spots, einmal sagte, es gäbe hier nur eine relevante Frage für ihn: “Willst du es noch einmal sehen?” Auf digitalen Plattformen heißt diese Frage jetzt: “Willst du es überhaupt sehen?”
Hier geht es weiter zum zweiten Teil der Serie: Teil 2: Storytelling für die Generation YouTube: Werbung ist Content!