Auf dem YouTube Festival hatten wir Gelegenheit mit Oguz Yilmaz, ehemaliges Mitglied des erfolgreichen YouTube-Comedy-Trios Y-Titty und Gründer der digitalen Social Media und Kreativagentur whylder, zu sprechen. Er hat uns nicht nur verraten, was für ihn das Potential von YouTube ausmacht, sondern auch, was für ihn "Creative Effectiveness" bedeutet.
Think with Google: Oguz, vielen Dank, dass du dir Zeit für Think with Google nimmst. Wie hat dir das YouTube Festival gefallen?
Oguz Yilmaz. Die Kombination aus Keynotes, Masterclasses und die Verleihung des YouTube GOLDENE KAMERA Digital Awards hat das Festival zu etwas Besonderem gemacht. Für mich waren die Masterclasses sehr spannend, in denen ich eine Menge lernen konnte ‒ vor allem im Bereich Mediaplanung. In unserer Kreativagentur beschäftigen wir uns normalerweise mit ganz anderen Dingen, aber etwas Neues zu lernen, ist immer sinnvoll. Der Mix aus Zahlen und Fakten, Tipps und Tricks von Google-Mitarbeitern und Praxisbezug von Kunden wie Henkel oder Vodafone hat mir sehr gefallen.
Wo liegt deiner Meinung nach das Potential von YouTube für Werbetreibende?
YouTube ist nach Google die zweitgrößte Suchmaschine der Welt. Das birgt ein enormes Potential für Werbetreibende, weil einfach sehr viele Nutzer und daher sehr viele Daten auf der Plattform zur Verfügung stehen. Dadurch kann ich auf YouTube ‒ auch dank der verschiedenen Werbeformate ‒ meine Zielgruppe genau erreichen.
Was ich generell feststelle: Das Bewusstsein und die Akzeptanz für gute Werbung steigt nicht nur allgemein in der Branche, sondern auch Nutzer springen auf clever realisierte Werbespots an ‒ das beobachte ich auch bei mir persönlich immer wieder. Werbekunden, die auf YouTube mutig sind, werden belohnt und erzielen neben Reichweite auch weitere messbare Erfolge.
Oft wird YouTube im Zusammenhang mit Branding-Zielen genannt. Kann sich YouTube auch positiv auf den Geschäftserfolg auswirken?
Auf jeden Fall. Ich habe heute erst gelernt, dass man dafür zum Beispiel TrueView for Action nutzen kann. Diese Videoanzeigen können mit Overlays und Call-to-Action-Buttons versehen werden, um unter anderem zum Kauf anzuregen. Den Button habe ich selbst auch schon angeklickt. Was ich besonders interessant an diesem Format finde: Hierüber erreichen Werbetreibende auch diejenigen Kunden, die sich weiter unten im Marketing-Funnel befinden – also kurz vor dem Kaufabschluss stehen und sich bereits mit einem Produkt befasst haben. Ich kenne das aus eigener Erfahrung: Ich möchte dann keinen schönen, emotionalen Werbespot sehen, sondern auf kurzem Weg Informationen zu meinem gesuchten Produkt erhalten. Diese Zielgruppe kann auf YouTube gezielt abgeholt werden. Und das sollte das Geschäft auf jeden Fall ankurbeln, wenn man es richtig macht.
Gibt es YouTube-Trends, die du beobachtest?
Was auffällig ist: YouTube ist aus den Kinderschuhen raus. Es ist schwieriger geworden, mit einfach produziertem Content erfolgreich zu werden. Qualität hält längst Einzug auf YouTube, von den vielen "Mitspielern" ganz zu schweigen. Zusätzlich haben sich die Gewohnheiten der Zuschauer geändert. Ihre Zeit ist allerdings beschränkt uns sie sind kritischer bei der Auswahl ihrer Videos. Aber wenn sie sich für etwas interessieren, dann nehmen sie sich auch die Zeit. Längere Videos werden heute zum Beispiel viel mehr akzeptiert als noch vor zehn Jahren, als wir mit Y-Titty angefangen haben. Damals hieß es noch: Videos müssen so kurz wie möglich sein.
Mittlerweile ist auf YouTube für alle Zielgruppen und für alle Nischen Content vorhanden ‒ ich entdecke immer wieder etwas Neues. Videos werden länger, qualitativ hochwertiger und nischiger. Früher war es vielleicht so, dass YouTube von jungen Creator für eine junge Zielgruppe gemacht wurde. Das ist heute definitiv nicht mehr so. YouTube steht wirklich allen offen.
Kreative Konzepte und Media-Strategien schaffen wirkungsvolle Videoanzeigen. Als ehemaliger YouTube Creator hast du ja genügend Erfahrung gesammelt. Was macht für dich Creative Effectiveness aus?
Ausprobieren ist genau das, wofür sich YouTube gut eignet. Egal, ob sie Werbetreibende oder Creator sind: Sie können ihre Inhalte direkt bei einem großen Publikum austesten. Hier gibt es viele Möglichkeiten und Tools, mit denen Sie messen können, wie Ihre Werbung bei der gewünschten Zielgruppe ankommt. In meiner Zeit als YouTuber ist mir immer klar gewesen, dass uns unsere Videos nicht hundertprozentig gefallen müssen, sondern den Zuschauern. Viele Marken verharren allerdings noch in alten Denkmustern. Sie machen tolle Videos ‒ allerdings für die Marketingverantwortlichen und nicht für ihre potentiellen Kunden. Werbetreibende müssen hier mutiger werden. Es ist nicht mehr wie früher, als Unternehmen ihren Zuschauern die Inhalte vorsetzen konnten. Stattdessen müssen Marken ihre Konsumenten für ihre Inhalte begeistern. Bessere Werbevideos sind dazu ein Muss.
Außerdem bin ich der Meinung, dass dazu auch die internen Unternehmensstrukturen geändert werden müssen. Die Sehgewohnheiten haben sich verändert und sind nicht mehr mit früher vergleichbar. Video-Content zu produzieren ist ein bisschen so, als würde man eine Fremdsprache sprechen. Warum sind Unternehmen nicht unkonventionell und fragen direkt einen YouTube Creator, wie großartige Inhalte für YouTube produziert werden können? Die sind schließlich Experten auf diesem Gebiet. Das müssen auch nicht unbedingt YouTuber mit einer Millionen-Reichweite sein. Doch sie alle haben bereits gelernt, ihre Videos für ihre Zielgruppe zu optimieren. Ich bin mir sicher, Unternehmen profitieren davon, wenn sie einen "Muttersprachler" ins Boot holen.
Digitales Storytelling kann sich positiv auf Markenwahrnehmung und den Verkauf auswirken. Was sollten Unternehmen beim Storytelling besonders beachten?
Auch hier habe ich einen Tipp, den quasi jeder YouTuber von Anfang an beherzigt. Das heißt, Videos werden so geschnitten, dass Zuschauer bereits am Anfang einen Einblick erhalten, was sie in dem Video erwartet. So eine Art "Mini-Vorschau".
Die Storyline sollte keine typische Hügelstruktur haben, sondern eher die eines Herzschlags ‒ mit regelmäßigen Highlights, die die Aufmerksamkeit der Zuschauer fesseln.
Hast du Tipps für Creator oder Unternehmen, die einen Brand Channel starten möchten? Auf welchen Content sollten sie setzen?
Einer meiner Brand-Channel-Favoriten ist yumtamtamyumtamtam. Der Koch-Kanal bietet Zuschauern mit hochwertig produzierten Kochvideos tollen Content und somit einen echten Mehrwert ‒ ohne, dass die Marke EDEKA, die den Kanal präsentiert, zu sehr in den Vordergrund gerückt wird. Das gilt übrigens für alle Videos: Sie müssen funktionieren, auch wenn keine Marke dahinter steht. Unternehmen müssen sich fragen: Was ist der Mehrwert des Videos? Geht es möglicherweise nur darum, ein Produkt zu bewerben? Wenn ja, sollte das Budget stattdessen besser in gute Werbespots investiert werden.