Zum ersten Mal wird im Rahmen des diesjährigen YouTube Festivals der “YouTube GOLDENE KAMERA Digital Award” verliehen. Gemeinsam mit der FUNKE MEDIENGRUPPE zeichnet YouTube kreative Videomacher in insgesamt acht Kategorien aus, u. a. in der Kategorie “Best Brand Channel”. Susanne Liedtke, Creative Agency Manager bei Google, wirft einen Blick auf die kreative Leistung der Nominierten und erklärt, worauf Werbetreibende beim kreativen Storytelling besonders achten sollten.
Think with Google: Susanne, lass uns einen Blick auf die drei Nominierten EDEKA, Hornbach & BVG - Weil wir dich lieben werfen. Was machen sie aus deiner Sicht bei der Gestaltung ihres Brand Channels richtig?
Susanne Liedtke: EDEKA hat ein klares Konzept für den Kanal: Unter dem Markendach "Wir lieben Lebensmittel" gibt es eine Vielzahl an Kochrezepten. Die Videos unterliegen einem einheitlichen Gestaltungskonzept. Außerdem geben Thumbnails Orientierung. Sicher profitiert EDEKA auch durch die Multi-Kanal-Strategie und den bei yumtamtam gemachten Erfahrungen. Hornbach hat sehr guten How-to-Content, aussagekräftige Thumbnails mit erkennbarem Absender und gut strukturierte Playlisten. BVG hat einfach sehr guten Hero-Content. Wir verstehen darunter sehr aufwendig produzierten Content, der zu besonderen Anlässen gespielt wird. Da geht aber meiner Meinung nach noch etwas mehr bei der Kanalpflege.
Gibt es etwas, das andere Marken daraus lernen können?
Grundsätzlich empfehle ich allen Marken, die auf YouTube aktiv sind, sich nach den Empfehlungen aus dem "YouTube-Leitfaden für kreative Videowerbung" zu richten. Zunächst sollte man sich über das Ziel des Kanals im Klaren sein. Hat man ein darauf abgestimmtes Konzept definiert, gilt es, die Basics zu beherrschen. Dazu gehören Dinge wie Metadaten (Titel, Beschreibungen, Tags), gute, gebrandete Thumbnails und interaktive Features wie Endscreen, CTA-Overlays und Shopping Cards. Wichtig: Regelmäßiges Veröffentlichen von Videos ist besser als einmalig zehn Videos hochzuladen – das hilft vor allem auch, eine Community aufzubauen. Der Kanal yumtamtam beispielsweise macht da einen sehr guten Job.
Was auffällt: EDEKA und Hornbach haben viel How-to-Content auf ihre Kanälen. Kann das ein Erfolgsrezept sein?
How-to-Content bekommt in der Tat die meiste Aufmerksamkeit der Zuschauer. Und damit liegt diese Content-Kategorie noch vor Gaming und Musik Content. Dies bestätigt eine aktuelle Studie, die wir zusammen mit Ipsos veröffentlicht haben. Zuschauer haben dabei ein direktes Bedürfnis, etwas zu erfahren. Können Marken sich also ganz einfach auf diesem Feld behaupten? Ganz so leicht ist es nicht. Drei Dinge gilt es zu beachten: Erstens differenzieren Sie sich vom Wettbewerb, zweitens "done is better than perfect" und drittens gehen Sie auf Ihre Community ein, denn das sind Ihre größten Fans. Wenn Sie diese drei Punkte beachten, haben Sie die Grundlage für erfolgreichen How-to-Content gelegt.
Der Kanal der Berliner Verkehrsbetriebe punktet hingegen mit einem bunten Potpourri an Inhalten. Was macht ihren Content so außergewöhnlich?
Die BVG versteht es wie nur wenig andere Marken, die Zuschauer gut zu unterhalten. Sie werden Ernst genommen. Da paart sich das Gespür für die Zielgruppe mit dem Sinn für Perlen der Popkultur. Und das wird dann auch mit hoher Sehdauer belohnt. Die BVG macht zusammen mit der Kreativagentur Jung von Matt einfach einen sehr guten Job.
Was sollten Marken bei der Gestaltung ihres Brand Channels berücksichtigen, um nächstes Mal ebenso als "Best Brand Channel" nominiert zu werden?
Marken sollten zunächst einmal YouTube ernst nehmen. 45 Millionen Menschen aus Deutschland halten sich dort monatlich auf und wollen Videos ansehen.
Dann sollten Marken ein Ziel für sich definieren, was ihr YouTube-Kanal im Rahmen des Marketing-Mix leisten soll. Daraus leitet sich ein Konzept ab. Anfangen können Marken zum Beispiel damit, Antworten zu liefern auf die Suchanfragen der Menschen ‒ Antworten, die im Kompetenzfeld der Marke liegen. Wir nennen das "Help Content". Dazu gehört es, den Kanal richtig zu pflegen. Im "YouTube-Leitfaden für kreative Videowerbung" geben wir detailliert Auskunft darüber; das geht von der Gestaltung der Thumbnails bis hin zu den Tags, die gesetzt werden sollten. Es liegt alles vor, man muss es nur noch anwenden.
Alle Marken sind auch für ihre außergewöhnlichen Online-Werbevideos bekannt, zum Beispiel Die (gar nicht mal so traurige) Geschichte von Neurundland von EDEKA, Schwitz es raus. von Hornbach oder Ohne Uns des BVG. Aus deiner kreativen Sicht: Warum kommen diese Werbevideos so gut beim Publikum an?
Wir Menschen lieben gute Geschichten. Wenn Marken wie Hornbach, EDEKA und BVG mich gut unterhalten, dann bekommen sie auch meine volle Aufmerksamkeit. Menschen haben nichts gegen Werbung, Menschen haben etwas gegen schlechte Werbung. Alle diese Online-Werbevideos vereint übrigens, dass sie länger als 30 Sekunden sind. Für Zuschauer gilt: Es gibt nicht "zu lang", es gibt nur "zu langweilig".
Worauf sollten Marken im Bereich Storytelling besonders achten?
Sie sollten von Beginn an für den kleinen Screen konzipieren. 5 Zoll statt 55 Zoll ist das neue Maß der Dinge. Wenn es auf wichtige Details ankommt, dann muss ich sicherstellen, dass diese auch auf dem kleinen Screen erkannt werden. Von einem Splitscreen würde ich zum Beispiel grundsätzlich abraten. Dann wird alles noch kleinteiliger. Aber noch viel wichtiger ist, dass ich einen anderen Erzählbogen anwenden sollte: Der neue Erzählbogen gleicht eher einer Herzschlagkurve als einer Normalverteilung. Der Zuschauer wird dadurch stärker in die Geschichte hineingezogen, alles ist weniger vorhersehbar.
Wo liegt das besondere Potential von Online-Werbung?
TV alleine leistet nicht so viel wie die Kombination aus TV- und Online-Video-Werbung. Das heißt: Werbetreibende steigern ihre Werbewirkung, wenn sie Online-Video im Marketing-Mix berücksichtigen. Das hat die Analyse eines der renommiertesten Werbewirkungsexperten weltweit ergeben. Les Binet hat 500 Kampagnen der vergangenen Jahre analysiert. Wurde TV-Werbung mit Online-Video-Werbung kombiniert, so steigerte das den Geschäftserfolg bei den analysierten Kampagnen um 54 Prozent. TV-Werbung alleine kam “nur” auf 32 Prozent. Das liegt sicher daran, dass Marken mit Online-Werbung ihre Reichweite steigern: Sie erreichen auch Zuschauer, die wenig fernsehen oder gar keinen Fernseher mehr haben ‒ wie ich zum Beispiel. Grundsätzlich gilt: Von allen Werbeformen emotionalisiert uns Menschen nichts so stark wie Bewegtbildwerbung. Wenn jetzt zunehmend mehr Menschen online Bewegtbildinhalte schauen, dann sollte ich dem als Marke auch Rechnung tragen.
Hast du zum Abschluss noch drei Tipps, wie Marken kreativ ansprechende Online-Werbevideos machen können, die vom Publikum gerne angesehen werden?
Unsere Aufmerksamkeit ist ein Muskel, den wir trainieren. Wir entscheiden heute viel schneller, worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Marken müssen anerkennen, dass sie um die Aufmerksamkeit der Zuschauer mit jeder anderen Art von Content im Wettbewerb stehen. Wie muss Werbung gestaltet sein, wenn sie zunächst die Aufmerksamkeit der Zuschauer verdienen muss, bevor sie zum Kauf eines Produktes oder Services überzeugen kann? Das zu Punkt eins.
Zweitens sollten Marken stärker auf ihre Kreativagenturen hören. Das sind großartige Geschichtenerzähler mit untrüglichem Gespür für die Zielgruppe. Zu oft wird den Kreativen viel zu wenig Freiraum gelassen, oft schneidet sich die Marke damit ins eigene Fleisch.
Drittens: Marken und Kreative sollten Daten aus YouTube Analytics, Google Ads und aus Brand Lift Surveys nutzen, um ein größeres Verständnis dafür zu entwickeln, was bei ihrer Zielgruppe ankommt und wirkt. Das sind verhaltens- und umfragebasierte Daten in Echtzeit. Nirgendwo sonst bekommen Werbetreibende so direktes Feedback zur Wirkung ihrer Kampagne.