"Wenn Reichweite gefragt ist, sind TV-Spots das Mittel der Wahl", so die allgemein vorherrschende Meinung bei Branding-Werbetreibenden. Wahrscheinlich haben Sie bisher ähnlich gedacht. Auf mich trifft das jedenfalls zu.
Dementsprechend haben die meisten von uns bei der Planung von Kampagnen auch hauptsächlich die TV-Werbung im Kopf: den Großteil des Mediabudgets erst einmal in TV-Spots investieren, um Interesse zu wecken, und später digitale Kanäle einbinden, um so die Reichweite und Frequenz zu erhöhen. Doch Zielgruppen nutzen zunehmend digitale Medien. Deswegen ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem wir umdenken und unsere digitale Strategie einmal genauer unter die Lupe nehmen sollten.
Ist ein TV-orientierter Ansatz noch zeitgemäß?
Mein Team bei Google Media Lab, das für die Mediastrategie aller Werbekampagnen von Google verantwortlich ist, stellt diesen TV-orientierten Ansatz schon länger infrage. Wir haben unser Konzept daher ganz neu aufgezogen und stellen bei der Planung jetzt die digitalen Kanäle in den Mittelpunkt. Wieso? Wenn wir Zielgruppen erreichen möchten, die wichtig für uns sind, müssen wir dieselben Plattformen nutzen wie sie. Und das bedeutet mehr und mehr, bei Onlinevideos eine starke Präsenz zu zeigen.
Sie möchten wahrscheinlich wissen, ob das funktioniert. Unseren Tests zufolge schon: Mit digitalen Videos erzielen wir über denselben Zeitraum ebenso schnell die gewünschte Reichweite wie mit TV-Spots – bei vergleichbaren Ergebnissen. Sehen wir uns doch einmal das folgende Beispiel an.
Digitalorientierte Werbestrategie für die Markteinführung eines wichtigen Produkts
Ende letzten Jahres, mitten im Weihnachtsgeschäft mit ehrgeizigen Verkaufszielen, haben wir im Rahmen der Markteinführung des Google Pixel 3 gemeinsam mit unserem Marketingteam für Hardware die Reichweiten von digitalen Videos und Fernsehen miteinander verglichen.
Der Test dauerte zwei Wochen und war einfach. In der ersten Woche liefen die Spots ausschließlich im nationalen US-Fernsehen. Auf YouTube schalteten wir in dieser Zeit keine Anzeigen. In der zweiten Woche machten wir es genau umgekehrt: keine TV-Werbung, stattdessen nur YouTube-Anzeigen. Wir vermuteten, dass wir innerhalb einer Woche über YouTube in den USA genauso viele Target Rating Points (TRP) erzielen konnten wie mit TV-Werbung – und zwar bei einer vergleichbaren Reichweite mit ähnlichen Ergebnissen. Über beide Kanäle wollten wir Erwachsene im Alter von 18 bis 49 Jahren ansprechen. Für die Messung der Reichweite nutzten wir bei der TV-Werbung Nielsen TV Ratings und für YouTube Nielsen Digital Ad Ratings.
Die Testergebnisse bestätigten unsere Vermutung. YouTube schnitt in einer Woche besser ab als die TV-Werbung und zeichnete sich durch verschiedene Vorteile aus. So wurden beispielsweise mehr junge Erwachsene zwischen 18 und 29 Jahren erreicht.1 Außerdem ermittelte Nielsen, dass die Unique Reach von YouTube bei Zielgruppen von 18- bis 29-Jährigen 36 Prozent höher war als beim Fernsehen2 und dass über die Videoplattform ein durchschnittlich fünf Jahre jüngeres Publikum angesprochen wurde.3
Ihr Einstieg in die digitalorientierte Werbung
Waren diese Ergebnisse ein Glückstreffer? Danach sieht es nicht aus. Wir haben die Tests bei mehreren Kampagnen mit nicht überspringbaren 15-Sekunden-Anzeigen sowie Google Preferred-Anzeigeninventar wiederholt und dabei ähnliche Ergebnisse erzielt. Mittlerweile testen und verfeinern wir unsere Strategie weiter. Durch die Analysen können wir beispielsweise herausfinden, mit welcher Kombination digitaler Videoformate die größte Reichweite erzielt wird und welche Anzeigenvariationen im Mix enthalten sein sollten.
Falls wir mit unseren Erfahrungsberichten Ihr Interesse geweckt haben und Sie Ihr Marketing auch auf digitale Medien ausrichten möchten, hier ein Tipp von mir: Gehen Sie zum Einstieg kein allzu großes Risiko ein. Bleibt zum Beispiel an einem bestimmten Tag in der Woche, in einer Woche im Jahr oder bei einem Kampagnentyp der Erfolg trotz Mediapräsenz aus? Dann pausieren Sie doch einfach einmal die TV-Werbung dafür und investieren Sie das Budget stattdessen in ein digitales Video. Anschließend können Sie Ihre Strategie dann anhand der gewonnenen Erkenntnisse verfeinern.