Um herauszufinden, wie sich die Corona-Pandemie auf die Reaktionen der Verbraucher auswirkt, hat das Unskippable Lab von Google 1.500 Anzeigen analysiert, die zwischen März und April auf YouTube ausgespielt wurden. Die daraus gewonnenen ersten Erkenntnisse stellen Ihnen Ben Jones, Global Creative Director des Teams, sowie Dr. Michalina Seekamp, Lead des Unskippable Labs Deutschland, in diesem Artikel vor.
Seit einigen Monaten hat das Coronavirus unseren Alltag fest im Griff. Das wahre Ausmaß der Krise und die wirtschaftlichen Folgen treten dabei erst allmählich zutage. Die meisten Werbetreibenden fragen sich angesichts der herrschenden Unsicherheiten, ob und wie sie ihre Werbebotschaft gerade jetzt bestmöglich an Kunden herantragen können und welchen Ton sie dabei anschlagen sollen.
Um darauf eine Antwort zu finden, haben wir 1.500 der leistungsstärksten und -schwächsten Videoanzeigen unter die Lupe genommen, die im März und April dieses Jahres auf YouTube gezeigt wurden, und sie mit Spots aus dem Vorjahreszeitraum verglichen. Dazu haben wir die Performance anhand von vier Parametern zur Anzeigenwirkung auf die Markenbekanntheit (Brand Lift) bewertet: Werbeerinnerung, Kaufbereitschaft, Beliebtheit und Kaufabsicht.
Wenn man die Videoanzeigen betrachtet, die seit Beginn der Coronavirus-Pandemie am effektivsten waren, sind die Muster, die wir sehen, sehr lokal, d.h. von Land zu Land unterschiedlich und schwanken kurzfristig. Was an einem Ort in der einen Woche gut ankommt, wirkt in der nächsten Woche woanders völlig fehl am Platz. Beim Vergleich der Anzeigeneffektivität mit dem Vorjahr sind uns dann jedoch einige wichtige Dinge aufgefallen. Sie könnten hilfreich für Marketers und Kreativteams sein, die in dieser turbulenten Zeit gerade dabei sind, neue Kampagnen auf den Weg zu bringen.
Anzeigen zum Thema Coronavirus sind kein Muss
Im April gab es einen Anstieg an Anzeigen, die sich explizit oder implizit auf die Pandemie bezogen. Der Großteil der Videoanzeigen, die in diesem Zeitraum ausgespielt wurden, thematisierte die Krise jedoch kaum bis gar nicht. Tatsächlich waren in über 80 Prozent der untersuchten Anzeigen keine Veränderungen in Tonalität, Ausdruck oder Botschaft auszumachen. Das Coronavirus fand keine Erwähnung und die Produkte wurden auch weiterhin so präsentiert, als gäbe es keine Pandemien – beispielsweise wurden Verhaltensweisen gezeigt, die aktuell nicht möglich sind, wie Menschenansammlungen an öffentlichen Plätzen, unbeschwert und eng beieinanderstehend.
Wir konnten bei Anzeigen ohne Thematisierung des Virus keine nennenswerte Verschlechterung der Markenkennzahlen feststellen.
Werbeerinnerung, Kaufbereitschaft und ‑absicht sowie Beliebtheit konnten auch bei diesen Anzeigen weiter gesteigert werden. Die Grundlagen des Storytellings behalten also ihre Gültigkeit und vorhandenes Bildmaterial sowie bestehende Kampagnen erzielen weiterhin die gewünschte Wirkung, solange sie für die Zielgruppe nach wie vor relevant sind.
Gesteigerte Anzeigenerinnerung bei Videos zum Thema Coronavirus – andere Metriken blieben unverändert
Bei der ausschließlichen Betrachtung der Anzeigenerinnerung hatten 35 Prozent der leistungsstärksten YouTube-Anzeigen im April einen Bezug zum Coronavirus. Im März traf das lediglich auf fünf Prozent der Spots zu. Der Ton dieser Anzeigen während der zwei Monate variierte von eher bedrückt und emotional – häufig ging es dabei um Solidarität – bis hin zu praktisch und optimistisch. Letzteres war insbesondere bei der Bewerbung neuer Dienstleistungen oder Angebote mit Bezug auf die neue Situation zu beobachten.
An Anzeigen, die das Coronavirus thematisieren, erinnern sich die Nutzer zwar häufiger, die Kaufbereitschaft und Kaufabsicht sowie die Beliebtheit werden dadurch aber nicht gesteigert. Weshalb ist das so? Wahrscheinlich führt die derzeit hohe Relevanz des Themas zu einer stärkeren Erinnerung. Bei vielen Anzeigen wurde aber fast ausschließlich die Krise in den Mittelpunkt gerückt, ohne einen engen Zusammenhang mit der Marke herzustellen. Daher fühlen sich Verbraucher zwar stark von solchen Anzeigen angesprochen, Auswirkungen auf die Markenbekanntheit hatte dies aber kaum.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Videoanzeigen zu adaptieren oder sogar neu zu erstellen
Die meisten im März und April gelaufenen Videoanzeigen wurden vor dem Ausbruch der Pandemie produziert und wiesen die übliche hohe Qualität auf. Als es dann aber aufgrund der Einschränkungen wie Social Distancing und Kontaktverbote weniger Gestaltungsmöglichkeiten gab, griffen Werbetreibende häufiger auf User Generated Content oder mit dem Mobiltelefon gefilmte Inhalte zurück, statt neu zu produzieren. Auch Änderungen an Voiceovers und Grafiken waren zu beobachten.
Wenn Sie sich also gerade darüber Gedanken machen, wie es weitergeht: Sie müssen keine gänzlich neuen Video-Assets erstellen, um Ihre Markenwerte zu erhalten und gleichzeitig der aktuellen Situation Rechnung zu tragen. Kleine Anpassungen reichen aus, um bestehende Creatives in ein anderes Licht zu rücken.
Hier finden Sie einige Tipps und hilfreiche Youtube Tools, die Sie beim agilen Anpassen Ihrer Anzeige unterstützen.
Mit dem folgenden Diagramm können Sie zudem kurzerhand beurteilen, welche Produktionsoptionen und Kollaborationen jetzt sinnvoll sind.
In dieser Krise zeigen sich viele Unternehmen von ihrer besten Seite
Wir als Branche und als weltweite Community befinden uns in einer Situation, die wir so bisher nicht kannten. Wir stehen vor enormen Herausforderungen, die Unsicherheit zeigt sich in allen Bereichen. Allerdings bietet die Krise vielen Unternehmen auch die Chance, sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Wenden Sie sich an Ihre Kreativagentur und finden Sie gemeinsam heraus, welche Werte eng mit Ihrer Marke verknüpft sind, sie besonders machen, und verleihen Sie dem in Ihren Anzeigen Ausdruck.
Vielleicht bietet Ihnen diese Krise die Chance, in Ihr Brand Building zu investieren. Jetzt ist möglicherweise der passende Moment, andere Anzeigenformate, Strategien oder auch Kanäle zu testen – ganz gleich, in welchen Teilen des Marketing Funnels Ihr Unternehmen normalerweise aktiv ist. Es gilt, Möglichkeiten auszuloten und aus den Erfahrungen zu lernen.
Die Grundlagen behalten ihre Gültigkeit
Bisher haben sich Werbetreibende eher darauf konzentriert, ihre Unternehmensabläufe anzupassen, als ihre Kreativstrategie. Angesichts unserer Daten zur Anzeigeneffektivität erscheint das auch sinnvoll. Die Stimmung der Verbraucher und die Marktbedingungen schwanken derzeit schnell und häufig. Ihr Unternehmen profitiert jetzt vermutlich eher davon, wenn Sie sich auf die Grundlagen – also Produktpalette, Verfügbarkeit und Markenwert – konzentrieren, als eine abrupte Kursänderung der Kreativstrategie vorzunehmen.