Um am Puls der Zeit zu bleiben, müssen sich Unternehmen mit der Gegenwartskultur auseinandersetzen. Und dafür ist YouTube genau der richtige Ort. Als Trendanalyst des Portals identifiziert Earnest Pettie Videos, die das Interesse der Zuschauer wecken. In dieser ersten Ausgabe von "Aktuelle YouTube-Trends" zeigt er anhand von drei Beispielen, welche Arten von Videos angesagt sind – und was sie über uns verraten.
Eine ähnliche Fassung dieses Artikel ist bereits bei Adweek erschienen.
1. Mobiles Wohnen
YouTube-Videos zum Thema "Mobiles Wohnen" sind in. Wir möchten wissen, was hinter diesem Trend steckt und was wir daraus lernen können. Das mobile Wohnen ist eine Variante der Tiny-House-Bewegung und folgt damit dem Trend des Minimalismus.
Aufwärtstrend bei Videos zum Thema "Mobiles Wohnen"
Es gibt momentan knapp 1.200 YouTube-Kanäle mit einer Beschreibung für "Wohnen auf Rädern", "mobiles Wohnen" oder "rollende Häuser". So hoch wie dieses Jahr war die Anzahl der Abonnements und Zuschauer in diesem Bereich noch nie.1
Wer steht im Schlaglicht?
Die meisten Abonnenten zum Thema "Mobiles Wohnen" hat der Kanal Exploring Alternatives – 448.000, um genau zu sein. Das Paar, das diesen YouTube-Kanal betreibt, ist 2012 aus einem Haus mit vier Schlafzimmern in ein Wohnmobil umgezogen, um ein einfacheres Leben zu führen. In ihren Videos begleiten die beiden Vorreiter andere bei ihrem Versuch, eine alternative, minimalistische Lebensweise zu führen.
Was wir aus diesen Videos lernen
Der Gedanke, dass Millennials rezessionsbedingt weniger Verdienstmöglichkeiten haben, wird viel diskutiert. Eine Folge ist zum Beispiel, dass sie sich kein Eigenheim leisten können. Ebenso wird immer wieder angesprochen, dass diese Generation mehr Wert auf Erfahrungen als auf Prestigegüter legt. Wer sich für einen minimalistischen Lebensstil entscheidet, vereint sozusagen diese beiden Aspekte unter einem Dach. Und mit den Videos über das Wohnen auf Rädern können sich Zuschauer den Traum des Minimalismus zumindest indirekt erfüllen.
2. Wenn YouTuber Schminktutorials befolgen
Wenn jemand versucht, einer Schminkanleitung zu folgen, geht es natürlich normalerweise darum, einen bestimmten Look zu perfektionieren. Aber wer braucht schon Perfektion, wenn der Versuch (und das Scheitern) an sich viel mehr Spaß macht? Mit insgesamt über 67 Millionen Videoaufrufen haben sich die Nachschminkversuche als erste große Beauty-Herausforderung des Jahres 2018 etabliert.2
So fing alles an
Im Januar lud Schönheitsguru Thomas Halbert ein Video hoch, in dem er versuchte, einer Schminkanleitung von Jeffree Star zu folgen. Hierbei kommentiert Halbert mit seinem trockenen Humor die komplizierten Anweisungen für My ex’s funeral look (Beerdigungslook meiner Ex). Zwei Wochen später präsentierte dann Gabbie Hanna ein Video, in dem sie die Beautytipps von NikkieTutorials umsetzte, wobei sie darauf hinwies, dass die Idee für diese Art der Herausforderung von Thomas Halbert stammte.
Seitdem wurden mehr als 2.100 Clips mit Nachschminkversuchen auf YouTube hochgeladen – und das nicht nur aus der Beauty-Community.3
Gründe für den Erfolg
Diese Videos sind zum Teil so beliebt, weil sie sich leicht nachmachen und auch in eine Persiflage umfunktionieren lassen. Sie sprechen damit nicht nur Schönheitsgurus, sondern auch YouTuber aus anderen Genres an. Diese Art der Herausforderung haben mittlerweile viele Lifestyle-Vlogger angenommen und Comedians machen sich immer wieder über die unglaublich komplizierten sogenannten Alltagslooks lustig, die so oft auf YouTube zu finden sind.
Ich denke nicht, dass dieser Trend nur deshalb anhält, weil sich die Clips so leicht nachmachen lassen. Es steckt ein tieferer Sinn dahinter: Die YouTuber halten den Schönheitsstandards buchstäblich einen Spiegel vor. In unserer Gesellschaft definiert sich Schönheit oft durch das unaufhörliche Streben nach Perfektion. Doch es spricht viel dafür, einfach mal einen neuen Look auszuprobieren, dabei kläglich zu scheitern und wie diese YouTuber über sich selbst zu lachen. Ähnlich wie Pinterest-Pannen etablieren sich diese Videos als die YouTube-Fails der Schminktutorials.
3. Speed-Cleaning-Videos
Aller Anfang ist schwer. Und genau da setzen die Speed-Cleaning-Videos mit Tipps für schnelles Aufräumen und Putzen an. Denn hier holen sich Zuschauer Anregungen, die sie zum Saubermachen motivieren.
Speed-Cleaning-Videos auf dem Vormarsch
Titel gibt es viele für diese Videos, von "Tipps für Ordnungsmuffel" und "Frühjahrsputz" bis hin zu "Putzen ganz einfach und schnell" oder "Zeit zum Entrümpeln". Doch das Format ist immer ähnlich: YouTuber filmen sich beim Aufräumen oder Saubermachen des Autos, Schreibtisches oder Kleiderschranks, der Wohnung oder der Hundehütte – und bringen Ordnung in ihre Kosmetika.
Allein in den letzten Monaten wurden 5.600 neue Putz- und Aufräumvideos hochgeladen, die mehr als 212 Millionen Aufrufe erzielt haben.4
Die Macher dieser Videos
Die beliebten Speed-Cleaning-Videos sind nicht nur auf Kanälen zu finden, die sich dem Thema Putzen oder Aufräumen verschrieben haben. Ganz im Gegenteil, die meisten dieser Clips werden dort hochgeladen, wo man sich eigentlich mit ganz anderen Themen beschäftigt. Die Kanäle, die mit ihren Videos zum Frühjahrsputz die meisten Zuschauer anziehen, präsentieren ansonsten eher Hauls und Rezensionen für Lifestyle- und Beautyfragen.
Was macht den Reiz aus?
Die Videos motivieren Zuschauer, loszulegen. Nicht ohne Grund belegen Studien, dass der erste Schritt oft der schwerste ist. Wer gesunde, produktive Gewohnheiten auf dem Bildschirm sieht, ist vielleicht eher motiviert, sie im eigenen Leben umzusetzen.
Aufräumen und Putzen sind lästige, einsame Tätigkeiten. Speed-Cleaning-Videos helfen den Zuschauern, sich beim Saubermachen nicht so allein zu fühlen. Und anders als Freunde lenken Videos nicht so schnell von den leidigen Aufgaben ab. Außerdem können sich Zuschauer an den Videos orientieren, um zu sehen, wie lange sie schon ihr Badezimmer putzen bzw. wie schnell sich die Küche aufräumen lässt, wenn man sich auf die Arbeit konzentriert.