Seit 2019 analysieren Alistair Rennie und Sian Davies die komplexe Phase zwischen Anreiz und Kauf bei Verbrauchern. Ihre letzte Studie macht deutlich, wie die Verhaltensforschung dazu beitragen kann, die Effektivität von Suchanzeigen zu erhöhen.
Verbraucher, die online kaufen, haben eine riesige Auswahl und können auf sehr viele Informationen zugreifen. Neueste Forschungen von Google zeigen, welche speziellen Strategien Werbetreibende in dieser komplexen Phase des Kaufprozesses anwenden können, um ihre Marke im passenden Moment am richtigen Ort mit einer optimalen Botschaft zu präsentieren und so potenzielle Kunden für sich zu gewinnen.
In unserer Studie zu Entscheidungsanalysen fanden wir heraus, was die Kaufüberlegungen von Verbrauchern beeinflusst. Diese Erkenntnisse haben wir jetzt auf Suchanzeigen angewendet. 12.000 potenziellen Käufern wurden 96.000 Simulationen für 12 Produkte präsentiert, um zu sehen, wodurch manche Anzeigen auf der Suchergebnisseite mehr auffallen als andere.1
In der Suche präsent sein
Die neue Studie hat unsere ursprünglichen Erkenntnisse noch einmal bestätigt: Schon allein präsent zu sein, wenn potenzielle Kunden suchen, trägt dazu bei, sie für sich zu gewinnen. Auch wenn das offensichtlich erscheint, wollten wir die Auswirkungen genau analysieren. Hierzu haben wir die Suchergebnisse simuliert und dabei identische Anzeigentexte für die am stärksten und die am zweitstärksten favorisierte Marke der Käufer verwendet.
Der Effekt ist deutlich. Wenn die Teilnehmer unserer Studie zum Beispiel nach Feuchtigkeitscremes suchten, präsentierten wir ihnen in den Suchergebnissen ihr zweitliebstes Produkt. Damit erzielten wir sofort 31 % der Anzeigenklicks – und das, obwohl das Suchergebnis an dritter Stelle auf der Seite und unter dem der Lieblingsmarke erschienen war.
Schlussfolgerung: Ihr Produkt muss nicht ganz oben auf der Seite erscheinen, um bemerkt zu werden. Die Präsenz allein macht schon einen Unterschied.
Im Rahmen unserer Studie präsentierten wir den Verbrauchern 3 verschiedene Anzeigen auf einer originalgetreuen, aber simulierten Suchseite. Darin wurde jeweils für die am stärksten und die am zweitstärksten favorisierte Marke sowie für eine fiktive Marke derselben Produktkategorie geworben.
Beim Verfassen der Anzeigentexte wendeten wir die folgenden 5 Methoden aus der Verhaltensforschung an, um die Verbraucher von ihrer Lieblingsmarke abzubringen:
- Power of Free: Kostenlose Beigaben, Angebote und Gutscheine bei einem Kauf sind ein starker Motivator.
- Authority Bias: Unternehmen mit Marken, Produkten und Dienstleistungen, die von Experten und vertrauenswürdigen Quellen empfohlen werden, heben sich von ihren Mitbewerbern ab.
- Social Proof: Rezensionen, Empfehlungen und Hinweise zu beliebten Produkten in einer relevanten Referenzgruppe können sehr überzeugend sein.
- Framing: Wenn für ein Produkt ein neuer Kontext geschaffen wird, ändert sich unter Umständen auch die Einstellung der Verbraucher dazu. Dabei können z. B. Pluspunkte wie Bequemlichkeit oder Zeitersparnis hervorgehoben werden.
- Costly Signalling: Wenn eine Assoziation zu etwas Besonderem – wie etwa durch eine Anzeige beim Super Bowl – hergestellt wird, nehmen Verbraucher Produkte manchmal als hochwertiger wahr.
Wir änderten nacheinander die Anzeigentexte für die einzelnen Marken, um die Effektivität der verschiedenen Prinzipien zu testen. So gelang es uns, Verbraucher von ihrem Lieblingsprodukt abzubringen – in einigen Fällen sogar dann, wenn potenzielle Kunden das Alternativprodukt überhaupt nicht kennen konnten, weil es ein fiktives war.
Schlussfolgerung: Wenn sie intelligent und verantwortungsbewusst eingesetzt werden, können Methoden aus der Verhaltensforschung sehr effektiv sein, um in der komplexen Phase zwischen Anreiz und Kauf Kunden zu gewinnen und zu halten.
Prinzipien der Verhaltensforschung auf Anzeigentexte anwenden
Mithilfe von mindestens einem der Prinzipien ließ sich die Markenpräferenz umlenken. Die besten Ergebnisse erzielten wir aber, wenn wir die jeweils effektivsten Methoden bei der am zweitstärksten favorisierten und der fiktiven Marke einsetzten. Hier ein Beispiel:
Vielen Werbetreibenden sind Konzepte wie „Social Proof“ wahrscheinlich geläufig. Wir haben aber auch weniger bekannte Methoden getestet, wie z. B. den Pratfall-Effekt. Dabei handelt es sich um ein Framing-Prinzip. Nach dem Motto „Irren ist menschlich“ wird eine Marke mit kleinen Fehlern präsentiert, um ihre Beliebtheit zu erhöhen. Wir heben dabei absichtlich eine scheinbare Schwäche hervor, um auf einen Pluspunkt aufmerksam zu machen.
Im simulierten Anzeigentext bezeichneten wir die Hotelzimmer als gemütlich – ein Adjektiv, das man im Zusammenhang mit Hotels eher mit kleinen Räumlichkeiten verbindet. In der Anzeige wurde außerdem hervorgehoben, dass die Gäste wahrscheinlich sowieso nicht viel Zeit in ihrem Zimmer verbringen werden, weil die Gegend so viel zu bieten hat. Eine scheinbare Schwäche, nämlich das kleine Zimmer, wurde so als Vorteil dargestellt. Ihnen ist dieser Effekt wahrscheinlich auch schon bei echter Werbung begegnet. In Videoanzeigen von Guinness wird beispielsweise gezeigt, dass das Zapfen des Biers eine Weile dauert – um damit indirekt zu betonen, dass sich das Warten lohnt.
Sie können zwar alle erwähnten Methoden auf die Anzeigentexte anwenden, meistens wird eine Verhaltensänderung beim Verbraucher aber nur durch einige davon ausgelöst. Durch Automation haben Sie die Möglichkeit, kreative Anzeigentexte zu verfassen und dann systematisch zu testen, mit welchen Änderungen Sie den größten Effekt für Ihre Marke und Ihr Produkt erzielen.
Schlussfolgerung: Auch wenn Ihre Anzeige nicht ganz oben auf der Suchergebnisseite erscheint oder Ihre Marke noch unbekannt ist, können Sie in der Phase zwischen Anreiz und Kauf durch geschickt formulierte Werbetexte die Oberhand gewinnen.
Was bedeutet das für etablierte und neue Marken?
Für etablierte Marken wird durch die Studie klar, wie wichtig Branding-Investitionen und Präsenz in der Suche sind. Neulingen auf dem Markt zeigt sie, dass durchaus die Chance besteht, sich gegen Mitbewerber durchzusetzen, wenn Methoden aus der Verhaltensforschung in Suchanzeigen angewendet werden. Die Position auf der Suchergebnisseite hat zwar einen großen Einfluss auf die Leistung, aber auch durch optimal formulierte Anzeigentexte lässt sich der ROI verbessern.
Entscheidend ist, potenzielle Kunden in der Phase zwischen Anreiz und Kauf zu erreichen. Daher sollten Sie die Möglichkeiten nutzen, die Suchkampagnen Ihnen bieten – ganz gleich, ob Sie am Markt etabliert oder Neuling sind oder ob Ihre Anzeigen weit oben auf der Seite erscheinen oder nicht. Wenn Sie automatisierte Lösungen wie dynamische Suchanzeigen mit Methoden aus der Verhaltensforschung kombinieren, lassen sich die Herausforderungen komplexer Kaufprozesse effizient meistern. Wir konnten in den Simulationen keine Anzeigenerweiterungen testen. Es ist aber wahrscheinlich, dass sich der Effekt durch Sitelinks, Zusatzinformationen oder Snippets noch verstärken lässt.
Noch ein letzter Tipp: Testen Sie. Viele sehen die digitale Transformation als große Herausforderung. Doch eigentlich ist sie nur eine enorme Chance, die es zu ergreifen gilt. Jedes Unternehmen kann heute entsprechende Änderungen vornehmen. Der Schlüssel zum Erfolg ist, kreativ zu sein. Also holen Sie Ihre Teams ins Boot, nutzen Sie die verfügbaren Tools und wenden Sie die Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung kreativ an – dann stellen sich auch die gewünschten Ergebnisse ein.