Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Google-Suche sprechen wir in unserer Serie "Die Geschichte des Suchmaschinenmarketings" mit führenden Köpfen der Branche. Ihre privaten und beruflichen Erfahrungen zeigen die Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte und geben einen Ausblick auf die Zukunft.
Unsere heutigen Interviewpartner repräsentieren sozusagen zwei Generationen in der Geschichte des Suchmaschinenmarketings: Jim Brigden ist Executive Chairman der PPC-Agentur Brainlabs und sieht sich selbst als "Paten" der Branche. Er gehört zu den Männern der ersten Stunde außerhalb der USA. Dan Gilbert, der CEO des Unternehmens, bezeichnet sich zu Recht als "PPC-Superheld", wurde er doch 2018 von der Werbeagentur PPC Hero als "Most Influential PPC Expert in the World" ausgezeichnet.
Können Sie sich an Ihre ersten Erfahrungen mit Suchmaschinen erinnern?
Jim: 1998 habe ich eine Website erstellt, um online Stockfotos zu verkaufen. Dabei kam mir die Idee, dass wir versuchen sollten, über E-Commerce Traffic zu erzielen. Also habe ich uns bei Suchmaschinen registriert und angefangen, Klicks zu kaufen. Es war wie eine Sucht – jeder Klick zählte.
Dan: Ich glaube, meine allererste Suchanfrage lautete "was ist das internet?". Ein Freund hatte mir erzählt, dass Suchmaschinen der neueste Trend sind. Ich wusste aber gar nicht, was das ist, und habe deshalb einfach mal eine aufgerufen.
Wonach haben Sie damals gesucht?
Dan: Ich war ein Teenager – das möchten Sie lieber nicht wissen…
Jim: Ich habe nach allem gesucht, was mich interessierte. Das ist eigentlich auch heute noch so.
"Früher musste man fast Programmierer sein, um Suchmaschinen nutzen zu können. Das ist jetzt nicht mehr so."
─ Dan Gilbert, CEO von Brainlabs
Was ist heute anders, wenn Sie Suchmaschinen privat oder beruflich nutzen?
Jim: Viele Unternehmen haben früher WAP-fähige Websites erstellt. Das war eine Zumutung für die Nutzer. Als Handheld-Computer auf den Markt kamen, hat sich das grundlegend geändert. Heute verwende ich meinen Laptop kaum noch, um nach etwas zu suchen. Das gilt – glaube ich – für viele Nutzer.
Dan: Ich sehe mir die Anzeigen über den organischen Suchergebnissen an. Früher habe ich Werbung bewusst vermieden. Jetzt finde ich, dass sie abhängig von den Suchanfragen bis hin zu den Daten, die verschiedene Unternehmen über einen haben, sehr ortsbezogene und relevante Informationen liefert.
Was sind Ihrer Meinung nach die größten Veränderungen im letzten Jahr gewesen?
Jim: Alle Kunden wissen mittlerweile, wie Suchmaschinen funktionieren und wie wichtig sie für ihre Unternehmen sind. Vielleicht sind ihnen nicht immer sämtliche Tools und Tricks bekannt, aber alle können gut von schlecht unterscheiden.
Dan: Heute erwarten Nutzer, dass sie finden, wonach sie suchen. Früher musste man fast Programmierer sein, um Suchmaschinen nutzen zu können. Das ist jetzt nicht mehr so.
Wie sieht Ihrer Meinung nach die größte Neuentwicklung in den nächsten drei Jahren aus?
Dan: Ich glaube, die Zukunft gehört Assistenten. Es ist erstaunlich, wie sich Ergebnisse mit Google Assistant individuell anpassen lassen. Bisher gibt es eigentlich keine echte personalisierte Suche, also Suchmaschinen, bei denen Nutzer und ihre spezifischen Anforderungen berücksichtigt werden. Ich denke, die Entwicklung in den nächsten Jahren geht in diese Richtung.
Wie erklären Sie Freunden, was Agenturen für Suchmaschinenmarketing eigentlich machen?
Jim: Eine Agentur übernimmt Aufgaben, die ein Kunde nicht selbst erledigen kann. Sie sorgt dafür, dass Unternehmen in Suchmaschinen aufgenommen werden, und fördert die Geschäftsleistung.
Dan: Meine Freunde wissen alle, was Suchmaschinen sind und wie sie funktionieren. Außer vielleicht meine Oma. Ihr erzähle ich, dass ich das Internet erfunden habe.
Haben Sie schon einmal bei einem Pubquiz mit der Google-Suche geschummelt?
Jim: Natürlich nicht. Mein Team gewinnt jedes Jahr das "Parent's Association Pub Quiz" und beantwortet immer alle Fragen richtig. Wieso sollte ich da schummeln?
Dan: Ja, habe ich.
Was sind die Vor- und Nachteile von Suchmaschinen für normale Nutzer?
Dan: Mir fallen keine Nachteile ein. Allerdings glaube ich nicht an dieses "Du denkst gar nicht mehr nach"-Ding. Man muss seine grauen Zellen nur anders nutzen.
Jim: Ganz meine Meinung. Allerdings müssen wir aufpassen: Wenn jemand das Suchsystem missbraucht, könnten Websites mit falschen Fakten auftauchen und Informationen verfälschen. Die Quellen müssen überprüft werden. Google ist bewusst, dass sich Nutzer bei irrelevanten oder ungenauen Ergebnissen sowie bei schlechter Leistung abwenden würden. Deshalb wird bereits jetzt viel Wert auf den Wahrheitsgehalt in der Google-Suche gelegt. Ein Vorteil ist natürlich, dass Nutzern alle Informationen der Welt zur Verfügung stehen und sie diese sehr schnell abrufen können.
"Eine Agentur übernimmt Aufgaben, die ein Kunde nicht selbst erledigen kann. Sie sorgt dafür, dass Unternehmen in Suchmaschinen aufgenommen werden, und fördert die Geschäftsleistung."
─ Jim Brigden, Executive Chairman von Brainlabs
Können Sie uns einen erstaunlichen Fakt nennen, den Sie über die Google-Suche gefunden haben?
Dan: Ich weiß die genauen Zahlen nicht mehr, aber es war irgendetwas wie "Nachdem man von zu Hause ausgezogen ist, hat man bereits 95 Prozent seiner Zeit mit den Eltern verbracht". Da habe ich direkt meine Mutter angerufen und ihr gesagt, dass ich sie liebe.
Jim: Die aktuelle Einwohnerzahl von London entspricht der von 1939. Gleichzeitig hat sie sich seit meiner Zeit an der Universität in den späten 80er-Jahren verdoppelt.
Okay, jetzt mal Butter bei die Fische: Nach welchen fünf Infos haben Sie zuletzt gesucht?
Dan: Das ist vertraulich.
Jim: Ich habe die Einwohnerzahlen Londons aufgerufen. Außerdem habe ich die Suchergebnisse einiger meiner Kunden geprüft, mir einen Golfplatz angesehen, den ich vielleicht ausprobieren möchte, und Fußballergebnisse gecheckt. Leider musste ich dabei feststellen, dass Arsenal zum ersten Mal seit vielen Jahren vor den Spurs in der Tabelle steht.
Wie würde Ihr Leben ohne Suchmaschinen aussehen – privat und beruflich?
Dan: Ich wäre sehr einsam.
Jim: Ich gehöre zu den Gründern der Suchmaschinenwerbung in Großbritannien und könnte mir ein Leben ohne gar nicht vorstellen. Sie ist einfach ein Teil von mir.