Vermarktern passiert es schnell, dass sie die Onlinesuche nur auf Metriken und Daten reduzieren, ohne ihren tatsächlichen Einfluss auf die Menschen zu berücksichtigen. Tatsache ist, dass die Onlinesuche die Art und Weise, wie wir Informationen suchen und verwenden, grundlegend neu definiert hat. Sie ist mittlerweile so relevant und wichtig geworden, dass die Frage aufkommt, ob Nutzer heute noch ohne sie leben können. Um das herauszufinden, haben wir ein wenig recherchiert und mit einer Reihe von Experten gesprochen. Unsere Erkenntnisse bringen die tiefere Bedeutung der Suche im Leben der Menschen ans Licht, sowie ihre wichtige, strategische Rolle für Markenunternehmen, die mit diesen Menschen in Kontakt treten wollen.
Könnten Sie drei Tage ohne Onlinesuche auskommen?
Diese scheinbar einfache Herausforderung stand im Mittelpunkt der Studie, die wir mit einigen gewöhnlichen Nutzern der Onlinesuche durchgeführt haben. Die Idee kam uns bei Gesprächen mit digitalen Anthropologen, Verhaltenspsychologen und Produzenten digitaler Inhalte. Insbesondere die folgende Aussage von Dr. Alice Marwick brachte uns zum Nachdenken:
„Ich habe fast das Gefühl, dass die Onlinesuche genauso wichtig geworden ist wie Wasser oder Sauerstoff. Die Leute brauchen sie, sie können ohne sie nicht überleben, dennoch wird sie in den meisten Fällen für selbstverständlich gehalten oder die Leute erkennen nicht, wie wichtig sie ist, bis sie nicht mehr verfügbar ist.“
Stimmt das? Wenn ja, warum?
Um das herauszufinden, starteten wir ein ethnografisches Forschungsprojekt, bei dem 18 Suchmaschinennutzer in den USA dokumentierten, wann, wie und warum sie in ihrem normalen Tagesablauf die Suche benutzten. Wir baten auch einige, die Onlinesuche drei Tage lang überhaupt nicht zu verwenden und uns mitzuteilen, wie das für sie war.
Noch interessanter als die Frage, was geschah, ist die Frage, warum es geschah. Was steht hinter dem Verhalten, das wir dokumentiert haben? Auf diese Frage und die damit verbundenen tief greifenden Auswirkungen für Vermarkter möchten wir in diesem Artikel näher eingehen.
Warum wir online suchen
Auf Google werden jeden Monat 100 Mrd. Onlinesuchanfragen eingegeben. Deshalb wissen wir einiges darüber, was Leute tun, wenn sie online suchen, und wo, wann und wie sie suchen. Viele dieser Informationen stellen wir für die allgemeine Öffentlichkeit auf unserer Google Trends-Website, der Databoard-Website mit diversen Studien und in unseren jährlichen Zeitgeist-Berichten zur Verfügung. Diese wertvollen Daten zeigen die Nutzertrends auf der Makroebene.
Aber das Was, Wo und Wann der Onlinesuche ist noch nicht alles. Um die volle Leistungsfähigkeit und das Potenzial der Onlinesuche zu erkennen, muss man die Frage Warumbeantworten. Diese Studie konzentrierte sich genau darauf. Außerdem ging es darum, herauszufinden, welche Motivation hinter der Onlinesuche steckt.
Wir fanden heraus, dass die Onlinesuche aus den verschiedensten Gründen verwendet wird – für praktische Fragen, genauso wie für philosophische Sinnfragen
Wir fanden heraus, dass die Onlinesuche aus den verschiedensten Gründen verwendet wird – für praktische Fragen („Wo kann ich diese Schuhe kaufen?“), genauso wie für philosophische Sinnfragen („Wer will ich sein?“). Insgesamt ließen sich die Gründe in sechs grundlegende Kategorien einteilen. Jede Kategorie umfasst ein Grundbedürfnis des Menschen, bei dem die Onlinesuche weiterhelfen kann:
Machen: Nutzer suchen nach Informationen, um ein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Dies ist die grundlegende Funktion der Onlinesuche. Beispiele: die Suche nach dem nächstgelegenen Baumarkt, dem besten Preis für ein Fernsehgerät oder einem Video wie man einen kaputten Reifen wechselt.
Verstehen: Nutzer suchen nach Informationen, um mehr über ein bestimmtes Thema zu erfahren. Das bedeutet nicht unbedingt, dass sie aufgrund der neuen Kenntnisse sofort handeln. Beispiele: die Suche, um zu verstehen, was Sodbrennen auslöst, wie man ein Haustier trainiert oder wie der Hauskauf funktioniert.
Dazugehören: Die Onlinesuche erfüllt das Bedürfnis, Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen. Beispiele: die Suche nach alten Schulfreunden oder Menschen, die an der gleichen Krankheit leiden.
Erfahren: Nutzer suchen während einer Erfahrung nach mehr Informationen darüber. Im Mobilbereich sind diese Suchanfragen besonders häufig. Beispiele: die Suche nach einem Künstler während eines Konzerts, oder nach einem Filmtrailer während der Oscar-Verleihung.
Sich weiterentwickeln:Nutzer suchen nach Informationen, um ihr Bedürfnis nach ständiger persönlicher Weiterentwicklung zu erfüllen und sich damit dauerhaft emotional zu belohnen. Beispiele: wiederholte Suche nach Tipps für ein gesünderes Leben, z. B. durch bessere Ernährung, mehr Sport oder Stressbewältigung.
Sich selbst entdecken: Nutzer suchen nach Informationen, um ihre eigene Identität zu finden und zu stärken. Dies ist etwas abstrakt und steht nicht unbedingt im Vordergrund, aber die Identitätsfindung ist ein wirkungsvolles, emotionales Nebenprodukt der Suche. Beispiel: Ein Nutzer sagte uns: „Google kennt mein WAHRES ICH! Es ist ein echtes Spiegelbild dessen, wer ich bin ... Ich gebe Google Informationen, die niemand anderer weiß. Ganz ehrlich, Google kennt mich wahrscheinlich besser als ich mich selbst.“
Von der Information zur Selbstverwirklichung
Wenn man bedenkt, welch vielfältige Bedürfnisse die Onlinesuche erfüllt, ist es offensichtlich, dass sie ein wichtiger Bestandteil unseres täglichen Lebens ist. Aber warum? Wie ist das passiert?
Zum einen hat die Onlinesuche völlig verändert, wie wir nach Informationen suchen und sie verwenden. Bevor uns die heutige moderne Onlinesuchtechnologie zur Verfügung stand, war es sehr umständlich, nach Informationen zu suchen. Man musste zum Beispiel auf Gelbe Seiten, Lexika oder Bibliotheken zurückgreifen. Heute können wir auf den diversen Geräten jederzeit eine Verbindung zum Internet herstellen, was die Suche nach Informationen deutlich schneller und einfacher macht. Wir tippen einmal kurz auf den Bildschirm – und schon stehen uns alle Informationen der Welt zur Verfügung, jederzeit, wann immer wir sie brauchen. Wir müssen nicht mehr mühsam Informationen sammeln und auswendig lernen, sondern können direkt nach Informationen suchen und sie sofort verarbeiten und anwenden.
Auch der Verhaltenspsychologe Dr. Brett Kennedy stellt dies heraus:
„Seit unserer frühesten Existenz [sind] wir Menschen ständig auf der Suche nach Antworten und versuchen, uns selbst zu finden. Die Internetsuche hat diesen Prozess perfektioniert und macht für uns alle alles zugänglich – egal, ob Informationen, Produkte oder Beziehungen zu anderen Menschen.“
Und wie Suchmaschinennutzer Eduardo P. es formuliert, fügt dieser Zugang zu Informationen dem Leben einen echten Mehrwert und mehr Effizienz hinzu:
„Die Onlinesuche ist eine gute Möglichkeit, um in einer kürzeren Zeit mehr zu machen. Man findet sofort, was man braucht. Sie hilft dabei, Dinge besser zu verstehen, Informationen besser zu suchen und bessere Entscheidungen darüber zu treffen, wo man einkauft oder isst. Sie ist eine echte Bereicherung.“
Dieser Paradigmenwechsel vom Sammeln von Informationen hin zur Informationsverarbeitung und -anwendung bedeutet, dass die Onlinesuche mehr als nur praktisch ist: Sie bewirkt eine Veränderung. Die eigentliche Arbeit findet in unseren Köpfen statt, wenn wir die Informationen mental verarbeiten. So erkennen wir, dass die Informationen relevant für uns sind und durch diese Relevanz erhalten sie Bedeutung. Dazu müssen wir vier Dinge tun:
- Den Kontext verstehen: Wie passt die Information in mein Leben?
- Verbindungen herstellen: Wie sind diese Informationen miteinander verknüpft und wie passen sie zusammen?
- Die Bedeutung verstehen: Was bedeutet diese Information?
- Die Möglichkeiten erkennen: Was kann ich mit der Information anfangen?
Todd S., ein weiterer Suchmaschinennutzer, gibt ein Beispiel, wie die Onlinesuche uns persönlich motivieren kann:
„Die Onlinesuche hilft uns große Träume zu träumen. Man kann sich die Karriere von Menschen ansehen, die einen beeinflussen, inspirieren und ein Vorbild sind. Sie hilft dabei uns vorzustellen, was wir mal sein wollen und wie das eigene Leben in 20 Jahren aussehen soll. Das motiviert."
Indem sie uns dabei hilft, in höheren Kategorien zu denken, ist die Onlinesuche nicht nur effizient, sie bestärkt uns auch in unseren Vorhaben. Wir können nach Informationen suchen, diese in Kenntnisse verwandeln und diese Kenntnisse wiederum nutzen, um mehr zu tun, mehr zu erleben und letztlich mehr zu sein. Oder, wie einer der Content-Designer von OKFocus sagte:
„Ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen als die Onlinesuche im Internet, um sich umzuschauen, Neues zu sehen, etwas zu erleben und sich selbst zu definieren.“
Mit anderen Worten: Wir wenden dieses Wissen an, um unsere Umwelt und uns selbst besser zu verstehen. Auf diesen Gedanken aufbauend erklärt OKFocus:
„Die Onlinesuche ist unser Zentrum für die Definition unserer Wahrnehmung.“
Die neue Rolle des Suchmaschinenmarketings
Heute konzentrieren sich die meisten Vermarkter bei der Onlinesuche auf den Aspekt des „Machens“. Sie zielen darauf ab, dass Nutzer möglichst schnell die bereitgestellten Informationen finden und daraufhin eine bestimmte Handlung ausführen – sei es ein Produkt zu kaufen, ein Restaurant zu besuchen oder eine Nummer anzurufen. Sicherlich ist die Onlinesuche hierfür perfekt geeignet, aber sie bietet noch weitaus größere Chancen.
Ihre Marke kann eine Beziehung zu Nutzern aufbauen, während diese nach Antworten auf ihre persönlichen Fragen oder nach Informationen zu ihren individuellen Interessen suchen. Denn Nutzer suchen nicht nur aus unterschiedlichen Gründen, sondern auch auf unterschiedliche Art und Weise. Dr. Marwick drückt es am besten aus:
„Ich denke, es gibt so viele Möglichkeiten, online zu suchen, wie es Menschen gibt, die suchen.“
Das bedeutet nicht, dass das Suchmaschinenmarketing unüberschaubar oder nicht zu bewältigen ist. Es bietet vielmehr eine effiziente Möglichkeit, viele Menschen auf relevante und sehr persönliche Weise zu erreichen. Sie können die richtige Botschaft zur richtigen Zeit liefern und Menschen in ihrem Alltag begleiten und unterstützen, anstatt eine generische Anzeige zu schalten und zu hoffen, dass man ihr Aufmerksamkeit schenkt.
Der Schlüssel für Marken ist, umfassender und strategischer über die Rolle der Onlinesuche nachzudenken. Folgende Fragen sollten Sie sich stellen:
Was sind die Grundbedürfnisse, die Ihre Marke im Leben der Menschen erfüllt oder erfüllen könnte?
Wenn Sie zum Beispiel Hypotheken verkaufen, helfen Sie dann Menschen dabei, den Hauskaufprozess zu verstehen, indem Sie z.B. einen Hypothekenrechner bereitstellen und diesen Menschen mehr nützliche Informationen an die Hand geben?
Sorgen Sie dafür, dass jene Nutzer, die ein Interesse an Ihrer Kategorie – oder an den wichtigsten Vorteilen Ihrer Kategorie – haben, Ihre Marke kennen und beim Kauf berücksichtigen?
Wenn Sie zum Beispiel ein gesundes Frühstücksmüsli vermarkten, begleiten Sie ihre Zielpersonen bei ihrer Suche nach Informationen über einen gesünderen Lebenstil?
Welches Markenimage und welche Positionierung vermitteln Sie über andere Medien, die Sie über das Suchmaschinenmarketing noch mehr verstärken könnten?
Wenn Sie zum Beispiel sehr viel in eine TV-/Print-Kampagne über die Sicherheit Ihres Autos investiert haben, kommunizieren Sie auch (konsequent) mit jenen Nutzern, die sich mittels der Onlinesuche über die sichersten Autos informieren möchten?
Bieten Sie Inhalte, die Online-Sucher wertvoll finden könnten? Oder sollten Sie welche bieten?
Stellen Sie zum Beispiel als Küchengerätemarke ab und zu Kochvideos zur Verfügung, mit denen Menschen ihre Kochkünste verbessern können?
Es kann schnell passieren, dass man sich in den technischen Aspekten und den Performancewerten der Onlinesuche - wie Algorithmen, Klickzahlen und Conversions - verliert. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es bei der Onlinesuche letztendlich um Menschen geht. Sie hilft ihnen, Informationen zu bekommen, diese in Wissen umzuwandeln und im Leben voranzukommen. Lauren M., eine unserer Suchmaschinennutzerinnen, fasst es treffend zusammen:
„Die Onlinesuche ist in meinem Alltag zur Routine geworden. Sie hilft mir bei grundlegenden alltäglichen Dingen und bei vielem mehr. Sie bringt Freude in meinen Alltag. Ich sehe Dinge, die ich noch nie gesehen habe. Sie öffnet mir die Augen. Das Internet hat so viel zu bieten und man kann so viel lernen. Es versetzt einen immer wieder in Staunen!“
Das bringt uns zurück zu unserer Ausgangsfrage: Könnten Sie drei Tage ohne Onlinesuche auskommen?
Die Antwort: Ja, das könnten Sie, aber warum sollten Sie?
Vorgehensweise Google erforschte in Zusammenarbeit mit dem globalen Forschungs- und Markenberatungsunternehmen Flamingo International die heutige Rolle der Onlinesuche im Leben der Nutzer, um Agenturen und Vermarktern zu helfen, Nutzer besser anzusprechen. Wir führten eine Reihe von persönlichen Interviews mit den digitalen Anthropologen Dr. Alice Marwick und Jed Brubaker, dem Verhaltenspsychologen Dr. Brett Kennedy sowie den digitalen Content-Designern Ryder Ripps und Jonathan Vingiano von OKFocus. Wir machten verschiedene Interviews und Tests mit 18 typischen Suchmaschinennutzern und baten sie, über ihr Suchverhalten und ihre Erfahrungen Buch zu führen, die Nutzung von mobilen Geräten im Laufe des Tages zu protokollieren und/oder im Rahmen des Experiments einige Zeit auf die Suche zu verzichten. Acht dieser Nutzer nahmen außerdem an detaillierten ethnografischen Folgeinterviews teil.