Ahmet Baş und Michał Protasiuk sind Marktforscher bei Google. Sie beschäftigen sich damit, wie Marken den Erfolg ihrer Media-Spendings zuverlässiger und ganzheitlicher messen können.
Stell dir vor, du machst ein kompliziertes Puzzle. Stück für Stück setzt du die Teile mit größter Sorgfalt zusammen. Doch kurz bevor das Bild vollendet ist und nur noch wenige Teile fehlen, brichst du ab und lässt es unvollendet zurück.
In der aktuellen Wirtschaftslage beobachten wir in der Werbebranche genau dieses Phänomen immer wieder. Werbetreibende konzentrieren sich aufgrund von Druck oft nur auf kurzfristige Erfolge ihrer Mediainvestitionen. Ein neuer Report von Google und WARC, der auf Analysen von Branchenexpert*innen basiert, zeigt jedoch: Marketer, die primär kurzfristige Gewinne anstreben, büßen bis zur Hälfte ihrer potenziellen Rendite ein.1
Es ist wie mit dem unvollendeten Puzzle: Man hat Zeit und Mühe investiert. Doch die Befriedigung, das Gesamtbild zu sehen, bleibt aus.
Wie Marketer die Hälfte ihrer Rendite verschenken
Viele Werbetreibende optimieren ihre Mediainvestitionen mit einem kurzfristigen, performanceorientierten Ansatz. Dieser dient als Richtschnur für das gesamte Marketingbudget, selbst bei Branding-Kampagnen mit langfristigen Zielen.
Der neue Bericht analysiert Langzeitstudien von Nielsen (im Auftrag von Google) zu Mediainvestitionen verschiedener europäischer Marken. Die Daten zeigen: Der Return On Invest (ROI) der Mediainvestitionen in den ersten vier Monaten ist genauso hoch wie der ROI der darauffolgenden 20 Monate:
Leider werden diese 20 Monate an Rendite oft komplett ignoriert. Und so bleibt unklar, welchen Wert Marketinginvestitionen tatsächlich generieren – sowohl für die Marketer selbst als auch für die CMOs. Das zeigt deutlich: Um die wahren Auswirkungen von Marketingaktivitäten zu messen, ist ein ganzheitlicherer Ansatz notwendig.
Dieses Fazit deckt sich mit anderen Untersuchungen aus Großbritannien, die zeigen, dass Werbetreibende für jeden investierten Pfund durchschnittlich einen kurzfristigen Gewinn-ROI von 1,87 £ erzielen. Die Berücksichtigung nachhaltiger Effekte erhöht diesen Wert auf 4,11 £.
Herkömmliche Attributionsmodelle erfassen die langfristigen Effekte des Markenaufbaus allerdings nur unzureichend. Daher ist es wichtig, Brand-Kennzahlen wie Bekanntheit und Berücksichtigung im Zeitverlauf zu verfolgen.
Die Lösung ist ein modernes Measurement-Framework. Marketing-Mix-Modelling (MMM) kann dabei helfen, die Auswirkungen von Aktivitäten im oberen und unteren Teil des Funnels ganzheitlicher zu erfassen. Es ergänzt Attributionsergebnisse um zusätzliche Insights und schließt so die Lücken, die Marketern normalerweise einen umfassenderen Überblick über ihre Marketingrenditen verwehren.
Media-Spendings für kurzfristige und langfristige Ziele optimieren
Die optimale Balance zwischen Investitionen in den oberen Funnel (Markenaufbau) und den unteren Funnel (Performance-Marketing) stellt Marketer vor Herausforderungen. Die Google/WARC-Studie hat deshalb untersucht, wie die idealen Media-Spendings aussehen.
Eine Analyse des E-Commerce-ROI verschiedener europäischer Marken durch die Ipsos-Tochter MMA, die auf die Messung von Performance-Marketing spezialisiert ist, kommt zu dem Schluss, dass 50–60 Prozent der Marketingausgaben in Markenbildung2 investiert werden sollten. Für stärker performanceorientierte Maßnahmen3 wie Display Ads bleiben demnach 40–50 Prozent des Budgets übrig:
Die Pizzakette Domino’s erzielte einen um 45 Prozent höheren Gesamt-ROI auf YouTube, nachdem sie ihre Strategie angepasst und Kampagnen zur Markenbekanntheit parallel zu Performance-Kampagnen geschaltet hatte.
„Wir haben diese beiden Kampagnentypen früher getrennt betrachtet“, erklärt Sarah Barron, CMO für Großbritannien und Irland bei Domino’s. „Die neuen Erkenntnisse waren jedoch überraschend: Die Kampagnen verstärken sich gegenseitig.“
Wichtig zu verstehen ist: Um den Media-ROI zu maximieren, reicht es nicht, nur die Budgetzuweisungen zu verschieben.
Aktivitäten im unteren Funnel sollten idealerweise an der Nachfrage ausgerichtet sein. Dafür braucht es eine agile Budgetstrategie, die auf neue und unerwartete Nachfrage nach dem Produkt oder der Dienstleistung reagieren kann – selbst wenn die ursprünglichen Werbeziele bereits erreicht wurden. So lässt sich die gesamte, durch Markenaufbauaktivitäten im oberen Funnel generierte Nachfrage optimal kapitalisieren, zum Beispiel durch Display- und YouTube-Anzeigen.
Studien zeigen, dass Investitionen in die Markenbekanntheit (oberer und mittlerer Funnel) nicht nur langfristiges Wachstum fördern, sondern sich auch direkt auf den Umsatz auswirken. Eine Nielsen-Studie im Auftrag von Google, die in der neuen Studie vorgestellt wird, zeigt: Eine Steigerung der Markenbekanntheit um 1 Prozent erhöht die kurzfristigen Umsätze um 0,4 Prozent und die langfristigen Umsätze um 0,6 Prozent.4
Ein Marketing-Plan für einen besseren ROI 2025
Es ist offensichtlich, dass Marketingaktivitäten und Mediaausgaben einen viel größeren Einfluss auf den Gewinn eines Unternehmens haben, als den meisten Menschen bewusst ist. Deshalb sollte die Messung der Marketing-Effektivität für Marketer im Jahr 2025 oberste Priorität haben:
- Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Markenaufbau und Performance-Marketing lässt sich erreichen, indem 50–60 Prozent des Budgets in Markenaufbau und 40–50 Prozent in Performance-Marketing fließen.
- Langfristige Measurement-Lösungen wie MMMs liefern ein vollständigeres Bild des ROI. Führungskräfte und Finanzentscheiderinnen und -entscheider sollten über die langfristige Wirkung von Media-Spendings informiert werden.
- Flexibilität ist wichtig. Investitionen im unteren Funnel sollten sich an der Nachfrage orientieren, während Investitionen im oberen und mittleren Funnel nachhaltiges Wachstum fördern.
Gut Ding will Weile haben. Das gilt zumindest für die, die den langfristigen Wert von Brand-Marketing verstehen.