Gute Daten sind das A und O im digitalen Marketing. Nur wer weiß, woher die Kundinnen und Kunden kommen und wie sie mit der eigenen Marke interagieren, kann seine Kampagnen effektiv steuern und optimieren. Gleichzeitig allerdings steigt – völlig zu Recht – auch die Bedeutung von Datenschutz. Und das hat zur Folge, dass Marketer, die eigentlich mehr Daten bräuchten, um die Marketing-Performance zu steigern, de facto immer weniger Daten zur Verfügung haben. Wie lassen sich diese beiden Anforderungen – effektive Datennutzung und maximaler Datenschutz – in Einklang bringen?
Auch der Pay-TV- und Streaming-Anbieter Sky steht vor der Herausforderung, dass Datenschutzbestimmungen, der wachsende Fokus der Kundinnen und Kunden auf Privatsphäre und vor allem technologische Änderungen in Browsern die Messbarkeit seiner Marketingkampagnen erschweren. Um diese Datenlücken zu schließen, setzt Sky auf Enhanced Conversions – eine Technologie, die präziser nachvollziehen lässt, welche Werbemittel tatsächlich zu einem Kauf oder einer Interaktion geführt haben. Mit Enhanced Conversions lassen sich fehlende Drittanbieter-Cookies und eine reduzierte Laufzeit von Erstanbieter-Cookies ausgleichen, indem die anfallenden Conversions datenschutzkonform mit gehashten E-Mail-Adressen gemessen werden. Der Erfolg ist beachtlich: Durch die Implementierung von Enhanced Conversions konnte Sky zuvor nicht erfasste Conversions wiederherstellen, was zu einem Anstieg der Search-Conversions um 12 Prozent und der YouTube-Conversions um 21 Prozent führte. Norbert Pellkofer, VP Digital Channels bei Sky und Wow, erläutert im Interview, warum sich Sky für Enhanced Conversions entschieden hat, wie die Implementierung gelang und warum sich der Aufwand für das Unternehmen gelohnt hat.
Wie sieht es gerade aus im Markt für Pay-TV in Deutschland? Welche Chancen und welche Herausforderungen gibt es?
Norbert Pellkofer: Der Markt für Pay-TV in Deutschland ist aktuell extrem in Bewegung. Viele neue Marktteilnehmer drängen nach Deutschland – und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht wirklich in Sicht. Neben dem verstärkten Wettbewerb beobachten wir auch ein verändertes Nutzerverhalten. Die Menschen wechseln viel häufiger zwischen verschiedenen Diensten. Auch Sky hat sich entsprechend weiterentwickelt. Wir sind nicht nur Anbieter von exklusiven Inhalten wie Sport und Unterhaltung, sondern auch eine Plattform, die Aggregation ermöglicht. Das ist eine große Veränderung und gleichzeitig eine Herausforderung für uns. Denn wir müssen die Marke Sky, die viele mit klassischem Pay-TV und Sport verbinden, in den Köpfen der Menschen neu positionieren.
Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch für Ihr Online- und Performance-Marketing?
Pellkofer: Unser Performance-Marketing hat sich komplett gewandelt. Früher lag der Fokus vor allem auf der Kundengewinnung und der anschließenden Weiterentwicklung der Kundenbeziehung. Heute ist die Situation viel komplexer. Es gibt keine klaren Trennlinien mehr zwischen Kund*innen und Nicht-Kund*innen. Dieses dynamische Verhalten macht es deutlich schwieriger, Zielgruppen präzise zu segmentieren und gezielt anzusprechen. Zusätzlich erschweren technische Einschränkungen, wie zum Beispiel verkürzte Cookie-Laufzeiten und Datenschutzvorgaben, unser Targeting. Es kommt häufiger vor, dass Daten veraltet oder nicht mehr verfügbar sind, was die Ansprache von Zielgruppen komplexer macht. Unsere Herausforderung besteht nun darin, diese Dynamik zu meistern und mit unseren Produkten genau im richtigen Moment präsent zu sein. Dafür ist es notwendig, unser Performance-Marketing agiler und nutzerzentrierter zu gestalten.

Wie beeinflusst der zunehmende Fokus auf Datenschutz, der Wegfall von Cookies und die wachsende Ablehnung von Consent-Bannern Ihr Performance-Marketing?
Pellkofer: Der Datenschutz ist für uns ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist es uns sehr wichtig, Vertrauen zu schaffen, und wir akzeptieren zu 100 Prozent, wenn jemand Cookies ablehnt. Aber das schränkt natürlich unsere Möglichkeiten der gezielten Ansprache, aber vor allem die Performance-Messung unserer Kampagnen ein. Google Analytics gibt uns Einblicke, welche Customer Journeys und welche eingesetzten Budgets besonders erfolgreich sind. Wenn nun ein Teil der Datenbasis fehlt, weil Analytics in Deutschland zustimmungspflichtig ist und wir das Verhalten eines signifikanten Anteils an Nutzerinnen und Nutzern nicht erfassen dürfen, müssen wir oft mit unvollständigen oder verfälschten Zahlen arbeiten. Das ist wirklich frustrierend, weil wir in den vergangenen 15 Jahren viel daran gearbeitet haben, die Performance unserer Digitalkanäle so präzise wie möglich zu messen.
Wie viele Nutzerinnen und Nutzer lehnen denn das Setzen von Cookies ab und wie viele Conversions gehen Ihnen dabei verloren?
Pellkofer: Je nach Traffic-Quelle liegen die Zustimmungsraten zwischen 10 Prozent und 90 Prozent. Besonders im Upper Funnel, etwa bei Displaykampagnen oder über das Google Displaynetzwerk (GDN), sind die Zustimmungsraten oft sehr niedrig. Wenn jemand bereit ist, zu kaufen, steigt auch die Bereitschaft, Daten freizugeben. Für uns als Marketer werden Kanäle im Upper Funnel, die ohnehin schwieriger zu steuern und zu messen sind, durch den Mangel an Daten noch weniger steuerbar. Gleichzeitig verpassen wir möglicherweise Gelegenheiten, Nutzerinnen und Nutzer effizient zu konvertieren, weil wir sie ohne die Zustimmung nicht weiterverfolgen können. Teilweise laufen wir Gefahr, durch die schwierigere Datenlage sogar mehr zu werben, als wir wollen, und den User*innen oder gar Kund*innen unnötig viel Werbung einzublenden. In einigen Bereichen müssen wir quasi blind agieren, was langfristig die Effizienz im Performance-Marketing beeinträchtigt.

Um die Erfolgsmessung Ihrer Kampagnen zu optimieren, haben Sie sich unter anderem dafür entschieden, Enhanced Conversions zu implementieren. Was waren die Hintergründe hierfür?
Pellkofer: Gerade in einer Welt, in der nicht alles vollständig vernetzt ist, war es spannend für uns, Systeme so weit wie möglich optimal miteinander zu verbinden. Enhanced Conversions bietet uns genau das: eine Lösung, die ohne zusätzliche Tools wie eine Customer Data Platform (CDP) funktioniert und es uns ermöglicht, Daten nachhaltig zu sammeln und zu nutzen, ohne dabei den Datenschutz aus den Augen zu verlieren. Die Reichweite und die Datenmodelle, die Google bereitstellt, machen es uns möglich, mit vertretbarem Aufwand ein System zu implementieren, das nicht nur effizient ist, sondern auch den Anforderungen unserer Datenschutzbeauftragten entspricht.
Gab es im Vorfeld datenschutzrechtliche Bedenken?
Pellkofer: Es gab intensive Diskussionen mit unseren Datenschutzbeauftragten, um sicherzustellen, dass die Lösung vollständig konform ist. Was uns hier sehr geholfen hat, war die enge und transparente Zusammenarbeit mit Google. In den vergangenen Jahren haben wir beispielsweise zwei oder drei Daten-Audits und Workshops durchgeführt, bei denen sich unsere Datenschutzbeauftragten von Google genau erklären lassen konnten: Wie funktionieren die Systeme? Wo stehen die Server? Wohin werden die Daten übertragen? Ist ausgeschlossen, dass unsere Daten auch von unserem Wettbewerb genutzt werden können? Auch kritische Themen wie der Wegfall von Safe Harbor wurden offen diskutiert. Diese direkte Zusammenarbeit hat beiden Seiten eine hohe Sicherheit gegeben und gezeigt, dass wir gemeinsam alles Notwendige tun, um Daten so zu verarbeiten, dass die Vorgaben des Datenschutzes eingehalten werden: Die Übertragungswege sind abgesichert, der Consent wird korrekt abgefragt und ohne Zustimmung passiert nichts. Wir haben zudem bewusst eine sehr konservative Einstellung gewählt, insbesondere beim Umgang mit Consent-Management, um sowohl den Erwartungen der Kundinnen und Kunden als auch den rechtlichen Anforderungen vollständig gerecht zu werden.
Wie aufwendig war schließlich die Implementierung von Enhanced Conversions?
Pellkofer: Die größte Herausforderung war die Datenübermittlung. Wir diskutierten intensiv über Echtzeit- vs. Batch-Prozesse. Schlussendlich entschieden wir uns für eine Pixel-Lösung mit Hashing der Daten. Das allerdings erforderte zunächst noch Systemanpassungen, um die Daten in die benötigte Form zu bringen.
Hat sich der ganze Aufwand am Ende auch gelohnt?
Pellkofer: Auf jeden Fall! Enhanced Conversions hilft uns, die gesamte Customer Journey besser zu verstehen. Es gibt viele Gründe, warum sich Kundinnen und Kunden für Sky entscheiden: Manche wollen einfach die Bundesliga sehen. Andere suchen eine alternative Plattform, weil sie mit ihrem Kabelanbieter unzufrieden sind. Diese gesamte Wertschöpfungskette besser nachzuvollziehen ist ein riesiger Fortschritt. Das ermöglicht uns, Kampagnen deutlich präziser zu bewerten und den Wertbeitrag einzelner Kanäle besser zu erkennen. Und das ist für uns ein echter Gewinn.
Können Sie diesen Gewinn auch noch in Form von KPIs beziffern?
Pellkofer: Bei YouTube können wir jetzt 21 Prozent mehr Conversions messen. Und bei Search liegt das Plus bei 12 Prozent. Das hat also durchaus Auswirkungen auf die Bewertung der Performance. Wichtig zu erwähnen, dass wir erst mal nicht absolut mehr Sales generieren. Diese Zugewinne wären aber sonst durch die Unschärfe in anderen Kanälen oder einfach über die Homepage gezählt worden. Dass wir die Sales aber im Kanal YouTube oder SEA sehen, hilft uns besser zu verstehen, wie die Kanäle performen – und mittelfristig die gesamte Performance zu optimieren.
Welchen Ratschlag würden Sie Marketern aus anderen Unternehmen geben, die sich fragen, ob sie Enhanced Conversions implementieren sollten?
Pellkofer: Die Frage, ob man es machen sollte oder nicht, stellt sich für mich eigentlich gar nicht. Gerade im Google-Universum, wo viele Technologien auf Algorithmen basieren, ist eine hohe Datenqualität ein klarer Vorteil, denn Algorithmen funktionieren nur so gut wie die Daten, auf denen sie aufbauen. Damit das Projekt möglichst reibungslos läuft, ist es entscheidend, alle relevanten Beteiligten frühzeitig an einen Tisch zu holen. Dazu gehören der Datenschutz, die IT-Abteilung, technische Dienstleister und – je nach Konstellation – auch die Agentur. Diese Abstimmung von Anfang an spart viel Zeit und verhindert Verzögerungen.
Wie sehen Sie die Zukunft des digitalen Marketings im Hinblick auf Datenschutz und die Entwicklung neuer Technologien?
Pellkofer: Die Verbindung von Datenschutz und neuen Technologien ist ein Bereich, in dem extrem viel Dynamik und Potenzial liegt. Ich glaube, dass man sich um die Zukunft des digitalen Marketings grundsätzlich keine Sorgen machen muss. Die Menschen werden weiterhin den Bedarf haben, online gut bedient zu werden. Vielleicht finden wir irgendwann eine gemeinsame Basis, die es erlaubt, gewisse Daten anonymisiert und aggregiert zu nutzen, ohne die einzelne Userin oder den einzelnen User als Person komplett zu identifizieren. Wir stehen hier mitten in der Entwicklung, und die Zukunft wird zeigen, wie gut wir diese Herausforderungen meistern können.