Wer heute im E-Commerce aktiv ist, steht zwangsläufig vor einem Spagat: Einerseits müssen Unternehmen bestehende und potenzielle Kundinnen und Kunden gut verstehen, um ihnen das bestmögliche Shopping-Erlebnis zu bieten und Streuverluste in Marketingkampagnen zu vermeiden. Andererseits müssen sie mit den dafür nötigen Daten höchst sorgfältig umgehen – dies ergibt sich nicht nur aus gesetzlichen Regelwerken wie der DSGVO, sondern auch aus der gestiegenen Erwartung der Nutzerinnen und Nutzer. About You, eine der am schnellsten wachsenden digitalen Modeplattformen Europas mit knapp 1,73 Milliarden Euro Jahresumsatz, bewältigt diesen Spagat unter anderem mithilfe einer neuen Technologie: Durch Server-Side Tagging (SST) mit Google Tag Manager schützt das Unternehmen die Online-Privatsphäre seiner Kundinnen und Kunden und erhöht zugleich deutlich die Qualität und Messbarkeit seiner Daten.
Anonymisierte Daten in sicherer Serverumgebung
„Die Messung von Nutzerverhalten und Kampagnenwirkung sowie deren Optimierung ist für den Erfolg unseres Unternehmens maßgeblich“, sagt Oliver Artmann, Technical Head of Tracking bei About You, und nennt als Beispiel personalisierte Produktempfehlungen auf der Website. Damit diese und andere datengetriebene Verbesserungen des Nutzungserlebnisses in einem Rahmen stattfinden, in dem About You die Kontrolle über die Datenströme behält und dem Nutzerinnen und Nutzer so noch besser vertrauen können, beschäftigt sich das Team seit einiger Zeit mit Server-Side Tagging (SST): Dabei laufen Daten gebündelt über einen eigenen Server, auf den nur About You Zugriff hat. Anders als beim weitverbreiteten Einsatz von Drittanbieter-JavaScripts, die Daten auf direktem Wege von der Website an die jeweiligen Dienstleister übermitteln, verbleibt bei SST die Kontrolle über die Konfiguration und Weitergabe der Daten dank der sicheren Serverumgebung voll im Unternehmen. „Die Nutzerinnen und Nutzer können sicher sein, dass ihre IP-Adresse nicht an Dritte geht und andere, personenbezogene Informationen ausschließlich mit Einwilligung der Nutzenden“, sagt Robert Gottkowski, Team Lead Tracking bei About You. „Außerdem verschlüsseln wir die Daten auf unserer eigenen Infrastruktur innerhalb der EU.“ Zusätzlich nutzt About You die Option, Google Tag Manager vom eigenen Server in den Browser zu laden, sodass die IP-Adresse einer Person auch beim Laden von Google Tag Manager nur an About You übermittelt wird.
Der erste Praxiseinsatz fand Ende 2021 statt: About You testete das neue Measurement-Setup rund um den Black Friday, also zur Traffic-stärksten Zeit des Onlinehandels. SST wurde dabei für Google Analytics 4 und einen Drittanbieter in allen 26 Absatzmärkten verwendet. „Um den Wechsel intern zu rechtfertigen, musste SST sich in einem echten Stresstest mit maximalem Traffic bewähren“, begründet Gottkowski den gewählten Termin. Die Bewährungsprobe gelang sogar besser als erhofft: „Die Fehlerquote war kaum nennenswert“, betont er mit Blick auf den Ersteinsatz.
Conversion-Messbarkeit steigt um 8,4 Prozent
Sehr nennenswert ist hingegen die signifikante Verbesserung der Datenqualität, die About You dank SST erzielte. Unter Berücksichtigung der Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer konnten Conversions und User Journeys viel realitätsnäher erfasst werden. Zum einen findet die Datenerhebung mit SST im First-Party-Kontext statt und ermöglicht eine Umstellung von JavaScript-Cookies auf serverseitig gesetzte HTTP-Cookies. Zum anderen bietet SST die Möglichkeit, eine Session im Nachhinein anzureichern, zum Beispiel wenn ein Zahlungsanbieter den Kauf erst zeitversetzt bestätigt und die Nutzerin oder der Nutzer die Website bereits verlassen hat. So schrumpfte die Abweichung zwischen den Messungen von Google Analytics 4 und der internen Datenbank gen null, auf nur noch 0,6 Prozent. Zuvor hatten die Abweichungen, je nach Einsatzfall und Partner, bei bis zu 50 Prozent gelegen.
Auch mit Blick auf einen Drittanbieter verbesserte sich die Messbarkeit von Conversions um 8,4 Prozent. „Das war ein Mega-Erfolg, weil in der Konsequenz auch das Retargeting im Sinne unserer Kundinnen und Kunden relevanter gesteuert werden kann“, erklärt Gottkowski. „Jetzt haben wir ausreichend Erfahrungen gesammelt, um im nächsten Schritt auch Google Ads und Campaign Manager 360 serverseitig zu migrieren."
Ein weiterer entscheidender Pluspunkt sind die Geschwindigkeitsvorteile, die SST mit sich bringt: Die neue Infrastruktur liefert deutlich schneller Erkenntnisse als vorher. „Wir befinden uns bereits nahe an der Realtime-Messung“, sagt Artmann. „Das ist sowohl für Marketingkampagnen als auch für Fehlersuchen sehr relevant und daher eines der höchsten Prio-Themen bei uns.“ Konkret bedeutet das: Dauerte es bislang mehrere Stunden, bis About You die Daten einer gerade laufenden Kampagne einsehen und darauf reagieren konnte, lassen sich wichtige Marketing-KPIs nun ad hoc in Google BigQuery validieren und Marketingmaßnahmen innerhalb weniger Minuten optimieren. „Gerade bei großen Kampagnen lassen sich dadurch finanziell schmerzhafte Streuverluste schnell reduzieren“, ergänzt Gottkowski.
Enge Zusammenarbeit mit Google
Als einer der weltweit ersten und umfänglichen SST-Nutzer stand About You vor und während der Einführung in engem Austausch mit seinem strategischen Partner Google. „Wir haben einiges voneinander gelernt“, sagt Gottkowski und erzählt, dass größere Herausforderungen mit den Google-Produktverantwortlichen in den USA diskutiert wurden. „Ein höheres Maß an wertschätzender Zusammenarbeit ist meines Erachtens kaum möglich.“ Zusätzliche Unterstützung erhielt der Online-Modehändler von Trkkn, einem zertifizierten Google Marketing Plattform- und Google Cloud-Partner, der bereits weitreichende Erfahrungen mit der Implementierung und Skalierung von SST hatte. Trkkn verhalf About You zu einer Automatisierung der Google Cloud-Infrastruktur, zu einem robusten Multi-Region-Setup und entwickelte ein Monitoring-Dashboard.
Denn neben der Marketingleistung hatte das About-You-Team auch die technische Performance der serverseitigen Infrastruktur kritisch im Blick. Da SST auf jedem Server laufen kann, der Docker unterstützt, standen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Für diesen Anwendungsfall fiel die Wahl auf die Google Cloud. „Während des ersten SST-Praxistests über Black Friday, der komplikationslos funktionierte, sammelten wir wertvolle Erfahrungen zur zuverlässigen, vollautomatischen Skalierung der Cloud-Instanzen über Cloud Run und zur idealen Verteilung des Setups auf mehrere Rechenzentren innerhalb der EU“, sagt Artmann.
Nächstes Ziel: SST auch für die App
Nach der erfolgreichen Einführung peilt das Tracking-Team nun die Ausweitung von SST an. Während die Web-Angebote von About You bereits serverseitig gemessen werden, will das Unternehmen auch die eigene App möglichst bald über SST laufen lassen. „Wir brennen darauf, das als Pioniere umzusetzen“, sagt Artmann, dem zufolge dafür noch einige technische Feinheiten geklärt werden müssen. Egal, wie schnell das gelingt – die potenziellen Möglichkeiten, die SST bietet, sind laut Artmann groß und noch nicht ansatzweise ausgeschöpft. „In jedem Fall können wir durch die neue Technologie flexibler und schneller arbeiten und uns auf einmal die spannendsten neuen Lösungen überlegen, wie die serverseitige Anreicherung mit internen Unternehmensdaten“, sagt er und nennt Kundenbetreuung während des Kaufprozesses als Beispiel. Wenn sich die Nutzerdaten in Echtzeit analysieren lassen, wäre es unter anderem denkbar, noch während eines aktiven Shop-Besuches individuelle Rabattangebote zu unterbreiten, die sich etwa am Inhalt des Warenkorbs sowie am bisherigen Kaufverhalten oder Umsatz der Person orientieren.
Artmann hält den frühzeitigen Umstieg auf SST für die richtige Entscheidung. Er geht davon aus, dass viele andere Unternehmen bald nachziehen werden: „Server-Side Tagging ist die Zukunft“, sagt Artmann, „und unverzichtbar, wenn Cookies im bekannten Umfang nicht mehr zur Verfügung stehen sollten.“