Schließen sich Datenschutz und personalisierte Kundenansprache aus? Nicht bei Bonprix. Der Online-Modehändler versteht die beiden Disziplinen als untrennbares Duo. „Wir betrachten Datenschutz und Marketing ganzheitlich“, erklärt Alexander Krull, Data Evangelist und Data Privacy Coordinator bei Bonprix. „Nur wenn beide Bereiche eng zusammenarbeiten, können wir eine tragfähige Strategie entwickeln, die sowohl den Anforderungen des Datenschutzes gerecht wird als auch die Marketingziele erreicht.“ Wie genau diese Strategie aussieht, beschreibt dieser Case. Und übrigens: Welche Tools den meisten Impact bieten und das Online-Marketing auf ein neues Level heben, haben wir in unserem Measurement Playbook zusammengefasst.
Die Otto-Group-Tochter stand mit ihrer bisherigen Messstrategie vor einigen Herausforderungen. Durch die Einschränkung von Drittanbieter-Cookies und die strengeren Standards im Umgang mit Kundendaten standen den Online-Marketern immer weniger Signale zur Verfügung, um beispielsweise Gebote KI-gestützt auf höhere ROIs zu optimieren oder Vorhersagen zum Customer Lifetime Value zu treffen. Hinzu kam, dass durch ein externes Tag-Management-System sensible Kundendaten nicht von Bonprix selbst, sondern über einen Drittanbieter verteilt wurden. Um die Signalverluste zu kompensieren und das Kundenvertrauen zu stärken, entschied sich der Online-Händler für eine grundlegende Neuausrichtung seines Messkonzepts. „Wir müssen uns auf eine Zukunft mit einem geringeren Stellenwert von Drittanbieter-Cookies vorbereiten und alternative Identifikatoren und Tracking-Methoden finden, die datenschutzkonform sind und gleichzeitig effektives Marketing ermöglichen“, beschreibt Krull die Herausforderungen.
Mit Google Analytics 4 Zielgruppen generieren und aktivieren
In Zusammenarbeit mit der Digitalagentur Trkkn und Google beschloss Bonprix, Google Analytics 4 (GA4) auf den eigenen Domains von Bonprix zu implementieren – und zwar direkt in zwölf Märkten. Dieses Setup dient allerdings weniger dem Tracking, sondern in erster Linie der Zielgruppengenerierung und -aktivierung. „Wir haben ein eigenes Inhouse-Tracking, weil wir so die Daten im Unternehmen halten und das Tracking durch berechtigtes Interesse legitimieren können“, erklärt Krull. Doch diese Strategie bringt auch Herausforderungen mit sich. „Man kann zwar Zielgruppen bilden und gehashte E-Mail-Adressen verwenden, aber die Möglichkeiten sind begrenzt. Vor allem die Verknüpfung von Daten ist schwierig, für digitales Marketing jedoch unerlässlich“, so der Datenexperte.
Alejandro Marruedo, Digital Analytics Consultant bei Trkkn, berät Bonprix in Datenthemen. Seiner Erfahrung nach ist der Ansatz, GA4 für die Datenaktivierung zu nutzen, bei vielen Agenturkunden bereits gängige Praxis. „Die Unternehmen nutzen andere Tools für die Analyse, implementieren aber parallel GA4, um das Marketingpotenzial von Google auszuschöpfen“, sagt er. Das Ökosystem der Google-Marketingtools und die einfache Verknüpfung mit anderen Google-Diensten seien starke Argumente für GA4.
Um zu verhindern, dass die IP-Adressen der Kundinnen und Kunden an externe Server weitergeleitet werden, hat sich Bonprix im Hinblick auf das Web-Measurement für die Implementierung des serverseitigen Google Tag Manager (sGTM) entschieden. Das heißt: Bonprix hostet den GTM auf der eigenen Server-Infrastruktur, anstatt ihn direkt von Google zu laden. Darüber hinaus fungiert der sGTM als Proxy, also als eine Art Zwischenstation für alle gesammelten Daten. Dies ermöglicht es Bonprix, zusätzliche Datenschutzmaßnahmen zu implementieren, wie zum Beispiel das Hashing von Daten oder die Suche nach möglichen Sicherheitsvorfällen, bei denen personenbezogene Daten unbeabsichtigt oder unrechtmäßig offengelegt werden. Zudem werden die Daten mit Artikeldaten aus einem Tag-Management-System eines Drittanbieters angereichert. Diese zusätzlichen Informationen ermöglichen eine detailliertere Analyse des Kundenverhaltens und eine präzisere Zielgruppenansprache.
Besseres Remarketing mit alternativen Identifikatoren
Mit der neuen Tracking-Infrastruktur will der Online-Modehändler beispielsweise sein Remarketing optimieren – und das nicht nur auf Chrome, sondern browserübergreifend. Erste Erfahrungen mit alternativen Identifikationssystemen zeigen, dass sie funktionieren. „Identifikatoren wie gehashte E-Mail-Adressen oder IP-Adressen sind zwar nicht perfekt, aber durch die Kombination verschiedener Identifikatoren und Tracking-Methoden können wir sicherstellen, dass Remarketing auch in Zukunft erfolgreich funktioniert, unabhängig davon, welchen Browser unsere Nutzerinnen und Nutzer verwenden“, so Krull.
Kürzlich hat Bonprix zusammen mit Google das Projekt „Marketing Analytics Jumpstart“ gestartet, das GA4- und Ads-Daten in BigQuery zusammenführt. „Darauf aufbauend erstellen wir Vorhersagemodelle, um zusätzliche Informationen wie die Kaufwahrscheinlichkeit oder den Customer Lifetime Value für die nächsten 30 Tage zu gewinnen“, erklärt Alexander Krull. Noch steht das Projekt am Anfang, doch die Konzernschwester Baur setzt GA4 schon seit längerer Zeit erfolgreich ein. Während sich Baur auf die direkten Prognosemöglichkeiten von GA4 konzentriert, will Bonprix die Tracking-Daten mit weiteren Daten aus seiner Customer Data Platform (CDP), welche auf der Google Cloud Platform basiert, und seinem Customer Relation Management (CRM) kombinieren. „Das Jumpstart-Projekt ermöglicht es uns, komplexere Wahrscheinlichkeitsberechnungen und Algorithmen zu entwickeln“, sagt Krull. „Dafür war die Implementierung von GA4 unerlässlich.“
Gemessene Käufe steigen um 5 Prozent
Schon jetzt führen die umgesetzten Maßnahmen zu einer Verbesserung der Messbarkeit der Marketing-Performance. Bonprix verzeichnete einen Anstieg der gemessenen Käufe um 5 Prozent und ist erstmals in der Lage, weitere Dimensionen auf User- und Artikelebene für die Kampagnenoptimierung zu nutzen. Durch die gestiegene Adressierbarkeit der Zielgruppen und eine präzisere Zielgruppenansprache können jetzt Kampagnen weiter optimiert und bessere Geschäftsergebnisse erzielt werden. Mit der Implementierung von sGTM und GA4 verfügt Bonprix über eine zukunftssichere und skalierbare Tracking-Infrastruktur, die sowohl regulatorischen Anforderungen als auch den Erwartungen der Kundinnen und Kunden gerecht wird.