Jonas Christensen und Pablo Perez sind die beiden führenden Retail-Experten bei Google für den Bereich EMEA.
Für Omnichannel-Retailer gibt es einen neuen, innovativen Ansatz, ihr Marketingbudget aufzuteilen: das 60/40-Modell. Laut der von Analytic Partners im Auftrag von Google durchgeführten Studie1 sollten demnach 60 Prozent in digitales Marketing sowie 40 Prozent in klassisches Marketing investiert werden.
Dieser Ansatz ist auf den ersten Blick überraschend, weil die meisten Einzelhandelsumsätze nach wie vor im Ladenverkauf erzielt werden. Zwar kaufen mehr Menschen als je zuvor online ein, doch auch 2022 werden immer noch vier Fünftel des Marktes auf den stationären Handel entfallen.2 Trotzdem: Das Wachstum findet im Online-Segment statt. Allein in Westeuropa ist der Online-Handel für 43 Prozent des gesamten Wachstums im Retail-Bereich verantwortlich.3
Auch die Annahme, Online-Marketing würde ausschließlich den Online-Verkauf ankurbeln, ist falsch. Die Studie zeigt: Digitale Marketingmaßnahmen, etwa die bezahlte Suche, Display- und Videoanzeigen, sind nach wie vor ein bedeutender Umsatztreiber – und zwar sowohl online als auch in der Filiale. Andererseits hat sich auch gezeigt, dass klassische Marketingkanäle wie Print-, TV- und Radiowerbung einen zwar geringeren, aber immer noch signifikanten Einfluss auf den E-Commerce haben.
Wenn also klassisches Marketing den Online-Verkauf ankurbelt und digitales Marketing mehr Kunden in die Filialen bringt, besteht die Herausforderung darin, die Marketingausgaben bestmöglich aufzuteilen. Die Frage ist also: Wie lässt sich die Kundenfrequenz maximieren und der Umsatz steigern?
Das 60/40-Modell (bzw. 70/30 oder 50/50)
Erstmals hat eine von Analytic Partners im Auftrag von Google durchgeführte Studie die optimale Verteilung zwischen digitalen und klassischen Medien ermittelt und zeigt, welchen Einfluss die jeweiligen Marketingkanäle im Omnichannel-Bereich haben können.
Die Studie basiert auf einer Analyse der Marketingmix-Modelle von gut 150 großen Einzelhändlern in Europa, Nahost, Afrika und den USA, mit einem Gesamt-Marketingbudget in Milliardenhöhe. Die Ergebnisse zeigen, dass Retailer 50–70 Prozent ihres Marketingbudgets im Bereich des digitalen Marketings und 30–50 Prozent in klassisches Marketing investieren sollten. Der goldene Mittelweg ist demnach eine 60-zu-40-Aufteilung.
Natürlich gibt es nicht die eine Lösung, die für alle Branchen und Retailer gleichermaßen funktioniert. Der perfekte Marketingmix sollte kontinuierlich an die individuelle Marktsituation angepasst werden. Auch ist das Modell für sich allein noch kein Erfolgsgarant, denn wie bei jeder Marketinginvestition hängt der Kampagnenerfolg auch von anderen Faktoren ab, zum Beispiel von der Kreativität und der Zielgruppe. Die Studie ist aber ein guter Ausgangspunkt für weitere Überlegungen.
Doch wie können Retailer nun die für sie optimale Budgetverteilung berechnen? Um das zu verstehen, muss zunächst analysiert werden, was den Online- und den stationären Verkauf tatsächlich antreibt.
Herausforderung Omnichannel-Marketing
Retailer mit einer starken Online-Präsenz und einem gut ausgebauten Filialnetz sollten identifizieren, über welche Marketingkanäle sich die Kundenfrequenz in beiden Bereichen bestmöglich steigern lässt.
Ein Ergebnis unserer Analyse ist, dass digitale Marketingkanäle einen 2,75-mal stärkeren Einfluss auf den E-Commerce-Umsatz von Omnichannel-Retailern haben als klassische Kanäle.4 Um online noch besser zu performen, braucht es also eine effiziente und effektive digitale Marketingpräsenz.
Komplexer ist die Frage, wo die durch digitales bzw. klassisches Marketing ausgelösten Umsätze jeweils generiert werden. Umsätze über digitale Kanäle (bezahlte Suche, Videoanzeigen etc.) verteilen sich relativ gleichmäßig auf E-Commerce und stationären Handel. Umsätze, die auf klassische Marketingkanäle zurückzuführen sind, werden dagegen überwiegend im Ladenverkauf erzielt.
Durch Marketing ausgelöster Umsatzeingang: online vs. stationär
Das obere Diagramm zeigt: Die durch digitales Marketing ausgelösten Umsätze verteilen sich relativ ausgewogen auf Online- und Ladenverkäufe, während der Großteil der durch klassisches Marketing beeinflussten Umsätze im stationären Handel eingeht. Aufgeschlüsselt nach Marketingkanälen stellt sich das Ganze wie folgt dar:
Der optimale Marketingmix
Fest steht: Digitale Maßnahmen sind ein wichtiger Faktor für ein gelungenes Omnichannel-Marketing. Aber wie finden Retailer den optimalen Mix?
Wer online erfolgreich sein will, braucht digitales Marketing. 22 Prozent des gesamten E-Commerce-Umsatzes von Omnichannel-Retailern sind auf digitale Maßnahmen zurückzuführen5, während nur 8 Prozent direkt dem klassischen Marketing zuzuschreiben sind.6 Der Umsatz im stationären Handel hängt dagegen gleichermaßen von digitalen und klassischen Marketingkanälen ab.
Retailer müssen ihr Budget also intelligent in die richtigen Kanäle investieren, um Umsatzwachstum effizient abschöpfen zu können.
E-Commerce als Hauptprofiteur des digitalen Marketings
Aufgeschlüsselt nach spezifischen digitalen Marketingaktivitäten zeigt sich der Einfluss noch deutlicher. Die Studie zeigt, dass Videoanzeigen den Online-Umsatz 1,8-mal stärker ankurbeln können als der klassische Marketingkanal TV-Werbung.7
Tatsächlich erzielten die einzelnen digitalen Marketingkanäle, darunter Social Ads, Displayanzeigen und bezahlte Suche, allesamt stärkere Steigerungen bei den E-Commerce-Umsätzen als die klassischen Kanäle.
Den besten Weg finden
Natürlich möchten Retailer wissen, welche Kanäle das Wachstum am effizientesten ankurbeln. Denn eine auf Kosteneffizienz ausgelegte Strategie holt mehr aus dem Marketingbudget heraus.
Sowohl Videoanzeigen als auch TV-Spots haben das Potenzial, E-Commerce-Umsätze effizient zu steigern, wobei laut Studie die Effizienz bei den Videoanzeigen höher ist.
So liegt der ROI generell bei Videoanzeigen um 8 Prozent über dem von TV-Spots. Bezogen auf E-Commerce-Umsätze sind Videoanzeigen sogar um 36 Prozent effizienter als die Fernsehwerbung. Andere klassische Marketingmaßnahmen wie Außenwerbung (OOH), Printanzeigen und Radiospots liegen noch deutlich weiter hinten.
Digitales Marketing steigert also nicht nur on- und offline den Umsatz, sondern ist auch effizienter als klassische Marketingformen.
Die Basis für eine Retail-Marketingstrategie
Retailer, die zeitnah vom E-Commerce-Wachstum profitieren wollen, müssen digitales Marketing in ihre Strategie einbinden. Das 60/40-Modell dient ihnen dabei als Ausgangspunkt für zukünftige Performance-Tests sowie Optimierungen. Und es bietet die perfekte Möglichkeit, Strategien zu verfeinern und so das volle Potenzial eines Marketingbudgets auszuschöpfen.