Das Schadens-Management ist einer der wichtigsten Bereiche im Versicherungsgeschäft, da Schäden in fast allen Versicherungssparten den größten Kostenblock ausmachen und somit das absolute Potenzial für Kostenoptimierungen am höchsten ist. Im Interesse des Versicherten und des Versicherers müssen die Prozesse im Schadens-Management einfach, schnell, transparent, fehlerfrei und fair gestaltet sein. Dies führt zu minimaler Belastung für den Kunden bei gleichzeitig größtmöglicher Kosteneffizienz für den Versicherer. Versicherer können sich durch effektives und effizientes Schadens-Management, bei welchem großer Wert für die Kunden geschaffen wird, differenzieren und zu Kostenführern in der Branche avancieren.
Um im Bereich des Schadens-Management Mehrwerte für den Versicherer und den Versicherten zu generieren, können entweder Schäden im Vorfeld (in Gänze oder zum Teil) verhindert werden, oder im Schadensfall Prozesse vereinfacht und Betrugsfälle identifiziert werden. Auch hier bietet „Big Data“ ‒ insbesondere durch die Sammlung, Zusammenführung und automatisierte Verarbeitung der relevantesten Daten - die Möglichkeit genau diese Ziele besser als bisher zu erreichen.
Um Schadensfälle zu verhindern oder zu verringern, noch bevor sie entstehen, bietet sich vor allem die Nutzung von Echtzeitdaten von vernetzten Geräten an (z.B. Nest Protect).
Im Bereich der Hausratversicherung kann der Einsatz von vernetzten Rauchmeldern wie Nest Protect große Vorteile für den Versicherten und den Versicherer bieten. Der Versicherer kann im Fall der Rauchbildung im Haushalt dem Versicherten eine automatisierte Benachrichtigung zukommen lassen. Wenn auf diese Benachrichtigung nicht schnell genug reagiert wird, kann der Versicherer direkt Maßnahmen zur Schadensbegrenzung einleiten und z.B. die Feuerwehr verständigen. Dies bietet dem Versicherten zusätzliche Sicherheit und ermöglicht dem Versicherer Schäden zu vermeiden oder im Schadensfall zumindest die Schadenssumme zu reduzieren. Somit kann durch „Big Data“ der Fokus vom reaktiven Schadens-Management immer mehr zum proaktiven Management von Risiken und zur Prävention verschoben werden.
Ist ein Schaden jedoch bereits entstanden, gilt es dem Versicherten schnellstmöglich die nötige Hilfe zu bieten und den Prozess für etwaige Auszahlungen an den Versicherten möglichst unkompliziert zu gestalten. Es ist sowohl im Interesse des Versicherten als auch des Versicherers, dass die Auszahlungshöhe präzise ermittelt wird; d. h. der Versicherte bekommt genau jenen Auszahlungsbetrag, der ihm zusteht ‒ nicht mehr, aber auch nicht weniger. Mit „Big Data“-Modellen ‒ insbesondere Modellen auf Basis von maschinellem Lernen (Google Cloud Machine LearningGoogle Cloud Machine Learning, TensorFlow) - kann der Auszahlungsbetrag schnell, automatisiert und zugleich präzise ermittelt werden.
Zur Erkennung von Betrugsfällen kann eine Vielzahl von prädiktiven und quantitativen Methoden eingesetzt werden, u. a. Business Rules, Text Mining und Anomalie-Identifikation. Ein Beispiel für die Anwendung von „Big Data“ im Bezug auf Betrugserkennung ist die Verknüpfung und Analyse verschiedenster interner und externer Datensätze zum Aufdecken von Mustern, welche auf Betrug hindeuten. Mit Hilfe von speziell trainierten selbstlernenden Algorithmen (z.B. auf Basis von TensorFlow) kann ein Versicherer beispielsweise nach einem Auffahrunfall automatisiert die Telematik-Daten des Fahrzeugs mit den Angaben der involvierten Fahrer und Zeugen vergleichen. Parallel dazu werden historische Daten der beteiligten Fahrer analysiert mit Hilfe von modernen „Big Data“-Analysetools ausgewertet (z.B. Google BigQuery). In diesem Schritt werden die vorliegenden Daten daraufhin überprüft, ob sie jene typischen Signale aufweisen, welche auf eine erhöhte Betrugswahrscheinlichkeit hindeuten. Erst wenn sich Auffälligkeiten ergeben, wird ein Schadenregulierer dem Fall zugewiesen und eine tiefere Untersuchung eingeleitet. Dieses Vorgehen kann eine effiziente und faire Aufklärung von zweifelhaften Schadensfällen und damit auch beträchtliche Einsparungen von Ressourcen und anderen Kosten ermöglichen.
In Anbetracht der Tatsache, dass es sich angeblich bei bis zu jeder zehnten Versicherungsforderung um Betrug handelt11, können Versicherer so enorme Summen einsparen. Jedoch kommt dieses Vorgehen nicht nur dem Versicherer zugute: Der ehrliche Versicherte profitiert von sinkenden Prämien und/oder besserem Service, welche durch die freigesetzten Ressourcen auf Seiten des Versicherers erst ermöglicht werden.
Weiter geht es zu dem vierten Teil: Big Data in der Versicherungsbranche - Fazit.