Lust auf ein neues Sofa? Frische Ideen fürs Esszimmer gewünscht? Oder auf der Suche nach einer praktischen Schreibtischleuchte? Der Online-Möbelhändler Home24 spricht mit rund einer halben Million Artikeln auf seiner Online-Plattform fast alle an, die ihr Zuhause verschönern möchten. „Seit die Lebenshaltungskosten steigen, kaufen die Verbraucherinnen und Verbraucher sehr bedarfsorientiert ein“, beschreibt Dr. Sascha Vitzthum, CMO von Home24, das aktuelle Konsumverhalten. „Deshalb konzentrieren wir uns im Marketing derzeit vor allem auf den Lower Funnel und versuchen, den vorhandenen Bedarf bestmöglich zu decken.“
Einer der wichtigsten Performance-Marketing-Kanäle für das Berliner Unternehmen sind Shopping Ads. Und die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiche Shopping-Kampagnen sind gute Produktdaten. Denn optimal strukturierte und präzise Informationen erhöhen nicht nur die Wahrscheinlichkeit, dass interessierten Nutzerinnen und Nutzern die eigenen Anzeigen bei relevanten Suchanfragen auch tatsächlich angezeigt werden. Sie verhindern auch, dass potenzielle Verbraucherinnen und Verbraucher auf Shopping-Anzeigen klicken und zu Produkten gelangen, die sich schnell als unpassend herausstellen.
Doch die Optimierung der Produktdaten und die Behebung von Fehlern im Datenfeed gestalten sich mühsam und zeitaufwendig – vor allem wenn das eigene Sortiment aus über 500.000 Artikeln besteht. In der Vergangenheit haben sich eine große Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern damit beschäftigt, den Produktdaten den letzten Schliff zu geben, nachdem diese bereits eine Reihe automatisierter Prüfungen durchlaufen hatten. Aber: „Wenn man mit einer halben Million Artikeln arbeitet, ist es menschlich einfach nicht mehr möglich, alle Fehler in den Daten zu finden oder Attribute zu identifizieren, die nicht offensichtlich sind“, erklärt CMO Dr. Sascha Vitzthum.
Generative KI optimiert Produkttitel, Beschreibungen und Attribute
In einem gemeinsamen Workshop zu generativer KI mit Google entstand die Idee, die Produktdatenqualität mithilfe von Large Language Models (LLMs) zu verbessern. Das Google-Team griff diesen Ansatz auf und entwickelte mit FeedGen ein Tool, das LLMs auf Google Cloud nutzt, um Titel und Beschreibungen in Produktdatenfeeds zu optimieren und fehlende Produktattribute zu ergänzen. Die Open-Source-Lösung ist für jeden zugänglich und kann ohne großen Entwicklungsaufwand in bestehende Setups integriert werden.
Doch wie arbeitet die generative KI genau? Das zeigt ein konkretes Beispiel.
Die Grafik zeigt exemplarisch, wie FeedGen auf Basis vorhandener Informationen, die in der linken Spalte abgebildet sind, die Produktdatenqualität verbessert. FeedGen integriert nicht nur relevante Produktdaten in den Titel, sondern verfasst auch eine gut lesbare Produktbeschreibung (rechte Spalte). Auch fehlende Attribute ergänzt die KI selbstständig und zieht sich beispielsweise aus der Beschreibung „black PWX fabric“ die Information, dass es sich bei dem nicht ausgefüllten Attribut für Farbe um „Schwarz“ handeln muss.
Nachdem die Idee zu FeedGen gemeinsam mit Home24 entstanden war, testete der Online-Möbelhändler als weltweit erster Kunde die Potenziale der Lösung. Um das Risiko fehlerhafter Produktbeschreibungen zu minimieren, wählte das Unternehmen zum Start als Testgebiet den kleineren französischen Markt. Zudem beschränkten die Marketer das Testsortiment auf 15.000 Artikel aus den Bereichen Sofas und Betten. „In Frankreich erfüllten unsere Produktdaten bisher nur die Mindeststandards für Shopping Ads“, erläutert Teresa Rüskamp, Product Owner MarTech bei Home24, die Hintergründe. „Als Titel und Beschreibung gab es nur den Produktnamen. Da haben wir uns von FeedGen einen schnellen Nutzen versprochen.“ Und Dr. Sascha Vitzthum ergänzt: „Früher erkannte der Algorithmus nicht, ob es sich um verschiedene Produkte handelt, wenn viele gleich benannt waren. Mithilfe von FeedGen ist es uns gelungen, die einzelnen Produkte voneinander zu differenzieren und gleichzeitig die Produkte in den Shopping-Anzeigen qualitativ hochwertig zu beschreiben.“
Angst vor zu fantasievollen Produktbeschreibungen waren unbegründet
Auch wenn das Team von Anfang an versuchte, alle Risiken auszuschließen, blieben bei der Umstellung auf FeedGen Restbedenken: „Natürlich haben wir uns Gedanken gemacht, ob bei LLMs die Qualität stimmt“, sagt Iskriyana Vasileva, Data Scientist bei Home24. „Aber wir haben unsere Kolleginnen und Kollegen in Frankreich zur Kontrolle hinzugezogen. Und die waren in den meisten Fällen zufrieden mit den Formulierungen der künstlichen Intelligenz“, so die MarTech-Expertin. Auch die Befürchtung, die generative KI könnte Produktinformationen erfinden, die gar nicht zum tatsächlichen Sofa oder Bett passen (im Fachjargon: „halluzinieren“), erwies sich als weitgehend unbegründet. „Bei einigen Artikeln war die Größe in den Produktdaten nicht angegeben und das Modell hat aufgrund anderer Informationen selbst Rückschlüsse darauf gezogen“, schildert Vasileva ein Beispiel. „FeedGen listet aber alle Änderungen der Attribute und Beschreibungen in mehreren Spalten auf, sodass man sie schnell überprüfen kann. Und diese Fälle waren bei uns nicht sehr häufig.“
Doch bevor FeedGen die französischen Produktdaten auf Hochglanz polieren konnte, musste das Team selbst noch einige Hausaufgaben erledigen und Daten sammeln, bereinigen und sinnvoll organisieren. „In der generativen KI gilt das Sprichwort: Gold rein, Gold raus“, sagt Iskriyana Vasileva. Kurz vor dem Projekt hat sie deshalb ein sogenanntes Named-Entity-Recognition-Model entwickelt, das Attribute erkennt, ihre Relevanz bewertet und ihre Reihenfolge optimiert. Dieses Modell wurde in FeedGen integriert, um die Attribute möglichst sauber einspielen zu können.
Anschließend legten die Performance Marketer die Erfolgsmetriken fest, anhand derer sie die Ergebnisse bewerten konnten. „Wir haben uns für Impressionen und Klicks entschieden“, erzählt die MarTech-Expertin Vasileva. „Wir gingen davon aus, dass die Produkte umso mehr Impressionen erzielen, je näher sie am Google-Standard liegen. Und bei den Klicks stellten wir die These auf, dass ein Produkt umso mehr Klicks erhält, je relevanter es für die Nutzerinnen und Nutzer ist.“
A/B-Test überraschte mit guten Uplift-Werten
Auch das Setup für die Erfolgsmessung war ausgeklügelt. Das Team setzte einen achtwöchigen A/B-Test auf, bei dem die Produkte nach dem Zufallsprinzip je zur Hälfte in eine Test- und eine Kontrollgruppe aufgeteilt wurden. Um die Aussagekraft des Tests zu verbessern, wurden Methoden wie Cross-over und CUPED (Controlled Experiment Using Pre-Experiment Data) angewandt. Bei der Crossover-Methode werden die Test- und die Kontrollgruppe nach der Hälfte der Zeit vertauscht, während CUPED die Varianz der untersuchten Metriken durch die Berücksichtigung von Vergangenheitsdaten verringert. Wie stark die optimierten Produktdaten die Reichweite und Performance der Shopping-Kampagne verbesserten, wurde schnell deutlich:
- Die Klicks verzeichneten einen Uplift von 29 Prozent.
- Die Impressionen verzeichneten einen Uplift von 25 Prozent.
„Die guten Uplifts haben uns überrascht“, resümiert Vasileva. „Und auch die von der künstlichen Intelligenz erstellten Beschreibungen klingen überwiegend wirklich gut.“ Auch die Zusammenarbeit mit Google wissen alle Beteiligten zu schätzen. „Wir sind eine Organisation, die ihre Ressourcen sorgfältig nutzt“, sagt Dr. Sascha Vitzthum. „Dank der Unterstützung von Google haben wir Zugang zu einem erweiterten virtuellen Team, was uns hilft, unser Potenzial, insbesondere im Bereich KI, besser auszuschöpfen. Mit Google an unserer Seite fühlen wir uns fast so, als wären wir ein viel größeres Team.“
Für die Zukunft hat das Team schon jede Menge neue Ideen, was mit künstlicher Intelligenz alles möglich wäre. Ein Fokus liegt darauf, mithilfe generativer KI Produkt- und Mood-Fotos zu erstellen. Zudem denkt der Händler darüber nach, mithilfe von LLMs Social-Media-Postings zu erstellen und einen Shopping Assistant zu entwickeln. Auch FeedGen wird bei Home24 weiter zum Einsatz kommen. Der Roll-out für weitere Märkte, Sprachen und Produktkategorien ist geplant – auch im wichtigsten Kernmarkt Deutschland.
3 Takeaways von Home24 für den erfolgreichen Einsatz von FeedGen
- Klare Erwartungen definieren: Unternehmen sollten im Vorfeld definieren, welche Erfolgs-KPIs sie sehen wollen und was sie von dem Tool erwarten.
- Gezielt starten: Unternehmen sollten nicht gleich das ganze Sortiment umstellen, müssen aber eine Kategorie finden, die groß genug ist, um statistisch signifikante Resultate zu erzielen.
- Saubere Daten: Unternehmen sollten darauf achten, nur relevante Attribute einfließen zu lassen und Werte (z. B. Farben) zu standardisieren.