Kris Tait, Business Development Director bei Croud, spricht über die Evolution der Werbung und führt die neue Theorie „Flow in der Werbung” ein. Drei Faktoren sind ausschlaggebend dafür, wie schnell dieses neue Konzept Wirklichkeit werden könnte: Eigentumsrechte an Daten, das Internet der Dinge (IoT) und das sogenannte „emotionale Internet”. „Datenfeeds gibt es in den verschiedensten Bereichen. Wenn wir jedoch die richtige Anzeige am richtigen Ort schalten wollen, müssen wir den richtigen Weg finden, über Schnittstellen (APIs) Zugang zu diesen Daten zu bekommen”, erläutert Tait.
Bei einem Artikel über Datenströme bietet sich natürlich ein Vergleich mit dem Fluss des Blutes durch den Körper an. Der menschliche Körper produziert 2,5 Millionen rote Blutkörperchen pro Sekunde, eine Zahl, die der Bevölkerungszahl des Ballungsraums Manchester entspricht. Das Blut strömt durch ein System von Blutgefäßen, das fast 97.000 km lang wäre, würde man sie aneinanderreihen. Dies entspricht zweieinhalb Erdumrundungen. Unsere Nase kann 50.000 Gerüche unterscheiden und neben den anderen klassischen Sinnen wie Sehen, Hören und Schmecken verfügen wir Menschen noch über 15 weitere Sinne (z. B. Sinneswahrnehmungen für Gleichgewicht, Temperatur, Schmerz, Zeit, Durst, Völlegefühl usw.). Schon zum Aufstehen von einem Stuhl müssen wir eine riesige Datenmenge verarbeiten. Wäre das menschliche Gehirn ein Computer, könnte es 38.000 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde durchführen. Zum Vergleich: Der schnellste Supercomputer der Welt erbringt nur 0,002% dieser Leistung.
Man kann also mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass es auf diesem Planeten kein Wesen gibt, das weiter entwickelt ist als der Mensch. Woher also sollen Computer, Algorithmen oder Gebotsverwaltungsplattformen wissen, wie man Menschen etwas verkauft? Sie können es zwar versuchen, aber mal ehrlich: Wann haben Sie das letzte Mal eine perfekt gestaltete Displayanzeige gesehen?
Wenden wir uns nun aber der Frage zu, welche Auswirkungen die Digitalisierung einiger der oben genannten Sinneseindrücke in Zukunft auf die Gestaltung unserer Feeds für das Performance-Marketing haben könnten.
Beginnen wir mit einem stark vereinfachten Überblick über die Geschichte des Marketings und seiner Entwicklung bis zum heutigen Tag.
Zu Beginn des "ersten Marketingzeitalters" haben uns Unternehmen ihre Botschaften und Produkte einfach aufgedrängt. Und was hatten die Verbraucher davon? Kaum etwas. Darauf folgte das nächste Entwicklungsstadium, das ich "gezieltes Marketing" nennen möchte. In diesem Stadium befinden wir uns nach wie vor. Wir nutzen Daten und Signale aus der Vergangenheit, um unsere Marketingaktivitäten auf verschiedene Zielgruppen auszurichten. Ich spreche bewusst von "ausrichten" und nicht von "personalisieren", da wir noch lange nicht beim tatsächlich personalisierten Marketing angekommen sind. Das wird sich aber bald ändern.
Andy Hobsbawn, Gründer des IoT-Unternehmens EVRYTHNG, hat das dritte Stadium recht gut in Worte gefasst. Er beschreibt, wie Produkte in Zukunft mit einer eigenen Stimme sprechen werden:
Das Produkt selbst wird zum dynamischen, intelligenten Onlineobjekt, das mitbestimmt, wie es hergestellt, verkauft und genutzt wird.
Ich spreche hier nicht über reine Theorie, denn der Anfang ist bereits gemacht. Das IoT (Internet der Dinge) wird unser Leben schneller durchdringen, als wir uns das vorstellen können.
Das ist eine der drei Entwicklungen, die wir im Auge behalten sollten. In den kommenden Monaten und Jahren wird sie sicherlich unsere digitalen Kampagnen und die Nutzung von Feeds und APIs beeinflussen. An erster Stelle werden aber die Eigentumsrechte an Daten weiter ein großes Thema bleiben. Eine Zukunft, in der Nutzer Inhaber ihrer persönlichen Daten sind und kontrollieren können, welche Dienstleister oder Unternehmen auf diese Daten zugreifen dürfen, scheint nicht mehr weit entfernt. Infolgedessen könnte die Werbeerfahrung sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher sehr viel relevanter werden und letzten Endes einen konkreten Nutzen bringen.
Der zweite Aspekt ist das Internet der Dinge (IoT). Sobald es sich durchgesetzt hat, könnte "Personalisierung" eine ganz andere Bedeutung erhalten. Ein Beispiel hierfür ist das von Google finanzierte, ehrgeizige Project Jacquard, in dessen Rahmen massenproduktionstaugliche Kleidung mit unsichtbaren Bedienschnittstellen für Computer in die Realität umgesetzt werden sollen. Häuser und Autos sind bereits online, aber stellen Sie sich einmal folgendes Szenario vor: Wenn Ihr Reifenprofil abgefahren ist, sendet Ford eine Benachrichtigung an Ihr Smartphone oder Ihre Uhr, in der Ihnen zehn freie Termine für den Kundendienst angeboten werden. Produkte wären so eng mit unserem Alltag verwoben, dass Unternehmen deren Daten nutzen könnten, um potentielle Probleme noch vor ihrem Auftreten zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Ein bekanntes Beispiel hierfür liefert der Autohersteller Tesla. Das Unternehmen hatte ein Ladeproblem bei 29.000 Modellen seiner S-Reihe erkannt und konnte es beheben, noch bevor es die Kunden überhaupt bemerkten.
Drittens wäre da das "emotionale Internet", das menschliche Gefühle erfassen soll. Genauer gesagt geht es dabei um die Verbindung einiger der vorher erwähnten menschlichen Körpersignale und Gefühle mit dem Internet. Wearables messen unsere Bewegungen, unsere Herzfrequenz und die von uns verbrauchten Kalorien. In den kommenden Jahren wird die Technologie aber im Stande sein, unsere Ängste, unser Glück oder unsere Wut in bestimmten Situationen zu erfassen. Mihaly Csikszentmihalyi, der Psychologe, der die Theorie des Flow-Zustandes entwickelt hat (hier der entsprechende TED-Vortrag), entwickelte in Zusammenarbeit mit Hitachi ein winziges Gerät, das sich an einem Namensschild befestigen lässt und einige biometrische Faktoren misst, die laut Csikszentmihalyi und anderen auf einen Flow-Zustand hinweisen könnten.
Betrachten wir die Idee des Flow etwas genauer. Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Unternehmen, Organisationen und Regierungen Zugriff auf solche Emotionsdaten haben. Nehmen wir an, ich würde eine Theorie des "Flows in der Werbung" entwickeln: des Zustands, in dem Menschen am stärksten für Werbung empfänglich sind oder sich am meisten für die Werbung eines bestimmten Unternehmens interessieren. Wie würde das in der Praxis aussehen?
Sie und ich wären über unterschiedliche Kanäle mit dem Internet verbunden: Browserverlauf, Zahlungsmethoden, Smart Homes und vernetzte Autos, Biometrie und Emotionen. All diese Daten wären auf einer Verwaltungsplattform für persönliche Daten abgelegt, und nur Sie allein könnten anderen Zugang dazu gewähren. Sie könnten zum Beispiel Ihrem Arzt Zugriff auf Ihre Gesundheitsdaten gewähren oder zulassen, dass Sky auf Ihren Browserverlauf, Ihre sozialen Datenfeeds und Emotionen zugreift, damit das Unternehmen sie über eine API auswerten und Ihnen zur rechten Zeit interessante Angebote machen kann.
Datenfeeds gibt es in den verschiedensten Bereichen. Wenn wir aber die richtige Anzeige am richtigen Ort schalten wollen, kommt es vor allem darauf an, wie wir über Schnittstellen (APIs) auf diese Daten zugreifen können. Um interessant zu sein, musste Werbung schon immer eine emotionale Reaktion bei der Zielgruppe auslösen. Wenn die Werbung keinerlei Bedeutung für den Verbraucher hat, wird er sich nicht dafür interessieren und auch nichts kaufen. "Flow in der Werbung" könnte uns endlich dem Ziel einer tatsächlich personalisierten Werbung näher bringen.