Angesichts der mobilen Revolution stellt sich die Frage: Sollten wir das Storytelling auf das Werbemedium abstimmen? Wie sollte sich die mobile Videowerbung weiterentwickeln? Das Google-Team Art, Copy & Code hat versucht, Antworten zu finden. In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit den Ergebnissen unseres ersten Tests.
Mobilgeräte, insbesondere Smartphones, sind unsere ständigen Begleiter. Wir haben sie überall dabei: Wir halten sie in der Hand, haben sie eingesteckt und sie liegen auf dem Nachttisch. Der Griff zum Smartphone ist oft die erste Aktion am Morgen und die letzte beim Zubettgehen. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für unsere Anzeigen und unser Storytelling? Und inwiefern beeinflusst dieser kleine Bildschirm des Smartphones die Wahrnehmung unserer Geschichten durch die Nutzer?
Mobile Anzeigen galten lange Zeit als Herausforderung. Auf dem kleinen Bildschirm große Geschichten zu erzählen, kann schwierig sein. Dennoch wissen wir, dass Unternehmen mit mobiler Werbung eine engere persönliche Beziehung herstellen können als mit TV- oder Desktop-Werbung. Und da Videos eine immer größere Rolle in der Welt der mobilen Nutzer spielen, müssen sich Unternehmen neue und bessere Markengeschichten für Mobilgeräte überlegen.
Das Projekt "Unskippable Labs"
Was kommt in der mobilen Videowerbung bei Nutzern an? Und wie unterscheidet es sich von dem, was in der TV-Werbung ankommt? Niemand vermag das zu sagen. Nur entsprechende Tests können Aufschluss über diese neue Welt der mobilen Werbung geben: Mithilfe aussagekräftiger Analysemethoden muss festgestellt werden, worauf Nutzer ansprechen.
Mit YouTube TrueView – einem Anzeigenformat, bei dem der Nutzer entscheidet, ob er sich die Anzeige ansieht oder ob er sie überspringt – haben wir drei verschiedene Versionen der gleichen Geschichte getestet. Wir wollten herausfinden, was Nutzer dazu veranlasst, sich eine Anzeige anzusehen. Außerdem haben wir über Umfragen zur Anzeigenwirkung auf die Markenbekanntheit Daten zu Messwerten wie der Anzeigenerinnerung und der Markenbekanntheit erhoben, um festzustellen, ob bestimmte Versionen wirkungsvoller sind als andere. Mit unseren Tests wollten wir Aufschluss darüber erhalten, wodurch sich Anzeigen auszeichnen, die nicht übersprungen werden.
Umgestaltung eines TV-Spots für die Videowerbung
Für den ersten Test im Rahmen des Projekts "Unskippable Labs" untersuchte das Google-Team Art, Copy & Code gemeinsam mit Mountain Dew, BBDO New York und OMD Worldwide zunächst, was sich Nutzer, die mobilen Videowerbung konsumieren, am ehesten ansehen und wie sich dies auf markenbezogene Messwerte auswirkt. Für diesen Test haben wir eine tolle Anzeige ausgewählt und in der Hoffnung umgestaltet, dass sie auf Mobilgeräten noch besser ankommt.
Wir entschieden uns für den Werbespot Come Alive für das Getränk Mountain Dew® Kickstart™ – eine beliebte Werbung, die zwei Monate lang als TV- und TrueView-Anzeige geschaltet worden war und auf YouTube insgesamt fast 9 Millionen Aufrufe erzielt hatte. Wir wollten diese Anzeige so umgestalten, dass sie noch seltener übersprungen wird, insbesondere auf Mobilgeräten.
Im Folgenden werden die Ergebnisse für die drei verschiedenen Versionen der getesteten mobilen Videoanzeige erläutert.
Version 1 der Anzeige für Mountain Dew Kickstart: "The Original"
Die Version: "The Original" diente bei unserem Test als Kontrollversion. Es handelt sich um einen 30 Sekunden langen Werbespot mit drei jungen Männern, die zum Mountain Dew Kickstart greifen und zu tanzen beginnen – und alles in der Kellerwohnung, vom Polstersessel bis zum Hund, tanzt mit. Schießlich sind die Männer nicht mehr zu halten und stürmen aus der Wohnung.
Die Theorie: Die bestehende Version ist die beste. Der Werbespot hat den typischen Erzählbogen mit einem klaren Anfangs-, Mittel- und Schlussteil. Tolle Geschichte, Action, hervorragender Schnitt und klasse Song – eine Erfolg versprechende Kombination.
30 sekunden
Version 2 der Anzeige für Mountain Dew Kickstart: "The Big Punch"
Die Version: Diese 31 Sekunden lange mobile Anzeige beginnt mit einer plakativen Großaufnahme des Produkts und einem Countdown, mit dem signalisiert wird, dass gleich etwas ganz Besonderes passiert. Anschließend wird der Betrachter sofort in die Handlung versetzt. Von dort aus entwickelt sich dann die Geschichte.
Die Theorie: Die Idee bei dieser Version ist, der Zielgruppe die Marke zu präsentieren, bevor die Anzeige übersprungen werden kann. Der Erzählbogen ist hier nicht so klar wie im Original, die Handlung bleibt jedoch weitgehend unverändert. Bei dieser Version ging es uns nicht unbedingt um die Steigerung der Aufrufe, sondern eher um eine starke Verbesserung der markenbezogenen Messwerte.
31 sekunden
Version 3 der Anzeige für Mountain Dew Kickstart: "Pure Fun"
Die Version: Der Betrachter wird sofort in die Handlung versetzt – ohne Musik und ohne genau zu wissen, worum es eigentlich geht. Dann setzt die Musik ein und in der Videoanzeige sind verschiedene Tanzelemente zu sehen. Mit 1 Minute und 33 Sekunden ist diese Anzeige wesentlich länger als die beiden ersten.
Die Theorie: Was geschieht, wenn der Betrachter nicht sofort weiß, worum es eigentlich geht: keine Musik, keine Hinweise, keine Geschichte. Wenn ihn das anspricht, können unerwartete Elemente wie tanzende Hunde oder ein singender Tisch eingesetzt werden. Die Anzeige hat keinen starken Erzählbogen. Die Marke und das Produkt werden im Lauf des Videos präsentiert, jedoch weniger explizit als in den ersten beiden Anzeigen.
93 Sekunden
Ergebnisse unseres Tests
Welche Erkenntnisse haben wir gewonnen? Es gab keinen klaren Gewinner, der bei allen von uns berücksichtigten Messwerten vorn gelegen hätte. Wir haben jedoch festgestellt, dass Mobilgeräte eine unverbrauchte Plattform bieten, die dazu einlädt, herkömmliche Werbemaßstäbe über Bord zu werfen und das Spaßelement stärker zu betonen.
View-through-Rate auf Mobilgeräten bei "Pure Fun" um 26 % höher als bei den anderen Anzeigenversionen
Das Unerwartete kann eine starke Wirkung haben. Bei Aufrufen über Desktop-Computer waren die View-through-Raten für alle drei Anzeigen ungefähr gleich. Bei Mobilgeräten stellten wir jedoch etwas Erstaunliches fest: Obwohl "Pure Fun" keinen herkömmlichen Handlungsstrang oder Aufbau hatte, lag die Aufrufrate für dieses Video bei Mobilgeräten um 26 % höher als bei den anderen Versionen.
Wir vermuten, dass Nutzer von dem geheimnisvollen Videoinhalt fasziniert waren. Sie wollten wissen, wie die Geschichte weitergeht, und haben sich deshalb die Anzeige weiter angesehen. Obwohl die ursprüngliche Anzeige bereits ein großer Erfolg war, konnten wir mit einer anderen Art von Geschichte eine noch stärkere Wirkung erzielen.
Auf Mobilgeräten werden Anzeigen möglicherweise öfter und länger angesehen. "Pure Fun" (Version 3) wurde über Mobilgeräte nicht nur häufiger aufgerufen als über Desktop-Computer, sondern auch länger angesehen. Diese Anzeige war mit 1 Minute und 33 Sekunden mehr als dreimal so lang wie die beiden anderen Versionen. Die Gelegenheit, mehr zu sehen, wurde genutzt: Die durchschnittliche Wiedergabedauer lag bei 1 Minute und 9 Sekunden.
Dies eröffnet kreative Möglichkeiten: Die Anzeige muss nicht unbedingt eine abgespeckte Version des TV-Spots sein. Bei mobilen Videoanzeigen muss nicht alles schneller sein, sondern effektiver. Dies gilt es beim Entwerfen der Anzeigen zu beachten. Wir sollten unsere Geschichten nicht einfach in ein kleineres Format bringen, sondern können ganz neue Formate entwickeln.
Für die Markenentwicklung sind keine Anzeigen erforderlich.Im Zusammenhang mit der Anzeigenwirkung auf die Markenentwicklung war eine interessante Diskrepanz festzustellen. Bei "Pure Fun" war die Anzeigenerinnerung mobiler Nutzer mehr als 54 % geringer als bei den beiden anderen Versionen. Die Anzeigenwirkung auf die Markenbekanntheit war jedoch bei allen drei Versionen ungefähr gleich. Nutzer, die sich "Pure Fun" angesehen hatten, erinnerten sich nicht daran, eine Anzeige für Mountain Dew Kickstart gesehen zu haben. Das lag vielleicht daran, dass dieses Video nicht wie ein üblicher Werbespot gestaltet war. Dennoch erinnerten sich die Nutzer genauso gut an die Marke wie bei den anderen Versionen. Außerdem zeigte sich, dass die Anpassung von Anzeigen für digitale Medien nicht einfach darin bestehen kann, dass den Nutzern die Marke präsentiert wird, bevor sie die Anzeige überspringen können. Die Version "The Big Punch" trug nicht stärker zur Markenbekanntheit als die beiden anderen Anzeigenversionen. Die Marke an den Anfang zu stellen, ist kein Patentrezept.
54 % geringere Anzeigenerinnerung bei "Pure Fun"
Als wir die Resonanz mobiler Nutzer auf "Pure Fun" mit der von Desktop-Nutzern verglichen haben, ist uns ein weiterer interessanter Aspekt aufgefallen: Die Markenbekanntheit war bei mobilen Nutzern deutlich höher. Aber aus welchem Grund? Offenbar gab es etwas, das ganz unterschiedlich gewirkt hatte. Wir wissen allerdings nicht, was es war. Möglicherweise waren mobile Nutzer stärker auf die Anzeige fokussiert und konnten sich deshalb besser an die Marke erinnern, auch wenn sie die Anzeige nicht als solche empfunden haben. Vielleicht gibt ein weiterer Test Aufschluss darüber.
Wir sind von einer hervorragenden Anzeige ausgegangen und haben sie für Mobilgeräte optimiert. Wir haben erreicht, dass das Video seltener übersprungen und länger betrachtet wird. Hinsichtlich der Resonanz von Nutzern auf mobile Videowerbung konnten wir einige Dynamiken feststellen, die zeigen, dass die Einflussfaktoren anders sind, als wir es uns vorgestellt haben. Für diesen Test haben wir mit vorhandenem Material gearbeitet, keine zusätzlichen Aufnahmen gemacht und das Video nur einen Nachmittag lang bearbeitet.
Der Test hat uns kein Patentrezept geliefert und veranlasst uns auch nicht zu der Schlussfolgerung, dass wir alles über Bord werfen müssen, was wir über Werbung wissen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass wir mit längeren, gehaltvolleren Geschichten Wirkung erzielen können – mit Inhalten, die nicht unbedingt an Werbung erinnern. John Osborn von BBDO New York bringt es auf den Punkt: "Es ist, als wollte man ein Picasso-Gemälde in Originalgröße in einem Puppenhaus aufhängen." Was er damit meint, ist, dass es immer auf den Kontext ankommt. Selbst die besten TV-Werbespots lassen sich für Mobilgeräte noch verbessern.
Greg Lyons, Vice President Marketing für Mountain Dew, teilt diese Auffassung. "Das Projekt 'Unskippable Labs' zeigt, wie wir über YouTube unsere zunehmend auf Mobilgeräte fokussierten Nutzer zu dem Zeitpunkt und dort ansprechen können, wo sie am interessiertesten sind. Es geht nicht darum, sie mit einer Markenbotschaft zu stören, sondern unterhaltsame Inhalte zu erstellen, die Beachtung verdienen."
Dieser Test lässt den Schluss zu, dass wir bei mobiler Werbung unsere Vorstellungen von traditionellen Anzeigen möglicherweise hinter uns lassen sollten. Unsere Anzeigen müssen nicht kürzer, schneller und leichter verdaulich sein. Sie können ruhig länger, gehaltvoller und vielleicht sogar ein wenig skurriler sein. Unser Augenmerk gilt zunehmend der mobilen Werbung. Daher sind wir gespannt darauf, wie speziell für Mobilgeräte erstellte Videos aussehen werden, und freuen uns auf die weitere Entwicklung.