Wego, Twitter, Alibaba, Lancôme und Debenhams sind nur einige Unternehmen, die ihren Kunden mit progressiven Web-Apps (PWAs) reibungslose Abläufe auf Mobilgeräten anbieten. Daniel An, Global Product Lead für mobiles Web bei Google, erfuhr von Igor Faletski, CEO bei Mobify, wie Unternehmen mit PWAs ihren Umsatz steigern können.
Wenn dieser Artikel Sie interessiert, gehört es wahrscheinlich zu Ihren Aufgaben, sich über wichtige technologische Neuerungen in Ihrer Branche zu informieren. Vielleicht haben Sie auch schon einmal ein Projekt zur digitalen Transformation geleitet oder planen ein solches in naher Zukunft. Sie wissen schon: Es geht um diese Riesenprojekte mit enorm aufwendigen Migrationen, deren Vorteile jedoch erst Jahre nach dem Abschluss zum Tragen kommen. Aber jetzt gibt es vielleicht noch eine andere Möglichkeit: eine progressive Web-App.
Mit einer PWA können Kunden direkt von reibungslosen Abläufen auf Mobilgeräten profitieren und Unternehmen erzielen schneller einen Return on Investment. Damit ist es möglich, Kosten bei einer größeren digitalen Transformation einzusparen und gleichzeitig das Risiko zu mindern.
Ich habe mit Igor Faletski, CEO bei Mobify, gesprochen. Sein Unternehmen entwickelt gemeinsam mit Partnern PWAs. Ziel ist es, von führenden zukunftsorientierten Unternehmen zu erfahren, wie sie in die Entwicklung mobiler Websites investieren und welche finanziellen Vorteile sich aus der Verwendung von PWAs ergeben.
Daniel An von Google: Was sind eigentlich progressive Web-Apps und warum wird so viel Wirbel darum gemacht?
Igor Faletski von Mobify: Mit progressiven Web-Apps werden Nutzern im Web App-ähnliche immersive Abläufe geboten, die auch bei schlechter Netzwerkverbindung sofort verfügbar sind. Sie funktionieren wie mobile Apps, sind allerdings im Web hinterlegt. Es ist also nicht erforderlich, den App oder Play Store zu besuchen.
Gibt es bestimmte Unternehmen oder Branchen, die von einer PWA profitieren? Und was bringt diese Firmen dazu, eine PWA zu entwickeln?
Faletski: Jedes Unternehmen, das seine Produkte oder Dienstleistungen online verkauft, kann von einer PWA profitieren. Wenn sich die Seitenladezeit von einer auf fünf Sekunden verlängert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Nutzer die mobile Website vorzeitig verlässt, um 90 %.1 Wird die Zahlungsseite also nicht sofort geladen, ist der Abschluss des Kaufvorgangs gefährdet. Eine progressive Web-App bietet reibungslose Abläufe und schnelle Seitenladezeiten. So können Nutzer die gewünschten Vorgänge schnell und effektiv abschließen.
Wird die Zahlungsseite also nicht sofort geladen, ist der Abschluss des Kaufvorgangs gefährdet.
Kundenerwartungen ändern sich. Unternehmen müssen sich darauf einstellen und Nutzern immersivere und schnellere Abläufe auf Mobilgeräten bieten, um ihren Umsatz weiterhin zu steigern.
Es ist ein hoher Kostenaufwand erforderlich, um Nutzer zu gewinnen, die vermutlich einen Kauf tätigen. Wieso sind PWAs eine effiziente Lösung und welche Ergebnisse können Sie bisher vorweisen?
Faletski: Unsere internen Studien haben ergeben, dass mit PWAs zwei- bis viermal schnellere Seitenladezeiten erzielt werden. So bleiben einmal gewonnene Nutzer bei der Stange.
Wir haben kürzlich gemeinsam mit dem britischen Einzelhändler Debenhams eine PWA veröffentlicht und die Ergebnisse waren überragend. Das Unternehmen hat über 240 Ladengeschäfte in 27 Ländern. Im Zuge des Projekts haben wir acht Kampagnen mit einer Laufzeit von zwei Wochen veröffentlicht. Die Wachstumsraten bei den mobilen Conversions stiegen um zweistellige Prozentpunkte. Man kann also sagen: Aus "Pendler-Surfen" wurde "Pendler-Shopping". Sergio Bucher, CEO bei Debenhams, sprach im Earnings Call ungefähr fünf Minuten lang über die Einführung und Vorteile der PWA im Vergleich zum responsiven Webdesign. Er ist überzeugt, dass die App dazu beiträgt, sich von anderen Mitbewerbern abzuheben. Der Senior Digital Product Manager für mobile Werbung bezeichnete die Ergebnisse als "beeindruckend".
Die Wachstumsraten bei den mobilen Conversions stiegen um zweistellige Prozentpunkte. Man kann also sagen: Aus "Pendler-Surfen" wurde "Pendler-Shopping".
Die Annahme, dass man bei Investitionen in Web- und/oder native Apps unweigerlich Abstriche machen muss, ist weitverbreitet. Was halten Sie davon?
Faletski: Bisher boten Apps effektivere Abläufe als das mobile Web, aber das hat sich geändert. Jetzt können Unternehmen einer viel größeren Zielgruppe ähnliche Nutzererfahrungen wie bei einer nativen App mit hohen Conversion-Raten im mobilen Web präsentieren – und zwar ganz ohne Abstriche. Das bedeutet aber nicht, dass bereits vorhandene Apps aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Zum Glück gibt es Lösungen, mit denen die PWA durch umfassende native Komponenten erweitert werden kann, sodass sich Web-, iOS- und Android-Codebasen einheitlich verwalten lassen.
Wann ist der geeignete Zeitpunkt, eine PWA zu entwickeln?
Faletski: Im Einzelhandel ist mobile Werbung der einzige Kanal, der im Vorjahresvergleich ständig wächst. Für das letzte Black-Friday-Wochenende haben unsere internen Daten gezeigt, dass mobile Zugriffsraten im Vergleich zum Vorjahr an einigen Tagen um mehr als 20 % stiegen und die Zugriffe auf Computern für diesen Zeitraum zurückgingen oder stagnierten. Nutzer verwenden mittlerweile bevorzugt Mobilgeräte. Einzelhändler, die sich diesem Verhalten nicht anpassen und mobile Zugriffe nicht in Umsatz umwandeln können, büßen erhebliche Beträge ein.
In der Regel verzeichnen unsere Kunden nach der Einführung einer PWA eine Umsatzsteigerung um 20 %. Je länger ein Unternehmen also keine PWA verwendet, desto mehr Umsatz entgeht ihm am wichtigsten Touchpoint im Kaufprozess. Ein Beispiel: Einem Einzelhändler mit einem Jahresumsatz von 20 Mio. $ im Bereich E-Commerce würden demnach 1,4 Mio. $ pro Monat entgehen, den er mit der Einführung der PWA wartet. Bei sechs Monaten wären es weitere 6,8 Mio. $.
Umsatzverluste bei verzögerter Implementierung
Welche Dinge sollten Unternehmen auf jeden Fall bei der Entwicklung einer PWA beachten?
Faletski: Mangelnde Erfahrung stellt häufig ein großes Problem dar. Einzelhändler, die ihre erste eigene PWA entwickeln, werden zwangsläufig auf unerwartete Probleme stoßen, z. B. wie Inhalte im Cache korrekt zwischengespeichert werden, ohne das System der Bestellungsverwaltung zu beeinträchtigen. Dies kann zu falschen Kundenerwartungen in Bezug auf die Verfügbarkeit führen. Man muss zudem berücksichtigen, dass PWAs Anwendungen und keine Webseiten sind – auch wenn sie mit Webtechnologien erstellt werden.
Ein weiteres Problem könnten die Analysen sein. Die meisten integrierbaren Lösungen von Drittanbietern, darunter auch Analysetools, wurden nicht für Umgebungen mit PWAs entwickelt. Viele Ereignisse, die von Drittanbieter-Tracking-Tools erfasst werden, treten in PWAs nicht auf. Deshalb sollte eine Plattform mit sofort integrierbaren Analysetools verwendet werden.
Für eine optimale Bereitstellung und Weiterentwicklung der PWA eignet sich am besten eine Plattform. Wenn ein Unternehmen seine Web-App intern ganz neu erstellt, verfügt es am Ende zwar über seine eigene Entwicklung, aber auf einer Plattform werden im selben Zeitraum für alle Kunden Funktionen weiterentwickelt und hinzugefügt.