Die Werbeindustrie beendete das Jahr 2015 mit deutlichem Rückenwind. Die Werbeausgaben stiegen in den ersten sechs Monaten um 5,8 %, und wenn man den Prognosen glauben darf, hat sich der positive Trend auch in der zweiten Jahreshälfte fortgesetzt*. Dies ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass die Werbeindustrie für die britische Wirtschaft von großer Bedeutung ist. Es wird sogar vorausgesagt, dass die Ausgaben im Jahr 2016 mehr als 20 Milliarden £ betragen werden.
Der unglaubliche Anstieg der Onlineausgaben setzt sich weiter fort, und so vergrößert sich auch der Anteil an den Gesamtausgaben. Prognosen zufolge sollten 2015 mehr als 50 % der gesamten Medienausgaben auf Onlinemedien entfallen. Genaue Zahlen liegen noch nicht vor, aber ich habe keinen Zweifel daran, dass sich das bewahrheiten wird2.
Die Ausgangslage für Medien und Werbeindustrie im Jahr 2016 könnte also kaum besser sein. Natürlich werden wir auch in diesem Jahr wieder Herausforderungen gegenüberstehen, doch angesichts des für unsere Branche so typischen innovativen Geists und des Einfallsreichtums bin ich mir sicher, dass wir den Aufwärtstrend fortsetzen werden.
Im Folgenden präsentiere ich nun die möglichen Herausforderungen des Jahres 2016 aus meiner Sicht.
Der mobile Sektor
Wachstumsstrategien, die sich nicht auf den mobilen Sektor konzentrieren, haben 2016 keine Chance. Das oberste Gebot für ambitionierte Unternehmen: mobile Websites optimieren, Kundendaten sammeln und überzeugende Nutzererfahrungen bereitstellen, die zu Käufen führen. Wer dies nicht beherzigt, hat das Nachsehen. Die Messwerte zu Nutzung und E-Commerce lassen keinen Zweifel: Über ein Drittel aller E-Commerce-Verkäufe wurde über Mobilgeräte abgewickelt.3 Gleichzeitig vermeldet Amazon den stärksten Schlussverkaufstag aller Zeiten. Am ersten Freitag der Weihnachtssaison ("Black Friday") wurden 86 Artikel pro Sekunde verkauft4. Sehen Sie sich einmal an, wie das Social Shopping eingeschlagen hat, und wie häufig Kunden mittlerweile direkt auf den verschiedenen Plattformen einkaufen. Google möchte natürlich sicherstellen, dass die Händler von diesem unmittelbaren Kundeninteresse profitieren. So wurden auf YouTube mit TrueView für Shopping und Shopping-Anzeigen für YouTube Anzeigenformate in der Video-Sparte eingeführt, die Click-to-buy-Anzeigen in Partnervideos ermöglichen.
Auf YouTube wurden Shopping-Anzeigenformate eingeführt, damit Händler von dem unmittelbaren Kundeninteresse profitieren können.
Video
Zwei wichtige Aspekte im Hinblick auf Videos:
- Werbetreibende und ihre Agenturen müssen sich auf die Videoanzeigenformate konzentrieren, die bei Zuschauern am besten ankommen. Videos werden immer beliebter. Im Vergleich zum Vorjahr verbrachten Nutzer ganze 60 % mehr Zeit auf YouTube. Störende Anzeigen werden allerdings nicht verziehen. Wir sind davon überzeugt, dass überspringbare Anzeigen in einem einzigen Anzeigenformat die Interaktivität fördern und gleichzeitig als stichhaltige Belege für Effektivität und Interaktionen genutzt werden können. Werden Zuschauer aber mit zu viel Werbung konfrontiert, hat das negative Folgen. Innovationen wie die Erstellung und Wiedergabe von 360-Grad-YouTube-Videos führen außerdem dazu, dass Videos noch stärker nachgefragt werden.
- Der Aufstieg der YouTube-Vlogger wird sich fortsetzen, da sie sich zu echten Mainstreamprominenten weiterentwickeln, die in allen Medien präsent sind. Zoella kennt mittlerweile jeder, und zahlreiche andere wie Dan und Phil oder Tanya Burr haben bereits denselben Weg eingeschlagen. Die Multi-Channel-Netzwerke, die YouTube-Talente fördern und begleiten, werden zu attraktiven Übernahmezielen für traditionelle Medienunternehmen. Das deutsche Medienunternehmen ProSiebenSat1 hat sich bereits die Mehrheit der Anteile am Collective Digital Studio gesichert5. Die Reichweite von Videos kann mit Google Preferred genutzt werden. Diese Funktion ermöglicht es Werbetreibenden, das Inventar der Top 5 % der beliebtesten YouTube-Kanäle zu reservieren.
Innovationen wie 360-Grad-YouTube-Videos führen dazu, dass Videos noch stärker nachgefragt werden.
Digitale Displaywerbung und Programmatic
Werbetreibende und Agenturen müssen die Chance besser nutzen, die sich durch programmatische Käufe eröffnet, und in die besten Systeme zum Sammeln und Auswerten von Kundendaten investieren. Nur so werden sie in der Lage sein, effektive Botschaften effizient zu übermitteln. Der ROI für programmatische Käufe wird durch Geschichten angekurbelt, die auf Daten basieren. Davon profitieren die Werbetreibenden und Agenturen mit den relevantesten und am besten personalisierten Botschaften.
Der ROI für programmatische Käufe wird durch Geschichten angekurbelt, die auf Daten basieren.
Die Sorge im Hinblick auf blockierte Anzeigen wird wohl abnehmen. Zeitungen wie The Guardian und City A.M. machen auf die Vorteile von Nutzerdaten für Inhalte aufmerksam, während die Werbecommunity dank Initiativen wie L.E.A.N. vom IAB mehr und mehr begreift, wodurch sich Bad Practices auszeichnen6.
Agenturmodelle
Ich glaube, dass das derzeitige Agenturmodell überarbeitet werden muss, und zwar sowohl für Werbe- als auch für Medienagenturen. Eine Rückkehr zum traditionellen Full-Service-Modell kann ich mir nicht vorstellen. Die größeren Änderungen werden auf Gruppenebene vorgenommen, wo sich Expertengruppen zusammenfinden, die Werbetreibenden dabei helfen, Kunden besser anzusprechen und relevante Inhalte zu produzieren. Zu den Beispielen im Jahr 2015 zählen die Übernahme von John Brown Publishing durch Dentsu Aegis und die Übernahme von Essence und The Exchange Lab durch GroupM. Die große Herausforderung besteht darin, die Branchenführer als Partner auszuwählen. Eine andere Strategie kann es gegen die globalen Beratungsunternehmen, die den klassischen Medienunternehmen ihre Arbeit wegnehmen, nicht geben.
Ich glaube, dass das derzeitige Agenturmodell überarbeitet werden muss, und zwar sowohl für Werbe- als auch für Medienagenturen. Eine Rückkehr zum traditionellen Full-Service-Modell kann ich mir nicht vorstellen.
Suche:
Die Suche wird auch weiterhin die zuverlässigste Methode sein, wenn es darum geht, die Anforderungen und Wünsche der Kunden zu verstehen. Die Unternehmen dürfen nicht den Fehler begehen, die Suche als reine Anwendungsfunktion zu betrachten. Denn sie ist vielmehr ein extrem effektives Medium, das wichtige Erkenntnisse über Nutzer liefert, auf die Werbetreibende und Agenturen eigentlich nicht verzichten können. Auf diese Informationen kann nun dank YouTube, der zweitgrößten Suchmaschine, in Videos und im Displaynetzwerk über Kaufschaltflächen zugegriffen werden. In meinen zehn Jahren bei Google hat sich die Suche zu einem atemberaubend komplexen Produkt entwickelt, das mittlerweile sogar noch bessere Optionen für die Ausrichtung und das Remarketing bietet. Hierzu zählen unter anderem die Remarketing-Listen für Suchanzeigen und der Kundenabgleich. Mit Letztgenanntem können Werbetreibende Anzeigen für Kunden schalten, die sich in der Google-Suche, bei YouTube oder in Gmail angemeldet haben. Auch die Attribution wird kontinuierlich weiterentwickelt, um das komplexe Nutzungsverhalten der Kunden auf verschiedenen Geräten besser nachvollziehen zu können – ein Nutzungsverhalten, zu dem häufig blitzschnelle Kaufentscheidungen gehören. Genaue Kenntnisse über den Weg des Kunden zur Conversion helfen Werbetreibenden dabei, ihre Ausgaben sinnvoll umzulegen. Außerdem bietet DoubleClick jetzt geräteübergreifende Messwerte, die von Algorithmen auf der Grundlage verschiedener Käufersignale ermittelt werden.
Meine größte Hoffnung für 2016 besteht darin, dass Werbe- und Medienagenturen Technologien und digitale Tools noch intensiver für ihre Zwecke einsetzen. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass Werbetreibende endlich die qualitativ hochwertige Arbeit ihrer Agenturen würdigen und entsprechend belohnen. Das würde die Motivation steigern, und davon profitieren letztendlich alle Beteiligten.