Das Smartphone ist mittlerweile das am häufigsten verwendete Gerät für die Onlinenutzung. In Deutschland verbringen Nutzer über 18 Jahre im Schnitt täglich 101 Minuten online auf Mobilgeräten – das sind 10 Minuten mehr als auf dem Desktop-PC oder dem Laptop1. Durch das veränderte Nutzungsverhalten steigt auch die Erwartungshaltung an die Anbieter mobilen Contents. So verlassen 53 % der Nutzer eine mobile Webseite, wenn diese länger als 3 Sekunden benötigt, um vollständig zu laden. Die Chance für eine erfolgreiche Konversion wird damit signifikant reduziert.
Unternehmen stellen sich zunehmend der Herausforderung, ihren Nutzern einen wirklichen Mehrwert in der immer komplexer werdenden mobilen Welt zu bieten (Luke's Tweet). Sie müssen jene Momente innerhalb der fragmentierten Customer Journey identifizieren, in welcher Nutzer "offen für den Einfluss von Marken"2 sind. Die in diesen mobilen Momenten gesammelte Erfahrung entscheidet letztendlich, ob eine Customer Journey zu einer Konversion führt. Das Design der mobilen Seiten und Apps ist neben der Ladegeschwindigkeit ein wesentlicher Hebel, um Nutzer bei der Entscheidungsfindung (d.h., Konversion) zu unterstützen.
Eine der größten Herausforderung ist, das bestehende "Desktop-Denken" nicht einfach auf kleinere Bildschirmgrößen und Nutzungssituationen zu übertragen. Drei Erfahrungsberichte zeigen, wie essentiell eine positive mobile Nutzererfahrung im Entscheidungsprozess ist.
1) Das “Hamburger-Menü” - Vor- und Nachteile
Vielen Firmen sind dem Beispiel von Facebook in 2008 gefolgt und haben das "Hamburger-Icon" auf ihren mobilen Seiten eingeführt.3 Dadurch konnten alle Navigationselemente einer Desktop-Seite, die keinen Platz mehr auf der mobilen Website hatten, zusammengefasst werden. Der Vorteil war aus Nutzersicht jedoch nicht gleich offensichtlich. Vielmehr waren Konsumenten sich uneins bezüglich Zweck, Inhalt und Nutzung.
Tests verschiedener Variationen des Menüs zeigten auch, dass das Hamburger-Icon nicht die optimale Option für jede mobile Seite ist. Bei booking.com zeigten die Tests der verschiedenen Menü-Variationen keine signifikanten Auswirkungen auf das Verhalten der Nutzer.4 In anderen Fällen erhöhte sich die Nutzung des Menüs um 22 %, als das Wort “Menü” in einer gerahmten Box statt des Hamburger- Icons verwendet wurde5.
Fazit: Effektives Testen als grundlegender Erfolgsfaktor. Nicht für jede mobile Seite und ihre Nutzer sind dieselben Design-Ideen geeignet oder führen zwangsläufig zu Verbesserungen. Vielmehr ist es wichtig, neue Design-Ideen individuell auf die Nutzer zuzuschneiden und vorab zu testen.
2) Unterschiedliches Nutzungsverhalten auf dem Smartphone
Mobilgeräte kommen heute in unterschiedlichen Größen und Formaten – so hat die Bildschirmgröße eines Smartphones direkten Einfluß auf das mobile Verhalten eines Nutzers6. Zum einen können Bedienungselemente in der oberen Hälfte des Bildschirms schwieriger erreicht werden, denn nur 39 % der Nutzer älter 55 bedienen ihr Smartphone mit zwei Händen. Im Vergleich dazu verwenden 92% der Millennials (18-34 Jahre) nur eine Hand verwenden7. Die für Nutzer besonders relevanten Funktionen sollten also dort platziert werden, wo sie aus ergonomischer Perspektive leicht erreicht werden können8.
Zum anderen unterscheidet sich das Suchverhalten auf dem Smartphone im Vergleich zum Desktop-PC – bedingt durch die Situation, in der sich der Nutzer gerade befindet. Smartphone-Nutzer überfliegen Internetseiten, während sie auf einen Bus warten oder in der U-Bahn sitzen. Oft wird das mobile Browsen durch eingehende Nachrichten oder Veränderungen von außen unterbrochen. Das bedeutet, dass Betreiber mobiler Webseiten einen höheren Fokus auf Informationsgehalt, Klarheit und Prägnanz legen müssen. Der Nutzer sollte in der Lage sein, den Umfang der Seite innerhalb der ersten Sekunden zu erschließen.
Fazit: Bedienung und Nutzungssituationen von mobilen Geräten beachten! Bei der Gestaltung von mobilen Elementen sollte beachtet werden, wie, wo und wann das Gerät benutzt wird. Nutzungsdauer, Ergonomie, Ort und Kontext sind wichtige Faktoren bei der Entwicklung von Designoptionen, welche mittels relevanter Engagement-KPIs entschieden werden sollten.
3) Weniger ist mehr - Eingabefelder auf dem Smartphone
Nutzer erwarten, dass mobile Seiten und Apps ihnen schnell weiterhelfen. Im Schnitt verlassen 29 % der Nutzer sofort eine mobile Webseite, wenn diese nicht die gewünschten Bedürfnisse erfüllt. Dabei geben wiederum 69 % der Befragten an, dass zu viele Schritte notwendig sind, um eine gewünschten Information zu erhalten oder einen Kauf zu tätigen9. Solange mobile Webseiten auf Basis des Nutzungsverhaltens auf dem Desktop-PC entworfen werden, wird die Anzahl der notwendigen Schritte nicht radikal, sonder marginal verringert. Als positives Beispiel hat Staples die Anzahl der benötigten Eingabefelder von 22 auf fünf “angezeigte” Felder im Checkout-Prozess reduzieren können10. In einem anderen Fall führt die Eingabe der Postleitzahl in einem Feld zur automatischen Eintrag von Stadt und Bundesland im nächsten Feld. Die eingesparte Zeit wird vom Nutzer als positiv empfunden11.
Es ist ebenso wichtig zu verstehen, welche Funktionen Nutzer wertschätzen, um diese hervorheben zu können. Im Zuge der Vereinfachung des visuellen Designs der Polar App12wurde auch das Menü minimiert. Leider sank mit dem neuen “sauberen” Design auch die tägliche Interaktion der Nutzer drastisch, da sie nun wichtige Funktionen auf gewohntem Wege nicht mehr finden konnten.
Fazit: Die Präferenzen der Nutzer verstehen und beachten! Die Identifizierung und Adressierung von Schwachstellen in der mobilen Nutzerführung, sowie eine klare Positionierung wichtiger Funktionen erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Konvertierung. Diese wichtigen Hebel können sowohl über quantitative als auch qualitative Quellen identifiziert und individuell für das jeweilige Geschäftsmodell getestet werden.
Zusammenfassung
Positivere mobile Nutzererfahrungen durch schnellere mobile Webseiten und / oder einem verbesserten Design steigern mit hoher Wahrscheinlichkeit die mobile Wertgenerierung. Einen aktuellen Vergleich optimaler Ladezeiten für Ihre Industrie kombiniert mit individuellen Optimierungsempfehlungen findet man auf TestMySite von Google. Zusammenfassend lassen sich drei grundsätzliche Prinzipien als Startpunkt für eine Optimierung des mobilen Designs definieren: (1) durch Tests (nicht Gefühl) entscheiden, welche Anpassungen den Nutzeranforderungen entsprechen und die Nutzung verbessern, (2) Kernfunktionen aus Nutzersicht verstehen und Schwachstellen in der Benutzeroberfläche adressieren, um Nutzungsintensität zu fördern und (3) die mobile Webseite dem Nutzer Situations- sowie Ergonomiegerecht zu präsentieren.