Die Fahrzeugindustrie setzt auf einen Boom bei den Elektrofahrzeugen, aber noch sind die Verbraucher unentschlossen. Jason Klein und Joonsu Yang vom Human Truths-Team bei Google haben die Daten analysiert und mit potenziellen Käufern gesprochen, um herauszufinden, wie Werbetreibende aus der Automobilbranche zögerliche Kunden überzeugen können.
Letztes Jahr hat einer der weltweit renommiertesten Fahrzeugbauer eine Verdopplung seiner Investitionen in Elektromobilität angekündigt. "Wir sind voll dabei", erklärte der Vorsitzende der Ford Motor Company auf der 2018 North American International Auto Show. "Die Frage ist nur: Werden die Kunden den Weg mit uns gehen?"
Das ist der springende Punkt. Fahrzeuge mit Elektromotor machen schon lange Schlagzeilen. Dennoch liegt ihr Anteil am weltweiten Fahrzeugabsatz bei unter zwei Prozent und bei den Google-Suchanfragen nach Fahrzeugen in Deutschland, Großbritannien und den USA bei unter drei Prozent.1
Warum sind potenzielle Kunden so zurückhaltend? Um das herauszufinden, haben wir Fahrzeugkäufer weltweit befragt, die der Elektromobilität offen gegenüberstehen.2 Außerdem haben wir die Einblicke in das Nutzerverhalten analysiert, die wir aus den aggregierten Daten von Google und YouTube gewinnen konnten.3 Dabei wurde deutlich, dass Werbetreibende aus der Automobilbranche drei Hindernisse aus dem Weg räumen müssen, damit potenzielle Kunden den Kauf eines Elektrofahrzeugs ernsthaft in Erwägung ziehen.
1. "Ich weiß nicht, was ein E-Auto kostet."
Ein Neuwagen ist eine große Anschaffung. Kein Wunder also, dass sich die Nutzer über die Kosten informieren. Auffällig ist, dass dieser Faktor bei Suchanfragen nach Elektrofahrzeugen viel wichtiger ist. In Großbritannien und den USA wird 20-mal und in Deutschland zehnmal häufiger nach den Kosten von E-Autos gesucht als nach denen herkömmlicher Fahrzeuge.4
Die meisten Fahrzeugkäufer können abschätzen, wie sich der Durchschnittsverbrauch und andere Optionen auf ihren Geldbeutel auswirken, und Vergleiche anstellen. Sie sind jedoch eher überfragt, was die potenziellen Kosten bei den neuen E-Autos angeht, etwa das Laden und Austauschen der Batterie. Dieser Aspekt ist für viele nicht überschaubar und deshalb abschreckend. Wissen Sie, was eine Kilowattstunde (kWh) Strom kostet?
Potenzielle Kunden brauchen Klarheit. Je informierter sie sich fühlen, desto höher ist die Kaufbereitschaft. Sie können beispielsweise ein Onlinetool zum Kostenvergleich bereitstellen, das auf bekannten Richtwerten basiert. Ein Befragter in Großbritannien gab an: "Wenn ich besser über [Dinge wie] die Kosten informiert wäre, würde ich mir ein E-Auto kaufen."
2. "Ich bin unsicher, was die Zuverlässigkeit angeht."
Jeder kennt das: Man verlässt das Haus und stellt fest, dass der Akku des Smartphones fast leer ist. Entweder müssen Sie dann warten, bis es aufgeladen ist, oder Sie gehen einfach ohne los. Aber was wäre, wenn das E-Auto erst noch an die Ladestation muss? Gemäß den Daten aus der Google-Suche machen sich potenzielle Käufer am meisten Sorgen um die Zuverlässigkeit. Am größten sind diese Befürchtungen in Großbritannien und Deutschland, gefolgt von den USA.5 Ein Amerikaner formulierte seine Vorbehalte so: "Es kann immer etwas passieren. Was ist, wenn ich dringend weg muss, aber mein Auto noch nicht aufgeladen ist?"
Bei den Suchanfragen zur Zuverlässigkeit steht nicht die Reichweite im Vordergrund, sondern die Verfügbarkeit der Ladestationen.
Wie macht sich das bei der Recherche bemerkbar? Bei den Suchanfragen zur Zuverlässigkeit steht nicht so sehr die Reichweite im Vordergrund, sondern die Verfügbarkeit der Ladestationen. Das haben wir auch in unseren Interviews festgestellt: "Es müsste landesweit viel mehr Ladestationen geben, damit Fahrer unterwegs nicht liegen bleiben", meinte ein Brite. "Ich würde mich immer fragen, ob die Batteriekapazität ausreicht, um ans Ziel zu kommen."
Diese Befürchtung ist oft unbegründet, denn ähnlich wie ein Smartphone ist das E-Auto morgens normalerweise zu 100 Prozent geladen. Und meistens legen Sie an einem Tag keine außergewöhnlichen Strecken zurück. Diese Bedenken lassen sich weitgehend ausräumen, indem auf die Alltagstauglichkeit der E-Autos und die Anzahl der Ladestationen in der Nähe des Nutzers hingewiesen wird. Ein gutes Beispiel ist das informative Video Range Tranquility von Audi USA.
3. "Ich weiß nichts über die Technologie und habe deshalb kein Vertrauen."
In unseren Interviews kam immer wieder das Thema Sicherheit auf. "Ich habe das Gefühl, dass die Unfallgefahr bei E-Autos höher ist", erklärte uns ein Befragter in Großbritannien. Ähnlich äußerte sich ein Amerikaner, der angab, dass er wegen dieser Bedenken noch kein E-Auto habe. "Beim Kauf eines Fahrzeugs ist die Sicherheit nach wie vor der wichtigste Faktor. Daher warte ich noch ab."
Viele denken bei E-Autos an andere Technologien wie etwa selbstfahrende Autos.
Woher kommen die Vorbehalte? Schließlich gibt es keinerlei Erkenntnisse, dass elektrobetriebene Fahrzeuge gefährlicher sind als Benziner oder Diesel. Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass diese Befürchtungen auf ein Missverständnis zurückzuführen sind. Viele denken bei E-Autos an andere neue Technologien wie etwa selbstfahrende Autos.
Ein Befragter aus Deutschland argumentierte: "Wenn ich mir ein E-Auto kaufe, möchte ich selbst am Steuer sitzen. Die Technologie für autonomes Fahren ist noch längst nicht ausgereift. Ich würde mich nicht sicher fühlen." Die meisten E-Autos sind nicht selbstfahrend – und viele selbstfahrende Autos haben keinen Elektroantrieb. Die Werbetreibenden der Automobilbranche müssen diese Mythen aus der Welt schaffen, so wie es Audi USA mit der aktuellen Kampagne Not For You vormacht. E-Autos sollten als vernünftige und umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Fahrzeugen wahrgenommen werden.