Auf der Suche nach den neuesten Trends durchforstet Roya Zeitoune, Leiterin von YouTube Culture and Trends für Europa, Nahost und Afrika, mit ihrem Team das Nutzungsverhalten auf der Plattform.
Jeder von uns hat seine eigenen Strategien, um den Alltagsstress zu bewältigen und sich zu entspannen. Wir notieren uns Sprüche und Lebensweisheiten, praktizieren Tiefenatmung oder schauen entspannende YouTube-Videos an.
In einer aktuellen Ipsos-Studie aus dem Jahr 2022 mit mehreren Tausend Befragten aus der Generation Z gaben 83 Prozent an, zur Entspannung YouTube-Videos mit beruhigendem Inhalt anzusehen.1
Zu den am meisten aufgerufenen Formaten dieser Kategorie gehören die sogenannten ASMR-Videos (auch Flüstervideos genannt). ASMR steht dabei für Autonomous Sensory Meridian Response und lässt sich auf Deutsch mit „Autonome sensorische Meridianreaktion“ übersetzen. Andere beliebte Formate mit beruhigendem Inhalt sind Naturaufnahmen, Cottagecore-Videos vom idyllischen Landleben und Abfolgen von Filmsequenzen der Kategorie „Oddly satisfying“, die auf eine ganz eigene Art und Weise glücklich machen.
Obwohl die Generation Z sehr jung ist – die ältesten Post-Millennials sind gerade einmal 25 Jahre alt –, hat sie weltweit einen prägenden Einfluss auf Kultur und Konsum, online wie im echten Leben. Es gilt also, ihre Bedürfnisse und Interessen im Blick zu haben, wenn eine passgenaue Ansprache und eine tiefere Bindung zu ihnen aufgebaut werden sollen.
Hier erfahren Sie alles Wichtige über dieses spezielle Video-Nutzungsverhalten der Post-Millennials – für ein besseres Verständnis der Mentalität dieser Generation:
Entspannung rund um die Uhr: Natur-Livestreams und Videos mit über zehn Stunden Laufzeit
Nie war es leichter – und verführerischer – als heute, vom heimischen Sofa aus zu verreisen: Videos, die uns an traumhafte Orte entführen, sind nur einen Klick entfernt. Für die Generation Z ist YouTube das Medium der Wahl: 90 Prozent der für die Studie Befragten gaben an, sie hätten schon einmal ein Video angeschaut, das ihnen das Gefühl gab, an einem ganz anderen Ort zu sein.2
Auf YouTube gibt es eine Fülle entspannender Videos von exotischen Reisezielen sowie aus der Tier- und Pflanzenwelt. Beliebte Formate sind Tier-Livestreams und Naturaufnahmen, die die Betrachterin oder den Betrachter tief in fremde Welten eintauchen lassen, oft mit einer Laufzeit von über zehn Stunden und unterlegt mit meditativer Musik.
Laut den zahlreichen Kommentaren unter den Videos helfen die paradiesischen Bilder und die sanfte Musik auch beim Einschlafen.
ASMR-Videos treffen weiterhin den Nerv der Zeit – und aktivieren den Entspannungsmodus
ASMR-Videos enthalten tiefenentspannende, oft beruhigende Szenarien, typischerweise mit idyllischen Bildern und angenehmen Klängen. Häufig treten darin Menschen auf, die flüstern oder leise Geräusche erzeugen. Dies kann entspannend wirken und darüber hinaus ein sanftes Kribbeln auf der Kopfhaut oder auch am ganzen Körper auslösen.
Manche halten diese Art von „Gehirnmassage“ für fragwürdig, doch die Nutzungszahlen sprechen eine deutliche Sprache: YouTube-Videos mit ASMR-Inhalten wurden allein im Jahr 2021 über 65 Milliarden Mal angesehen.3
Mittlerweile greifen auch namhafte Einrichtungen den Trend auf. So stellt etwa das Victoria and Albert Museum in London die Videoplaylist „ASMR at the museum“ bereit. Hier werden mit den Ausstellungsstücken des Museums beruhigende ASMR-Klänge erzeugt.
Videos werden öfter angesehen, selbst wenn darin nur Alltägliches vorkommt
Unsere neuesten Untersuchungen zeigen ein wachsendes Interesse der Generation Z an Nostalgie-Videos für den maximalen Wohlfühlfaktor. Post-Millennials sehen sich ältere Videos erneut an und sind regelmäßig auf ihren Lieblingskanälen unterwegs, selbst wenn dort vollkommen banale Dinge zu sehen sind.
69 Prozent der befragten Post-Millennials gaben an, dass sie wiederholt Videos bestimmter Creator oder mit bestimmten Inhalten anschauen, wenn sie ihnen ein gutes Gefühl vermitteln.4 Zudem nutzen 82 Prozent YouTube, um nostalgische Retro-Inhalte anzusehen5 – sozusagen das YouTube-Äquivalent zum Lieblingsfilm oder zur Lieblingsserie, das hilft, auf andere Gedanken zu kommen.
Generation Z sieht ihren Lieblingsakteuren auch gerne ausgiebig bei ganz alltäglichen Tätigkeiten zu. Das heißt, sie rufen lange Videoblogs auf, in denen jemand putzt, liest, im Garten arbeitet, kocht oder zeichnet – oft zu entspannender Musik.
Videokonsum der Generation Z – die Bedeutung für Ihr Marketing
Die Befragten der Generation Z sind mit der anhaltenden Pandemie und der Klimakrise aufgewachsen. Gefühle von Anspannung und Beklommenheit sind Teil ihrer Lebenswelt.
Die vorliegende Studie liefert Erkenntnisse über eine junge Generation, die zur Stressbewältigung entspannende Onlinevideos konsumiert. Demnach nehmen die Befragten YouTube als einen sicheren Rückzugsort wahr, der nur einen Klick entfernt ist.
Marketing-Verantwortliche sollten sich dieser neuen Realität bewusst sein und diese Form der Stressbewältigung von Post-Millennials berücksichtigen.
Nutzerinnen und Nutzer suchen immer nach relevanten und spannenden Inhalten. Es gilt jetzt also, diese differenzierten Erkenntnisse in Ihre Kampagnen zu integrieren, um eine intensivere Bindung zur Generation Z aufzubauen.
Seien Sie dort präsent, wo Post-Millennials es auch sind – etwa durch Partnerschaften mit YouTube-Influencerinnen und -Influencern, die lange Entspannungsvideos produzieren. Auch ein Überdenken des kreativen Konzepts Ihrer nächsten Kampagne ist sicher von Vorteil.
Wer eine Bindung zu dieser Zielgruppe aufbauen möchte, sollte dafür sorgen, dass sie sich wohlfühlt und gut aufgehoben ist. Das frühere Stereotyp, nach dem junge Leute mit lauter Musik, Risikoverhalten und einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne assoziiert wurden, wird durch die vorliegende Studie infrage gestellt. Wie sich gezeigt hat, versucht die Generation Z einfach nur, ihren Alltagsstress zu bewältigen – genau wie alle anderen auch.