Für einige Marketingexperten mag es überraschend sein: Nachhaltigkeit beim Einkauf ist in den letzten 19 Monaten für die Verbraucherinnen und Verbraucher noch wichtiger geworden. Sage und schreibe 82 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher sagen, das Thema Nachhaltigkeit habe heute einen höheren Stellenwert für sie als vor der Pandemie.1 Für Lorraine Whitmarsh, Professorin für Umweltpsychologie und Direktorin des Centre for Climate Change and Social Transformations, ist das ein Zeichen dafür, dass die Umwelt für viele ein zentrales Anliegen ist.
Während der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2008 „rückte der Klimawandel sehr in den Hintergrund“, so Prof. Whitmarsh. „Inzwischen ist das Thema tief in den Köpfen der Menschen verankert.“ Umweltzerstörung und Klimawandel – Themen, denen 2019 so viel Aufmerksamkeit wie nie zuvor gewidmet wurde – seien im vergangenen Jahr sogar noch stärker in den Mittelpunkt getreten, betont die Professorin.
Marken können Verbraucherinnen und Verbraucher dabei unterstützen, nachhaltige Entscheidungen in ihrem Alltag zu treffen. 78 Prozent der von uns befragten Verbraucherinnen und Verbraucher sind der Ansicht, dass Großunternehmen in Sachen Klimawandel eine tragende Rolle spielen sollten.2
Viele Marken arbeiten daran, dieser Rolle gerecht zu werden, und möchten verstehen, was genau Nachhaltigkeit für den Einzelnen bedeutet. Wir haben Daten aus der Google-Suche auf bestimmte Muster hin analysiert und dabei herausgefunden, dass Konsumentinnen und Konsumenten ein nachhaltiger Lebensstil immer wichtiger wird. Außerdem sind wir der Frage nachgegangen, was sowohl Verbraucherinnen und Verbraucher als auch Experten antreibt. Auf dieser Grundlage haben wir drei Trends im Bereich Nachhaltigkeit bei Verbraucherinnen und Verbrauchern identifiziert, die Unternehmen aufgreifen und zur aktiven Unterstützung eines umweltfreundlicheren Lebensstils umsetzen können.
Das Thema Nachhaltigkeit positiv kommunizieren
Inmitten der vielen neuen Herausforderungen konzentrieren sich Verbraucherinnen und Verbraucher weniger auf drastische Veränderungen, sondern vielmehr auf einfache nachhaltige Maßnahmen, die sie auch tatsächlich in ihrem Alltag umsetzen können.
Aus der Verhaltensforschung wissen wir, dass ein positives Gefühl dafür sorgen kann, am Ball zu bleiben.
In der Pandemie haben Online-Bestellungen und Lieferungen nach Hause stark zugenommen. Kein Wunder also, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sich über Verpackungsmaterial zunehmend Gedanken machen.
Außerdem informieren sich die Konsumentinnen und Konsumenten darüber, wie sie durch Veränderungen im täglichen Leben etwas Positives zum Klimaschutz beitragen können.
Durch diese kleinen Veränderungen im Alltag fühlt sich das Thema Nachhaltigkeit für viele leichter umsetzbar an. Und das vermittelt ein gutes Gefühl und erhöht die eigene Motivation. Aus der Verhaltensforschung wissen wir, dass ein positives Gefühl dafür sorgen kann, am Ball zu bleiben.
„Die Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass positive Formulierungen viel wirksamer sind als solche, die möglicherweise ein schlechtes Gewissen verursachen“, so Prof. Whitmarsh. „Und je mehr in diesen konstruktiven Botschaften die Themen im Mittelpunkt stehen, um die es der jeweiligen Zielgruppe wirklich geht, desto besser.“ Das können andere, unmittelbare „Zusatznutzen“ des Klimaschutzes sein, wie die Gesundheit für die eigene Familie, Alltagstauglichkeit und Erschwinglichkeit. „Deshalb sollten solche Aspekte bei der Kommunikation mit Verbraucherinnen und Verbrauchern besonders im Fokus stehen.“
Für Marken bedeutet das, den Konsumentinnen und Konsumenten zu zeigen, wie sie alltägliche Herausforderungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit meistern und größere Ziele in diesem Zusammenhang in kleinere Etappen unterteilen. Konzentrieren Sie sich beim Thema Innovation auf die Lösungen, die Ihre Marke entwickelt, und darauf, wie die Zukunft aussehen könnte. Gehen Sie unbedingt auf wichtige Änderungen ein, die in Ihrem Unternehmen bereits vorgenommen wurden. Und achten Sie darauf, dass Ihr Handeln authentisch, transparent und nachvollziehbar ist.
Umweltfreundlich? Kein Problem!
Bei den Suchtrends zeichnet sich ein wachsendes Interesse für kleine Veränderungen ab, die für ein gutes Gefühl sorgen – aber das ist nicht alles. Einige Monate nach Beginn der Coronapandemie gaben Befragte an, eher etwas für den Umweltschutz zu tun, was keinen allzu großen Aufwand erfordert, wie Recycling. Weniger bereit waren sie, viel Zeit zu investieren, um sich über Produkte zu informieren oder sie in größerer Menge mit weniger Verpackungsmaterial zu kaufen.1
Beim umweltfreundlichen Einkauf möchten Menschen nicht zugunsten der Nachhaltigkeit auf Qualität, Verbraucherfreundlichkeit oder Erschwinglichkeit verzichten müssen. Sie wünschen sich nachhaltige Angebote, jedoch nicht auf Kosten anderer Produktvorteile. Wenn Sie Interesse wecken und die Kaufbereitschaft für Ihre Produkte erhöhen möchten, zeigen Sie Verbraucherinnen und Verbrauchern, wie sich persönliche Bedürfnisse mit Nachhaltigkeit vereinbaren lassen.
In der Kategorie „Gesichts- und Körperpflege“ wird öfter nach dem besten Produkt gesucht als nach dem umweltfreundlichsten.
Um dies zu erreichen, sollten Unternehmen überlegen, Nachhaltigkeit als Teil des Ganzen zu präsentieren – und nicht nur als zusätzlichen Nutzen. Wenn die Nachhaltigkeitsvorteile im selben Atemzug wie die weiteren Produktvorzüge genannt werden, schaffen Sie ein einheitliches Markenerlebnis für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Keiner erwartet, dass von einem Tag auf den anderen alles hundertprozentig umgesetzt wird. Die Verbraucher:innen möchten aber wissen, was Ihr Unternehmen derzeit schon in Sachen Nachhaltigkeit tut.
Ebenso sollte kommuniziert werden, dass Nachhaltigkeit keine Extraoption ist, sondern zum Standard gehört – bei allen Produkten und Dienstleistungen. So lassen sich Reibungsverluste so gering wie möglich halten. Ein Beispiel: Suchen Sie – anstatt eine ganz neue Produktlinie auf den Markt zu bringen – nach Möglichkeiten, bei einem Ihrer Bestseller den Nachhaltigkeitsgrad zu erhöhen.
Fortschritt belohnen, nicht Perfektion
Verbraucherinnen und Verbraucher geben an, dass es sie motiviert, wenn sie durch nachhaltiges Handeln einen ganz konkreten Beitrag zum Umweltschutz leisten können. Wenn es Ihnen also gelingt, Konsumentinnen und Konsumenten zu vermitteln, welchen positiven Einfluss sie durch die Entscheidung für ein Produkt Ihres Unternehmens nehmen können, können sie sich umso mehr dafür begeistern. Eine Schwierigkeit liegt darin, den Zusammenhang zwischen dem eigenen nachhaltigen Handeln und dem Einfluss auf die Gesellschaft zu sehen. Da sie in ganz verschiedenen Bereichen tätig sind, haben Unternehmen die Möglichkeit, ihre Bemühungen für den Klimaschutz mit denen der Kundinnen und Kunden in Verbindung zu bringen.
Keiner erwartet, dass von einem Tag auf den anderen alles hundertprozentig umgesetzt wird. Die Verbraucherinnen und Verbraucher möchten aber sehr wohl wissen, was Marken derzeit schon in Sachen Nachhaltigkeit tun. So können sie sich ein genaueres Bild davon machen, wie sie selbst etwas verändern können, wenn sie sich für ein Produkt Ihres Unternehmens entscheiden.
Damit die Kundinnen und Kunden verstehen, warum ihre Kaufentscheidungen wichtig sind, können Marken kurzfristige Ziele und Auswirkungen kommunizieren – nicht nur langfristige Ziele. Marketingexperten sollten darauf hinweisen, dass Nachhaltigkeitsmaßnahmen für das gesamte Portfolio des Unternehmens umgesetzt werden sollen – nicht nur für einige wenige davon, bei denen bereits ein hohes Maß erreicht ist. Außerdem können sie den Erfolg der derzeitigen Maßnahmen aufzeigen und warum die Entscheidung für ihre Marke zu mehr Nachhaltigkeit beiträgt.
Positiv, mühelos und lohnenswert: Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher das Thema Nachhaltigkeit so erleben, sind sie motiviert, am Ball zu bleiben, und können gemeinsam mit den Unternehmen längerfristige Veränderungen vorantreiben.