Direct-to-Consumer-Strategien, kurz D2C, haben den Einzelhandel verändert: Egal ob Rasierer, Tierfutter, Müsli oder Kosmetik – immer mehr Produkte finden den direkten Weg vom Hersteller zur Kundschaft. Und das hat auch einen guten Grund: Eine Studie der Unternehmensberatung Deloitte hat ergeben, dass 8 von 10 Konsumentinnen und Konsumenten heute von der Marke ihres Vertrauens erwarten, dass sie direkt bei ihr kaufen können.1 Die Rolle der Marke wird zudem durch Spezialisierungen im Markt weiter gestärkt. Hinzu kommt, dass sich durch die Corona-Pandemie der Trend zum E-Commerce nochmals beschleunigt hat, was auch die Bedeutung von Direct-to-Consumer-Strategien steigen lässt.
Doch um von Direct-to-Consumer-Strategien profitieren zu können, muss nicht gleich ein eigener (Online-)Shop her. Auch Marken mit dem traditionellen Vertriebsweg über den (Online-)Handel können – und sollten – daraus ihren Nutzen ziehen. „Wer als Marke im Wettbewerb bestehen möchte, sollte spätestens jetzt eine D2C-Strategie entwickeln“, rät auch Sebastian Grantz, Industry Manager Consumer Brands & Tech bei Google. „Dass D2C für viele Unternehmen in den letzten Jahren entscheidend war, ist auch daran zu erkennen, dass schon viele Nischen besetzt sind.“ Welche Vorteile eine erfolgreiche D2C-Strategie mit sich bringt und wie sie gelingen kann, lesen Sie in diesem Artikel.
Diese Vorteile bringt D2C für Verbraucher:innen, Hersteller und Händler
Beim Thema D2C denken viele ausschließlich an den direkten (Online-)Verkauf von Produkten vom Hersteller an die Kundinnen und Kunden. Doch das Konzept muss deutlich weiter gefasst werden: „D2C bedeutet auch, direkt mit den Konsumentinnen und Konsumenten in Kontakt zu treten und sie an allen Points of Sale zu aktivieren“, erklärt Grantz. Von solch einer ganzheitlichen Direct-to-Consumer-Strategie profitieren am Ende nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher. Auch für die Hersteller und sogar die Händler ergeben sich eine Reihe von Vorteilen – ein dreifacher Gewinn quasi.
D2C bedeutet nicht ausschließlich den (Online-)Verkauf – sondern bietet die Chance, die Konsument:innen an allen Points of Sale zu aktivieren.
Vorteil für die Verbraucherinnen und Verbraucher:
Dem Bedürfnis der Verbraucherinnen und Verbraucher nach einer personalisierten, maßgeschneiderten Verbindung zur Marke wird durch D2C Rechnung getragen. Gerade deshalb haben sich eine klare Markenbotschaft, Authentizität und ein individuelles Kundenerlebnis über alle Kanäle hinweg als Erfolgsfaktoren herausgestellt.
Vorteil für die Hersteller:
Durch den direkten Draht zur Kundschaft liegen Daten und Erkenntnisse über deren Vorlieben und Gewohnheiten als First-Party-Daten vor, Produkte und Angebot lassen sich gemäß diesen Präferenzen optimieren. Beim eigenen Vertrieb liegt zudem die volle Kontrolle über die Marke, vom Produkt über die Kommunikation in allen digitalen Kanälen bis hin zum Packaging, beim Unternehmen. Und, es versteht sich beinahe von selbst: Durch den Wegfall von Zwischenhändlern erzielen D2C-Marken in der Regel höhere Gewinnmargen – und somit ein besseres Nettoergebnis.
Vorteil für die Händler:
Sofern der Vertrieb weiterhin über den Handel erfolgt, profitiert jedoch auch dieser von den D2C-Maßnahmen der Hersteller: Durch die Aktivierung der Konsumentinnen und Konsumenten vonseiten der Marke wird eine erhöhte Nachfrage generiert und auch für die Händler Store Traffic erzeugt. Zudem schließt sie häufig die Lücke zwischen Online- und Offline-Aktivitäten, wodurch am Ende das Omnichannel-Erlebnis optimiert wird.
Welche D2C-Strategien gibt es?
„Die D2C-Strategien variieren je nachdem, wem der Point of Sale gehört – Hersteller oder Einzelhändler – und ob es sich um einen Online- oder Offline-POS handelt“ erklärt Grantz. Die Anwendung dieser Kriterien ergibt letztlich vier unterschiedliche Point-of-Sale-Typen. Das folgende Modell zeigt, welche D2C-Strategien sich mittels digitaler Kanäle an den unterschiedlichen POS umsetzen lassen.
Typ A: Webshop eines Online-Händlers (3rd Party)
Wer seine Marke über den Webshop eines Drittanbieters vertreibt, sollte die Möglichkeit nutzen, die Kundschaft mit persönlichen Botschaften direkt zu einem Kauf auf der Website des Retailers zu führen. In einem solchen Szenario können Hersteller ihre Einzelhandelspartner beim Bewerben bestimmter Artikel beispielsweise mit Anzeigenformaten wie Shopping-Partner-Kampagnen unterstützen. Die Parfümerie Douglas und das Beauty-Tech-Unternehmen L’Oréal konnten so die Abverkäufe um 28 Prozent steigern. Zudem profitierten beide von einem effizienten Reporting mit gemeinsamem Überblick über die Performance-Daten der Kampagnen.
Typ B: Eigener E-Commerce-Shop
Mit dem eigenen E-Commerce-Shop ist es für jeden Hersteller zweifelsohne noch einfacher, Kampagne und Verkauf aufeinander abzustimmen. So kann unabhängig über die Preisstrategie entschieden und die Interaktion des Shoppers auf der Website ausgewertet werden – mit Zugriff auf alle relevanten Informationen, wie ROI, Conversion-Rate oder Warenkorbgröße. In Zeiten der Pandemie zeigte sich zudem ein weiterer Vorteil: Während viele Offline-Händler nur beschränkt oder gar nicht öffnen dürfen, gelang es Nespresso dank seiner D2C-Strategie und mithilfe von Smart Bidding und Automation, die Nachfrage nach Kaffee in ihren Online-Shop umzuleiten. So konnte das Unternehmen seine Online-Umsätze zeitweise verdoppeln.
Typ C: Offline-Händler (3rd Party)
Doch wie kann eine erfolgreiche D2C-Strategie eines Herstellers aussehen, wenn doch das Produkt nicht im eigenen Online-Shop steht, sondern im Supermarktregal? Tatsächlich informieren sich nachweislich viele Konsumentinnen und Konsumenten online, bevor sie den Kauf offline abschließen.2 Dieses Nutzerverhalten können Hersteller sich zunutze machen und die (potenzielle) Kundschaft auf digitalen Kanälen ansprechen, um sie in den physischen Handel zu lotsen. Auf diese Weise haben beispielsweise Lebensmittelhändler Edeka und Süßwarenhersteller Storck mit einer Kombination aus Videoanzeigen und Display-Werbung schnell und effizient eine hohe Reichweite aufgebaut. Der Umsatz stieg in den Aktionswochen sogar deutlich höher als erwartet. So haben in diesem Fall digitale Formate eine ideale Plattform für zusätzliche Markenbotschaften präsentiert.
Typ D: Eigener Flagship Store
Große Teile der Kundschaft recherchieren mittlerweile online, kaufen aber offline. Das bedeutet wiederum: Auch Unternehmen mit eigenem Geschäft oder Flagship Store können Kundinnen und Kunden mit einer Digitalkampagne in ihre Vorzeigefiliale lotsen. So nutzte beispielsweise die Swisscom, der größte Schweizer Telekommunikationsanbieter, lokale Kampagnen, um zusätzliche Kunden in ihre Shops zu bringen. Das gleiche Ziel, mehr Filialbesuche vor Ort, erreichte die Deutsche Bank mit einer Native Ad auf YouTube, in der sie ihren Privatkredit vor allem der jungen Zielgruppe schmackhaft machte. Der Erfolg ließ sich an einem merklichen Anstieg der Filialbesuche ablesen.
D2C-Strategien stärken die Rolle der Marke im Einzelhandel
Unabhängig vom Vertriebsweg kann also jede Marke von D2C-Strategien profitieren und so nicht nur den Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten entsprechen, sondern zudem die Effektivität ihrer Marketing- und Verkaufsmaßnahmen optimieren. Auch Grantz ist sich sicher, dass der Markt unmissverständlich die Dringlichkeit von D2C aufzeigt und der Erfolg von D2C-Marken eine eindeutige Sprache spricht: „Egal wie die Strategie aussieht, wichtig ist es auf jeden Fall, jetzt zu handeln.“