Zum ersten Mal wurde der "YouTube GOLDENE KAMERA Digital Award" im Rahmen des YouTube Festivals verliehen. Der stolze Gewinner in der Kategorie "Best Brand Channel": die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Der Gewinner zeigt, wie innovatives Storytelling gelingt. Mit Michael Gross, YouTube Content Solutions Lead, sprachen wir über die Bedeutung eines Brand Channels und welche Tipps er Unternehmen bei der Gestaltung mit auf den Weg gibt.
Think with Google: Zum ersten Mal wird der "YouTube GOLDENE KAMERA Digital Award" verliehen, unter anderem in der Kategorie "Best Brand Channel". Kann man dies als Indikator werten, dass es für Unternehmen immer wichtiger wird, einen eigenen YouTube-Kanal zu betreiben?
Michael Gross: Absolut! Hätten wir uns vor zwei bis drei Jahren über das Thema Content Strategie unterhalten, so hätten wir vermutlich noch von einer sehr nischigen, fast experimentellen Kategorie gesprochen. Video-Content ist mittlerweile zu einer Kernkomponente vieler Marketingstrategien geworden und Marken erkennen, dass sie mit eigenen Inhalten auf YouTube passionierte und aktive Zielgruppen erreichen können. Auch das Thema Kundenbeziehung ist von zentraler Bedeutung.
Marken möchten, dass ihre Kunden möglichst viel Zeit mit ihnen verbringen. Ein Markenkanal, der seine Zielgruppe mit spannenden Inhalten unterhält, kann hier ein essentielles Instrument sein. Warum? Wir haben Hunderte von YouTube-Kampagnen analysiert und konnten klar feststellen, dass Marken-Erfolgswerte um jede weitere Sekunde wachsen, je länger die Betrachter sich mit den Inhalten beschäftigen. Je höher die Aufmerksamkeit, desto stärker die Wirkungen. Gute Geschichten sind in diesem Sinne auch gut für’s Geschäft.
Für welches Unternehmen eignet sich ein Brand Channel auf YouTube?
Eine Markenpräsenz auf einer der beliebtesten Webseiten der Welt sollte grundsätzlich für alle Marken und Firmen interessant sein. Die Art und Weise, wie unsere Kunden ihren Kanal nutzen,ist jedoch von Marke zu Marke sehr unterschiedlich. Wir beobachten Kunden, die sich vordergründig auf große, sehr reichweitenstarke Kampagnen mit emotionalem Storytelling fokussieren. Andere Kunden wie beispielsweise die Bundeswehr entwickeln ganze Serienformate. Eine dritte Kategorie an Kunden setzen wiederum auf ein Always-On-Channel-Konzept, um komplette Themenfelder und unterschiedliche Phasen der Customer Journey zu besetzen.
Über 70 Prozent der YouTube Views weltweit finden heute mobil statt. Was müssen Unternehmen bei der Gestaltung ihres Brand Channels und der Videos beachten?
Es gibt einige Möglichkeiten, um die Effektivität für die eigenen Videos im Hinblick auf die mobile Nutzung zu verbessern: Der Handlungsbogen sollte sich beispielsweise eher an einer Herzschlagkurve ‒ mit kontinuierlichen Ausschlägen ‒ anstatt an der traditionellen Hügel-Struktur orientieren, bei der alles auf den großen Höhepunkt hinarbeitet. Die ersten fünf Sekunden sind hier besonders entscheidend. Sorgen Sie deshalb für einen starken Einstieg. Basierend auf diesen neuen Erkenntnissen können Änderungen der Story-Struktur die Performance um bis zu 50 bis 200 Prozent verbessern.
Die Optimierung der visuellen Sprache (Framing, Pacing, Supers) ist deutlich einfacher und kann die Leistung ebenfalls deutlich verbessern. Durch schnelle Schnitte sowie enges Framing bleiben Zuschauer länger aufmerksam. Es kann auch helfen, die Helligkeit des Videos zu erhöhen. Der Großteil der Menschen sieht Videoanzeigen auf mobilen Endgeräten. Entsprechend würde ich jedem Marketer empfehlen, die eigenen Spots immer zuerst auf dem Handy, am besten im Energiesparmodus, anzuschauen und erst dann die Qualität des Spots zu bewerten.
Stichwort Content: Auf welche Art von Content müssen Unternehmen setzen, um einen erfolgreichen Brand Channel zu etablieren? Womit können Marken ihre Zielgruppen überzeugen?
Wenn Sie auf YouTube auch nur annähernd relevant sein möchten, wäre mein Tipp an Sie: Finden Sie ein Themenfeld, für welches Nutzer leidenschaftlich brennen. Stellen Sie sich die Frage, ob es für dieses Thema einen Resonanzraum auf YouTube gibt. Und prüfen Sie, ob Ihre Marke dieses Thema glaubhaft besetzen und einen echten Mehrwert bieten kann. Menschen können auf YouTube Inhalte zu nahezu allen Themen finden, für die sie sich leidenschaftlich interessieren. Egal, was diese Leidenschaft sein mag. Und glauben Sie mir, es gibt für alles ein Interesse auf YouTube. Häufig kommt es nur darauf an, wie ich ein bestimmtes Thema aufbereiten kann.
Denken Sie darüber nach, welche Nutzerbedürfnisse Sie adressieren möchten. Diese Entscheidung wird fundamentale Auswirkungen auf die Art und die Tonalität des Inhalts haben, den Sie produzieren möchten. Wir bei YouTube machen uns intern auch sehr viele Gedanken darüber, warum Nutzer regelmäßig auf YouTube zurückkehren und warum sie mehr Zeit auf der Plattform verbringen. Diese Gründe lassen sich auf die drei Motivationen Information, Unterhaltung und ein Gefühl der sozialen Verbundenheit zurückführen. Für Marken stellt dieses Framework ein gutes Modell dar, um über die mögliche Customer Journey eines beliebigen Nutzers nachzudenken, und welche Inhalte Nutzer entlang dieser Customer Journey am relevantesten empfinden würden.
Was machen erfolgreiche Unternehmen richtig? Kannst du Beispiele für besonders gelungene Brand Channels nennen?
Drei besonders gelungene Beispiele sind zum einen eBay Kleinanzeigen, die Bundeswehr und Conrad Electronic. eBay Kleinanzeigen konnte mit einer eigenen YouTube-Serie die Wahrnehmung insbesondere in der Zielgruppe der 14- bis 34-Jährigen signifikant steigern. Nach nur vier Monaten wurde die Serie insgesamt bereits 20 Millionen Minuten angeschaut. Durch die Serie wurden 25 Prozent organische Views generiert.
Die Bundeswehr ging mit ihrer YouTube-Serie "Die Rekruten" einen ähnlichen Weg. In der Reality-Dokumentation zeigte sie in täglichen neuen Folgen die Grundausbildung an der Marinetechnikschule in Parow. Nach nur zwei Wochen verzeichnete der YouTube-Kanal über 200.000 Abonnenten und täglich knapp 1 Millionen Views. Damit gehörte die Serie zu den am schnellsten wachsenden YouTube-Kanälen in Europa.
Mit seinem Branded Content-Format "TechnikHelden", bestehen aus den vier deutschen YouTube Creator "Techtastisch", "Technikfaultier", "Kondensatorschaden" und "OwnGalaxyc", wollte Conrad Electronic gezielt eine junge, technikaffine Zielgruppe erreichen und seine Brand Awareness erhöhen. Die Serie erzielte über 3,2 Millionen Views und der die Abonenntenzahl des Conrad Electronic YouTube-Kanals wuchs um 142 Prozent.
Welche Tipps würdest du Marken auf den Weg geben, die gerne einen Brand Channel starten möchten?
Um genauso erfolgreich wie Publisher oder YouTube Creator zu werden, müssen Marken Inhalte entwickeln, die auffindbar, relevant und authentisch sind. Es ist sicherlich wichtig, großartige Inhalte zu erstellen, um auf YouTube erfolgreich zu sein. Aber das ist nur die halbe Miete. YouTube ist ein Ort mit sehr vielen Inhalten, aus denen die Zuschauer auswählen können. Eine erfolgreiche Optimierungsstrategie hilft Ihnen, die Funktionen der Plattform voll auszuschöpfen und Ausführungsfehler zu vermeiden.
90 Prozent der Videos mit der besten Leistung auf YouTube verfügen beispielsweise über benutzerdefinierte Thumbnails. Thumbnails (also Vorschaubilder) fungieren wie eine Art Billboard-Plakat für Ihr Video: Erstellen Sie visuell interessante Thumbnails, um mehr Zuschauer zu gewinnen und die Wiedergabezeit zu erhöhen.
Ähnlich verhält es sich mit den Titeln: Erstellen Sie überzeugende Titel, die Lust auf mehr machen. Stellen Sie sich die Frage: "Wenn mein Video in der Suche angezeigt wird, würde ich darauf klicken?"
Kurzum, warum ist ein Brand Channel aus deiner Sicht für Marken unverzichtbar?
Gute Geschichten sind gut für’s Geschäft. Je länger sich Konsumenten mit Ihren Geschichten befassen, desto besser ist die Wirkung auf ihre Markenwerte. Ein Brand Channel stellt das perfekte Vehikel dar, um eine eigene Community aufzubauen, und Markenerlebnisse zu schaffen, mit denen Menschen gerne Zeit verbringen.
Erfahren Sie mehr darüber, worauf Werbetreibende beim kreativen Storytelling achten sollen: Interview mit Susanne Liedtke: "Es gibt nicht zu lang, es gibt nur zu langweilig".