Das Smartphone hat die Interaktion zwischen Konsumenten, "Shoppern", Händlern, Werbetreibenden und Herstellern maßgeblich verändert. Nutzer sind nicht nur ständig erreichbar. Sie recherchieren auch jederzeit zu den verschiedenen Themen, Produkten und Marken online und können einen Kauf unmittelbar abschließen. Für Unternehmen bedeutet dies einen reichen Fundus an nie zuvor dagewesenen Möglichkeiten, den Shopper mit einer relevanten Botschaft im richtigen Moment zu erreichen.
Insbesondere im Bereich der Konsumgüter- bzw. Markenartikelhersteller (CPG) zeigen Shopper eine abnehmende Loyalität zu Marken. Stattdessen sind sie eher loyal gegenüber ihren eigenen Präferenzen und wählen Marken aus, die für sie "physisch" und "mental" präsent sind.1 Um die mentale Verfügbarkeit zu stärken und den Kauf- oder Auswahlprozess zu beeinflussen, sollten Werbetreibende eine klare Botschaft in jenen Momenten senden, in denen der Shopper sie für relevant und nützlich empfindet.
84 Prozent der deutschen Bevölkerung nutzt das Internet für persönliche Zwecke und drei Viertel besitzen heute schon ein Smartphone.2 Die Leute gehen nicht mehr online - sie leben online und sind somit auch dann erreichbar wenn sie Kaufentscheidungen treffen. Diesen stets über ein sogenanntes "Smart Device", wie z. B. Smartphone, Google Home oder Smartwatch, digital erreichbaren Shopper nennen wir den "Smart Shopper".
Die Customer Journey des Smart Shoppers ist unterteilt in eine Vielzahl von unterschiedlichen Momenten in denen verschiedene Botschaften relevant sind . Marken müssen versuchen, die Bedürfnisse ihrer Kunden in Echtzeit zu verstehen, um in den entscheidenden Momenten präsent zu sein und den Kaufprozess zu beeinflussen.
Shopper Interaktion am Point of Sales
Die zunehmende Nutzung des Smartphones eröffnet Herstellern viele neuartige Möglichkeiten, den Shopper auch am Point of Sales (POS) zu erreichen. Während in Deutschland in 2017 nur etwa jeder zehnte Lebensmittelkauf direkt online recherchiert oder getätigt wird, sind es in Ländern wie Südkorea oder UK bereits sechs bzw. drei Mal so viele Käufe.
Traditionell tätigen Hersteller hohe Investitionen in sogenannte Shopper-Marketing-Maßnahmen, die entweder direkt von Händlern oder in Kooperation mit diesen umgesetzt werden. Bei solchen Kooperationen sind die gewonnenen Daten, Erkenntnisse und Insights häufig exklusiv den Händlern zugänglich, was zu einer gesteigerten Verhandlungsmacht der Händler gegenüber den Herstellern führt. In diesem Fall ist es für den Hersteller profitabel, seine eigenen Daten zu generieren und zu nutzen, da das Handeln mit Daten viele Nachteile mit sich bringt, beispielsweise Transaktionskosten, Nutzbarkeit und Preisgestaltung.3 Das Smartphone ermöglicht Herstellern, diese Intermediärsfunktion des Händlers zu überwinden und selber die Kommunikation im "Lower Funnel", d. h. kurz vor Kaufabschluss, zu übernehmen. So kann beispielsweise über das Smartphone durch den Hersteller auf ein Produkt hingewiesen werden, wenn der Shopper sich bereits in einem stationären Handelsgeschäft befindet.
Durch die Kontrolle dieser Kommunikation können Hersteller zusätzlichen Absatz realisieren und weitere Erkenntnisse über die Shopper gewinnen. Dies hilft sowohl dabei, das Angebot an die Bedürfnisse der Konsumenten anzupassen, als auch die Verhandlungsmacht gegenüber den Händlern zu erhöhen.
Die Strategien variieren abhängig davon, ob der Hersteller den Point of Sale besitzt und ob es sich um einen Online- oder Offline-POS handelt. Wie in der oberen Abbildung dargestellt kann der POS anhand dieser Dimensionen in vier Quadranten eingeteilt werden.
1. Online Retailer (A) und E-Commerce-Shop (B):
Im Webshop eines Händlers oder Herstellers kann der Shopper einen Kauf abschließen, ohne sich zu einem stationären Ladengeschäft begeben zu müssen. Smartphones ermöglichen dies zu jeder Tageszeit und in fast jeder Situation. Produkte sind online fast immer verfügbar und zusätzliche Produktinformationen und Bewertungen können problemlos eingesehen werden. Der Hersteller hat die Möglichkeit, relevante Botschaften zu senden, welche direkt zu einem Kauf auf der Webseite führen können. Wenn der Hersteller digitale Marketingkampagnen selbst durchführt, kann er wichtige Erkenntnisse über den Erfolg der Kampagnen und über die Kunden sammeln, die sonst exklusiv dem Händler zugänglich sind (z. B. Click Through Rate, View Through Rate, Cost Per Click, Cost Per View etc.).
Ein eigener E-Commerce Store bietet Herstellern darüber hinaus die Vorteile, dass das Design optimal an die Marke angepasst werden kann und eine unabhängige Preisstrategie umsetzbar ist. Zudem kann auch die Interaktion des Shoppers mit der Seite ausgewertet und weitere Informationen gesammelt werden, die helfen die Effizienz der Hersteller zu steigern (ROI, Conversion Rate, Warenkorbgröße, etc.). Die Auswertung der zusätzlichen Daten kann einen direkten Einfluss auf die Kosten der Hersteller haben, beispielsweise können Mediakosten durch die Schaffung eigener Targeting Listen reduziert werden. In Nordamerika hat es Nestlé bereits geschafft mit dem Vertrieb von Wasser über den eigenen E-Commerce Channel und der Auswertung der gesammelten Daten mit Google Analytics 360 und dem Campaign Manager4, die Kosten pro Verkauf um mehr als 30 Prozent zu senken.5
2. Offline Retailer (C) und Flagship Stores (D)
Smartphones ermöglichen es Herstellern, auch im stationären Ladengeschäft, den Shopper zu adressieren oder ihn mit Hilfe von Affiliate-Standorterweiterungen dorthin zu führen. So können Shopper unmittelbar vor dem Kauf an die Marke erinnert und so die Kaufentscheidung beeinflusst werden. Ein Hersteller von Deodorant kann beispielsweise an heißen Tagen seine Search Aktivitäten verstärken und auf die Frage "Was hilft gegen starkes Schwitzen?" mit einer Search Ad für sein Antitranspirant antworten und den Shopper direkt zum nächsten Retailer führen, der das Produkt gelistet hat.
Auch hier kann der Hersteller den Absatz der eigenen Produkte vorantreiben, mehr über die Wirksamkeit digitaler Kampagnen erfahren und Erkenntnisse über den Shopper sammeln. Bei eigenen Flagship Stores können darüber hinaus problemlos weitere Datenpunkte ausgewertet werden (z. B. Ladenbesuche, Umsatzsteigerung, etc.). Ähnlich wie bei eigenen E-Commerce-Seiten können Hersteller eine beliebige Anpassung der Preise und der Präsentation der Produkte vornehmen. Die Marke Costa Coffee beispielsweise hat programmatische Werbung genutzt, um an heißen Tagen Menschen mit einer Werbebotschaft zu ihren kalten Getränken zu erreichen. Dabei hat das Unternehmen gezielt Personen angesprochen, die sich in der Nähe ihrer eigenen Geschäfte oder der eines Wettbewerbers befunden haben. Die Kampagne war erfolgreicher als vorangegangene Kampagnen und hat die Reichweite um 82 Prozent und die Click-Through-Rate um 32 Prozent erhöht.
Ausblick
Um umfänglich die Vorteile mobiler Technologien kurz vor dem Kaufabschluss für sich nutzen zu können, sollten Herstellerunternehmen in die Infrastruktur investieren und Fähigkeiten zur Datensammlung und Auswertung aufbauen. Außerdem sollten Websites für das Smartphone weiter optimiert werden. Werbetreibende können beispielsweise das kostenlose Tool TestMySite nutzen. Dies bietet ihnen einen aktuellen Vergleich optimaler Ladezeiten für die jeweilige Industrie und gibt individuelle Optimierungsempfehlungen. Neben zusätzlichen Abverkäufen können wichtige Daten und Informationen zur Käuferschaft und deren Verhalten gesammelt werden. Mit der steigenden Anzahl an internetfähigen Geräten steigt für die Hersteller auch die Anzahl der Momente, in denen sie potentielle Kunden erreichen können. Smart Home, Smart Watches und Google Home mit dem Google Assistant werden dabei helfen, mehr relevante Daten zu sammeln und eröffnen neue Möglichkeiten, mit dem Shopper in Kontakt zu treten.
Um den Einfluss der Digitalisierung auf die gesamte CPG-Wertschöpfungskette und insbesondere Sales und Marketing zu bewerten, arbeitet Google mit Bain & Company an einer fundierten Studie. Über 40 Anwendungsbeispiele werden entlang der Wertschöpfungskette durch Industrieexperten identifiziert und den entsprechenden Technologie Clustern zugeordnet. Anschließend findet eine genauere Betrachtung und beispielhafte Illustration der der Möglichkeiten im Bereich Marketing & Sales anhand des hier bereits vorgestellten ABCD-Frameworks zur Einordnung und digitalen Aktivierung des Point of Sales statt. Es wird auch darauf eingegangen, welche Verkaufsförderungsmaßnahmen bereits jetzt durch den Hersteller mit verfügbaren Google Produkten und Technologien übernommen werden können und die wichtigsten Momente für relevante Botschaften in der CPG Branche identifiziert.
Smart Shopper Marketing steht in 2018 an seinem Wendepunkt!