In Zusammenarbeit mit Kantar TNS veröffentlicht Google eine quantitative Studie zur Customer Journey im Beauty-Segment. Die "Connected Beauty Consumer"-Studie untersuchte die Interaktion von Konsumentinnen über relevante "Moments of Intent" hinweg mit übergreifenden Touchpoints ‒ sowohl online als auch offline ‒ für die drei Kategorien Make-up, Haut- und Haarpflege sowie für drei verschiedene Segmente, nämlich Massen-, Luxus- und Indie-Marken. Frauke Cooper von Google und Gabriele Herrmann von Kantar TNS erklären im Gespräch, was das Besondere der Studie ist und welche Insights Werbetreibende bei ihrer Marketingstrategie beachten sollten.
Think with Google: Was ist das Besondere an der "Connected Beauty Consumer"-Studie?
Gabriele Herrmann: Für mich stechen bei dieser Studie gleich mehrere Dinge hervor: Zum einen handelt es sich um eine holistische Studie, die einen hohen Grad an Tiefe und Detailliertheit aufweist. So haben wir die Customer Journey in ihrer Ganzheit betrachtet, das heißt sowohl Online- als auch Offline-Kanäle sowie die entscheidenden Momente, in denen sich Nutzer für ein Beauty-Produkt interessieren und informieren. Zum anderen wird die Studie publiziert. Häufig werden solche Studien für Unternehmen gemacht, die die Ergebnisse nicht öffentlich teilen.
Frauke Cooper: Weiterhin haben wir einen möglichst breiten Ansatz gewählt und uns das Kaufverhalten von Beauty-Konsumentinnen in sechs Ländern, für drei Produktkategorien, vier Altersgruppen und für drei verschiedene Segmente, nämlich Massen-, Luxus- und Indie-Marken, angeschaut. Das ermöglicht es uns, die Zielgruppen differenzierter zu betrachten und zu verstehen, wo und wie Konsumentinnen sich informieren und inspirieren lassen und welche Bedeutung den verschiedenen Touchpoints in der Customer Journey zukommt.
Welche Ergebnisse haben euch überrascht?
Frauke: Bekannt und trotzdem überraschend für mich war die Vielzahl der Touchpoints, mit denen Konsumentinnen sowohl offline als auch online interagieren. Wir sehen eine verstärkte Online-Nutzung über alle Altersgruppen hinweg, besonders bei der jüngeren Altersgruppe. Für Deutschland konnten wir zudem sehen, dass sich Nutzerinnen insbesondere ein Verständnis ihrer individuellen Bedürfnisse wünschen, gefolgt von ihrem Interesse an Preis- und Benefit-Vergleichen. Das sieht jedoch von Land zu Land unterschiedlich aus. In Frankreich stehen beispielsweise Preis- und Benefit-Vergleiche an erster Stelle.
Worin unterscheidet sich der Beautymarkt von anderen Märkten, zum Beispiel Unterhaltungselektronik oder Möbel?
Gabriele: Möbel oder Unterhaltungselektronik-Produkte stellen oft eine signifikante Investition für den Einzelnen dar. Dies spiegelt sich in einem insgesamt höheren Rechercheaufwand im Vorfeld wider, sowohl online als auch offline. Im Beauty-Sektor spielen Wiederholungs- und Routinekäufe hingegen eine große Rolle. Dennoch können wir ein hohes Maß an Involvement bei Beauty-Konsumentinnen feststellen, da sie sich für Trends, Innovationen, aber auch Ideen und Anregungen für das tägliche Leben interessieren ‒ obwohl der Kaufpreis des einzelnen Produkts im Vergleich zu beispielsweise Möbel oder Unterhaltungselektronik-Produkten moderat ist.
Frauke: Blogger und Influencer spielen im Beauty-Sektor eine sehr große Rolle ‒ mehr noch als in anderen Industrien. 53 Prozent der Befragten in Deutschland geben an, dass ihnen die Meinung von Bloggern und Influencern bei der Entscheidungsfindung für ein Produkt wichtig ist.
Könnt ihr beschreiben, wie sich die Customer Journey im Beauty-Bereich verändert hat im Vergleich zu früher?
Gabriele: Die Customer Journey ist kein lineares Konstrukt mehr. Vielmehr besteht sie aus nicht-linearen, sogenannten Moments of Intent. Das heißt: Konsumenten wechseln mehrfach zwischen verschiedenen Kanälen und Informationsangeboten. Für ihre Bedürfnisse und Fragen suchen sie nach passenden Antworten. Diese Momente können auch in ihrem Tagesablauf, beispielsweise während der Morgenroutine, auftreten. Uns ist es daher wichtig, dass Marken diese Momente kennen und für sich nutzen.
Welche Besonderheiten gibt es speziell in Deutschland?
Frauke: Für den deutschen Markt sehen wir, dass es hier eine starke Fokussierung auf das Verstehen der eigenen Bedürfnisse gibt ‒ über alle Altersgruppen hinweg steht dieser Punkt an erster Stelle. Zum Vergleich: In Frankreich, Großbritannien oder in den USA sind Preisvergleiche wesentlich wichtiger. So sagen auch 67 Prozent der Konsumentinnen, dass sie für die Entscheidungsfindung mehr Informationen nützlich finden würden. Dieser Wert ist nur in Russland höher, hier beträgt er 80 Prozent.
Welche Rolle spielt Online im Kaufprozess?
Frauke: Eine sehr zentrale. Der Beauty-Sektor weist oftmals eine typische Online-to-Offline-Journey auf. Selbst wenn über 80 Prozent der Käufe noch offline stattfinden, erfüllt Online hier vor allem die Funktion der Meinungsbildung, dient zur Entdeckung neuer Produkte und Trends und hilft beim Vergleich von Bedürfnissen, Benefits und Preisen. Dabei erfüllen die verschiedenen Online- (und auch Offline-)Touchpoints ganz unterschiedliche Funktionen, sodass Konsumentinnen dort auch entsprechend abgeholt werden sollten.
Unterschiedliche Touchpoints sind in verschiedenen Momenten relevant für Beauty-Konsumentinnen.
Worauf legen Beauty-Shopperinnen besonders viel Wert während des Einkaufsprozesses?
Frauke: Den Wunsch nach mehr Information und besserem Verständnis sehen wir klar abgebildet in den Punkten, die Konsumenten vermissen: 22 Prozent haben Probleme, sich für ein Produkt zu entscheiden, ohne zuvor Erfahrungen mit der Marke gesammelt zu haben, und 18 Prozent finden es schwierig, sich Produkte in der Nutzung vorzustellen.
Gabriele: Ein weiterer Punkt, den ich gerne aufgreifen möchte: In Zeiten starker Produktfragmentierung und Personalisierung ist Markenloyalität keine Selbstverständlichkeit. Loyale Konsumentinnen können daher in digitalen Kanälen zusätzlich durch z. B Abo-Modelle incentiviert werden. Routinekäufe werden somit erleichtert und Vorteile für die Kundin sind möglich. Durch inspirierende Proben oder Informationen kann ein Routinemoment so in einen Excitement-Moment umgewandelt werden.
Gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Produktkategorien ‒ also zwischen Luxus-, Massen- und Indie-Marken?
Frauke: Wir konnten feststellen, dass Käuferinnen von Indie-Marken im Schnitt deutlich jünger sind als jene Käuferinnen von Massen- bzw. Luxusmarken. So sind 58,8 Prozent zwischen 16 und 24 Jahre alt, wohingegen sich Käuferinnen von Massenmarken über alle Altersgruppen verteilen. Zudem haben wir gesehen, dass Käuferinnen von Luxusmarken am häufigsten online einkaufen. 38 Prozent geben an, Produkte im Internet zu erwerben. Zum Vergleich: Im Durchschnitt sind es 16 Prozent. Dies steht übrigens im Gegensatz zu anderen Märkten, in denen meist Indie-Marken bevorzugt online gekauft werden. Der Preisvergleich spielt gerade bei Käuferinnen von Luxusmarken eine übergeordnete Rolle, Käuferinnen von Indie-Marken legen hingegen mehr Wert darauf, die Benefits des Produkts genau zu verstehen.
Was bedeuten die Ergebnisse für Unternehmen aus der Beauty-Branche? Welche Punkte müssen sie besonders beachten, um Kunden optimal während der Customer Journey anzusprechen?
Frauke: Für Werbetreibende ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass verschiedene Touchpoints (Online und Offline) aus Konsumentensicht unterschiedliche Funktionen erfüllen. So spielt YouTube zum Beispiel eine große Rolle bei der Entdeckung von neuen Trends und Produkten und hilft Konsumenten, Produkte besser zu verstehen und anzuwenden. Die Google-Suche hingegen wird eher verwendet, um Produkte und Preise zu vergleichen und insgesamt Benefits von Marken und Produkten zu verstehen. Um ein konkretes Beispiel zu geben: 17 Prozent der Befragten sagen, dass sie es schwierig finden, das richtige Produkt oder die richtige Marke zu wählen. Hier können Unternehmen ansetzen, indem sie ihre Kunden mit besseren Informationen, mehr Produktbildern, Bewertungen und auch Videos abholen. Ein besseres Verständnis dafür zu haben, wonach Konsumentinnen an den unterschiedlichen Touchpoints suchen, ist ausschlaggebend, um eine effektive Marketingstrategie entwickeln zu können.
Gabriele: Besonders wichtig ist hierbei die Verknüpfung von Touchpoints, sowohl online als auch offline. Marken, die hier sehr stark integriert und vernetzt arbeiten, greifen das natürliche ‒ holistische ‒ Informationsverhalten der Käuferinnen auf und eröffnen sich daher die Möglichkeit, selber ein holistisches Bild ihrer Marke und Produktpalette zu generieren.
Wie können Werbetreibende die Insights aus dieser Studie für ihr Marketing nutzen?
Gabriele: Erstens, Werbetreibende sollten die Informationsbedürfnisse ihrer Kundinnen erkennen und aufgreifen, um einen vertrauensvollen Dialog etablieren zu können. Zweitens, Unternehmen sollten die wichtigsten Touchpoints bedienen und diese miteinander verknüpfen. Dabei sollten sie auf innovative, digitale Technologien setzen, um auch das digitale Produkterlebnis überzeugend umsetzen zu können. Drittens und zu guter Letzt empfehlen wir, wichtige Trends aufzugreifen. Das können beispielsweise Subscription-Modellen sein, um Käuferinnen bei Routinekäufen zu entlasten und ihnen somit mehr Zeit zu geben, neue und innovative Trends zu entdecken.
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